Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres
machte:
»Pssssst!«
Und alle betraten das Kommissariat mit einem Gesicht, als gingen sie zu einer Totenwache. Gegen zehn klopfte Augello vorsichtig an Montalbanos Tür und durfte eintreten. Er wirkte niedergeschlagen. Montalbano sah ihn besorgt an.
»Wie geht's Beba?«
»Gut. Darf ich mich setzen?«
»Klar.«
»Darf ich rauchen?«
»Klar, aber lass dich nicht vom Minister erwischen.«
Augello steckte sich eine Zigarette an, inhalierte und behielt den Rauch lange in der Lunge.
»Darfst ruhig wieder ausatmen«, sagte Montalbano. »Ich erlaub's dir.«
Mimi sah ihn irritiert an.
»Na ja«, fuhr der Commissario fort, »du benimmst dich so untertänig. Wegen jedem Scheiß bittest du mich um Erlaubnis.
Was ist denn los? Fällt es dir so schwer, zu sagen, was du auf dem Herzen hast?«
»Ja«, gab Augello zu.
Er drückte die Zigarette aus, setzte sich auf dem Stuhl zurecht, holte tief Luft und fing an:
»Salvo, du weißt, dass ich dich immer als meinen Vater betrachtet habe -«
»Wo hast du denn das her?«
»Was?«
»Diese Geschichte, dass ich dein Vater sein soll. Wenn deine Mutter das gesagt hat, dann hat sie dir einen Bären aufgebunden. Wir sind nur fünfzehn Jahre auseinander, und ich war zwar sehr frühreif, aber mit fünfzehn -«
»Aber Salvo, ich hab doch nicht gesagt, dass du mein Vater bist, ich meinte, du bist für mich so was wie ein Vater.«
»Damit kommst du bei mir nicht an. Lass bloß diesen Scheiß mit Vater, Sohn und Heiligem Geist. Sag, was los ist, und verpiss dich wieder, heute ist nicht mein Tag.«
»Warum hast du um einen Termin beim Questore gebeten?«
»Wer hat das gesagt?«
»Catarella.«
»Dem werd ich was erzählen.«
»Du wirst ihm gar nichts erzählen, das kannst du mit mir ausmachen. Ich habe Catarella angewiesen, mir Bescheid zu sagen, falls du dich mit Bonetti-Alderighi in Verbindung setzt. Ich wusste, dass du das früher oder später tun würdest.«
»Was ist denn so merkwürdig daran, wenn ich als Kommissar meinen Vorgesetzten sprechen will?«
»Salvo, Bonetti-Alderighi ist doch ein rotes Tuch für dich, du erträgst ihn nicht. Wenn er als Pfarrer an dein Sterbebett käme, um dir die Absolution zu erteilen, würdest du aufstehen und ihm einen Tritt in den Hintern verpassen. Ich rede jetzt Klartext, in Ordnung?«
»Tu dir keinen Zwang an.«
»Du willst gehen.«
»Ein bisschen Urlaub würde mir gut tun.«
»Salvo, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Du willst kündigen.«
»Das ist doch mein Bier, oder?«, fuhr Montalbano ihn an und rutschte auf die Stuhlkante, jederzeit bereit aufzuspringen. Augello ließ sich nicht beeindrucken.
»Natürlich. Aber vorher müssen wir noch etwas zu Ende besprechen. Weißt du noch, dass du gesagt hast, du hättest einen Verdacht?«
»Was für einen Verdacht?«
»Dass die Geschichte in Genua absichtlich von einer Partei provoziert wurde, um die üblen Polizeiaktionen im Nachhinein irgendwie zu rechtfertigen. Weißt du das noch?«
»Ja.«
»Ich möchte dich daran erinnern, dass die Sache in Neapel unter einer Mitte-Links-Regierung passiert ist, sprich vor dem G8-Gipfel. Bloß hat man es erst später erfahren. Wie findest du das?«
»Beschissen. Mimi, glaubst du, ich hätte nicht darüber nachgedacht? Das macht alles noch viel schlimmer.«
»Was meinst du damit?«
»Dass der ganze Dreck in uns steckt.«
»Und das merkst du jetzt erst? Ausgerechnet du, wo du so viel liest? Wenn du gehen willst, dann geh. Aber nicht jetzt.
Geh, wenn du müde bist, wenn du die Altersgrenze erreicht hast, wenn dir die Hämorrhoiden wehtun, wenn dein Hirn nicht mehr mitmacht, aber nicht ausgerechnet jetzt.«
»Und warum nicht?«
»Weil es verletzend wäre.«
»Für wen denn?«
»Für mich zum Beispiel. Ich bin zwar ein Weiberheld, aber ein anständiger Mensch. Catarella ist ein Engel. Fazio ist auch ein feiner Kerl. Alle hier im Kommissariat von Vigàta wären verletzt. Auch Bonetti-Alderighi, der immer Ärger macht und einem nie was durchgehen lässt, aber in Ordnung ist. Alle deine Kollegen, die du schätzt und die dich mögen. Die allermeisten Leute bei der Polizei, die nichts mit ein paar Schuften, egal, in welcher Position, zu tun haben. Wenn du gehst, knallst du uns die Tür ins Gesicht. Überleg dir das. Wiedersehen.«
Er stand auf und verschwand. Um halb zwölf ließ Montalbano sich von Catarella mit der Questura verbinden; er teilte Dottor Lattes mit, er komme doch nicht, was er dem Questore habe sagen wollen, sei
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