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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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hundert Jahre alt geworden wäre, wenn man ihn nicht umgebracht hätte. Ein einziger, gut gezielter Messerstich. Passiert ist es zwischen sieben und acht Uhr heute morgen. Brauchen Sie sonst noch etwas?«
    Im Kühlschrank fand er pasta coi broccoli, die er zum Aufwärmen in den Backofen stellte, als secondo hatte ihm seine Haushälterin Adelina involtini di tonno zubereitet. Er fand, er habe zu Mittag schon Diät gehalten, und fühlte sich jetzt verpflichtet, alles aufzuessen. Dann schaltete er den Fernseher an und stellte »Retelibera« ein, einen guten Lokalsender, bei dem sein Freund Nicolò Zito - rote Haare, rote Ideen - arbeitete. Zito kommentierte die Geschichte mit dem Tunesier, der auf der Santopadre erschossen worden war, während die Kamera detailliert die Einschüsse, die die Brücke durchlöchert hatten, und einen dunklen Fleck auf dem Holz zeigte, der möglicherweise Blut war. Plötzlich war Jacomuzzi zu sehen, der auf Knien etwas durch ein Vergrößerungsglas betrachtete. »Witzbold!« brummte Montalbano und schaltete auf »Televigata« um, den Sender, bei dem Galluzzos Schwager Prestia arbeitete. Auch hier erschien Jacomuzzi, aber diesmal war er nicht auf dem Fischkutter, sondern tat so, als nähme er in dem Fahrstuhl, in dem Lapecora ermordet worden war, Fingerabdrücke. Montalbano fluchte, stand auf und warf ein Buch gegen die Wand. Deshalb also war Galluzzo so zugeknöpft gewesen, er hatte gewußt, daß die Nachricht längst verbreitet war, und hatte sich nicht getraut, es ihm zu sagen. Bestimmt hatte Jacomuzzi den Journalisten Bescheid gegeben, um sich in Szene zu setzen. Er konnte es einfach nicht lassen, sein Exhibitionismus erreichte Ausmaße, wie man sie sonst nur bei mittelmäßigen Schauspielern fand oder bei Schriftstellern mit Auflagen von hundertfünfzig Büchern. Jetzt erschien Pippo Ragonese auf dem Bildschirm, der politische Kommentator des Senders. Er wolle, sagte er, über den feigen Angriff der Tunesier auf unseren Fischkutter sprechen, der friedlich in unseren Hoheitsgewässern und damit auf dem heiligen Boden des Vaterlandes gefischt habe. Boden sei es natürlich nicht, weil es sich um das Meer handele, aber Vaterland auf jeden Fall. Eine weniger kleinmütige Regierung als die jetzige, die fest in der Hand der extremen Linken sei, hätte bestimmt in aller Härte auf eine Provokation reagiert, die… Montalbano schaltete den Fernseher aus.
    Der Unmut, der ihn bei Jacomuzzis großartigem Auftritt gepackt hatte, ließ ihn nicht mehr los. Er saß in der Veranda, die auf den Strand hinausging, sah im Mondlicht aufs Meer und rauchte drei Zigaretten hintereinander. Vielleicht würde Livias Stimme ihn beruhigen, so daß er ins Bett gehen und schlafen konnte. »Pronto, Livia, wie geht's dir?«
    »So là là.«
    »Ich hatte einen harten Tag.«
    »Tatsächlich?«
    Was, zum Teufel, hatte Livia denn? Da fiel ihm ein, daß das Telefongespräch am Morgen ungut geendet hatte.
    »Ich rufe an, weil ich mich so blöd benommen habe und dich um Verzeihung bitten wollte. Aber nicht nur deshalb. Du weißt ja gar nicht, wie sehr ich dich vermisse…« Er hatte das leise Gefühl, daß er etwas übertrieb. »Vermißt du mich wirklich?«
    »Ja, ganz furchtbar.«
    »Gut, Salvo, dann fliege ich Samstag morgen und bin kurz vor dem Mittagessen bei dir.« Panik ergriff ihn; Livia fehlte gerade noch! »Aber nein, Liebling, das ist doch so mühsam für dich…« Wenn Livia sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war sie schlimmer als eine Kalabresin. Samstag mittag hatte sie gesagt, und Samstag mittag würde sie kommen. Montalbano dachte, daß er am nächsten Tag den Questore anrufen mußte. Leb wohl, pasta col riivuro disìccia!
    Am nächsten Tag gegen elf Uhr war im Büro nichts los, und so machte sich der Commissario gemächlich auf den Weg in die Salita Granet. Das erste Geschäft in der Straße war eine Bäckerei, die es seit sechs Jahren gab. Der Bäcker und sein Gehilfe hatten zwar gehört, daß ein Signore, der ein Büro in der Nummer 28 hatte, umgebracht worden war, aber sie kannten ihn nicht - nie gesehen. Das war unmöglich. Montalbano ließ nicht locker und kehrte dabei immer mehr den Bullen heraus, bis ihm klar wurde, daß Signor Lapecora die entgegengesetzte Straßenseite benutzte, wenn er von zu Hause ins Büro ging. Und tatsächlich - in dem Lebensmittelgeschäft in der Nummer 26 kannten sie den seligen Signor Lapecora sehr wohl! Sie kannten auch die Tunesierin, wie hieß sie noch mal, Karima, eine

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