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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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tief dunkelbrauner Farbe, völlig versengt, die Luft war dicht wie an manchen Tagen, wenn der Schirokko tobt, aber es roch verbrannt, hier und da stiegen dünne Rauchsäulen auf. Das Bauernhaus war noch etwa hundert Meter entfernt, rauchgeschwärzt. Es stand auf halber Höhe an einem kleinen Hügel, auf dessen Kuppe noch Flammen und die Silhouetten von hin- und herlaufenden Leuten zu sehen waren.
    Ein Mann, der den Pfad hinunterging, versperrte ihm den Weg und streckte die Hand aus. »Ciao, Montalbano.«
    Er war ein Kollege, Kommissar in Comisini. »Ciao, Miccichè. Was machst du denn hier?«
    »Das müsste ich eigentlich dich fragen.«
    »Warum?«
    »Das ist mein Terrain. Die Feuerwehr wusste nicht, ob die Contrada Fava zu Vigàta oder zu Comisini gehört, und hat vorsichtshalber beide Kommissariate informiert. Die Toten hätte ich übernehmen müssen.«
    »Hättest?«
    »Na ja, schon. Augello und ich haben den Questore angerufen. Ich hatte vorgeschlagen, dass jeder einen Toten kriegt.«
    Er lachte. Er erwartete, dass Montalbano in sein Gelächter einstimmte, doch der schien ihn gar nicht gehört zu haben.
    »Aber der Questore hat angeordnet, alle beide dir zu überlassen, weil ihr euch schon mit dem Fall befasst. Auf Wiedersehen und frohes Schaffen.«
    Pfeifend ging er davon, sichtlich froh, dass er die lästige Geschichte losgeworden war. Montalbano stapfte weiter unter einem Himmel, der Schritt für Schritt grauer wurde. Er fing an zu husten, das Atmen bereitete ihm Mühe. Er konnte sich nicht erklären warum, aber er begann unruhig, nervös zu werden. Ein leichter Wind war aufgekommen, Asche wirbelte hoch, bevor sie, fast unsichtbar, wieder zu Boden fiel. Er begriff, dass er weniger nervös als von einer irrationalen Angst erfüllt war. Er beschleunigte den Schritt, doch das hastige Atmen brachte schwere Luft in seine Lungen, die wie verseucht war. Er konnte nicht mehr allein weiter, blieb stehen, rief. »Augello! Mimi!«
    Augello kam aus der geschwärzten Hausruine, lief ihm entgegen, in der Hand einen weißen Lappen, mit dem er winkte. Als er vor dem Commissario stand, gab er ihm das Ding: Es war eine Rauchschutzmaske. »Die haben uns die Feuerwehrleute gegeben, besser als gar nichts.«
    Mimis Haar war grau geworden, auch die Augenbrauen, er schien um zwanzig Jahre gealtert. Das kam von der Asche. Als Montalbano, auf den Arm seines Vice gestützt, das Bauernhaus betreten wollte, bemerkte er trotz der Maske einen starken Geruch von verbranntem Fleisch. Er wich zurück, während Mimi ihn fragend ansah. »Sind sie das?«
    »Nein«, beruhigte ihn Augello. »Hinter dem Haus lag ein Hund an der Kette. Wir wissen nicht, wem er gehörte. Er ist bei lebendigem Leib verbrannt. Ein schrecklicher Tod.«
    Warum, war der Tod der Griffos weniger schrecklich?, fragte sich Montalbano, als er die beiden Leichen sah. Der Boden, ehedem aus gestampfter Erde, war von dem vielen Wasser, das die Feuerwehrleute hineingespritzt hatten, zu einer schlammigen Lache geworden, die beiden Leichen schwammen fast.
    Sie lagen mit dem Gesicht nach unten, man hatte sie mit einem einzigen Schuss in den Nacken getötet, nachdem man ihnen befohlen hatte, sich in einer Art fensterloser Kammer hinzuknien, die früher vielleicht eine Vorratskammer gewesen und dann, mit dem Zerfall des Hauses, in eine Latrine umfunktioniert worden war, in der es unerträglich stank. Der Ort war ziemlich gut gegen Blicke geschützt, falls jemand zufällig in das große Zimmer sehen sollte, aus dem einmal das ganze Haus bestanden hatte. »Kann man mit dem Auto bis hierher fahren?«
    »Nein. Man kann bis zu einer bestimmten Stelle fahren, dann muss man etwa dreißig Meter zu Fuß gehen.«
    Der Commissario stellte sie sich vor, die beiden alten Leute, wie sie nachts in der Dunkelheit vor jemandem herliefen, der eine Waffe auf sie gerichtet hatte. Bestimmt waren sie über die Steine gestolpert, waren hingefallen und hatten sich wehgetan, aber sie mussten immer wieder aufstehen und weitergehen, wahrscheinlich hatten die Henker ab und zu mit Fußtritten nachgeholfen. Und sicherlich hatten sie sich nicht gewehrt, hatten nicht geschrien, nicht um Gnade gefleht, stumm, erstarrt im Wissen um den bevorstehenden Tod. Eine nicht endende Todesangst, wahrhaft eine Via Crucis, diese dreißig Meter.
    War diese grausame Hinrichtung die Linie, von der Balduccio Sinagra gesprochen hatte und die nicht übertreten werden durfte? Der brutale kaltblütige Mord an zwei zitternden, schutzlosen

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