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Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Titel: Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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jedoch klarstellen, dass Sie nur anwesend sein dürfen, das Wort wird Ihnen nicht erteilt.«
    »Der Madonna sei Dank«, murmelte Montalbano.
    »Was haben Sie gesagt? Ich habe nicht verstanden.«
    »Ich sagte, ich muss mir das überlegen. Wie Sie wissen, bin ich noch krankgeschrieben und habe meinen Dienst nur vorübergehend wieder aufgenommen, um …«
    »Ich weiß, ich weiß. Das heißt?«
    »Kann ich also von der Pressekonferenz freigestellt werden? Ich bin etwas erschöpft.«
    Lattes konnte kaum verbergen, dass er froh über diese Bitte war. Montalbano galt bei offiziellen Veranstaltungen als Risikofaktor.
    »Aber selbstverständlich! Schonen Sie sich nur, mein Bester! Aber betrachten Sie sich als im Dienst befindlich, bis Sie neue Anweisungen erhalten.«
    Bestimmt hatte schon jemand ein Handbuch des perfekten Ermittlers geschrieben. Das musste es geben, sogar Tick, Trick und Track hatten ihr Pfadfinderhandbuch. Und sicher hatte es ein Amerikaner geschrieben, denen war ja sogar zuzutrauen, dass sie Handbücher darüber verfassten, wie man einen Knopf durchs Knopfloch schiebt. Montalbano hatte das Handbuch des Ermittlers nicht gelesen. In irgendeinem Kapitel empfahl der Autor bestimmt, so früh wie möglich den Tatort zu untersuchen. Bevor natürliche Elemente – Regen, Wind, Sonne, Menschen, Tiere – den Schauplatz so weit veränderten, dass Hinweise, die man so schon kaum wahrnahm, gar nicht mehr zu erkennen waren.
    Durch das Gespräch mit Luna hatte Montalbano als Einziger aus dem Kreis der Ermittler erfahren, wo Peruzzo das Lösegeld deponiert hatte. Es war seine Pflicht, überlegte er, Minutolo unverzüglich zu informieren. Die Entführer hatten sich wahrscheinlich längere Zeit in der Nähe der Brücke versteckt. Sie wollten sichergehen, dass dort keine Polizei auf der Lauer lag; außerdem warteten sie auf Peruzzos Wagen, und danach vergewisserten sie sich, dass die Luft rein war, ehe sie aus dem Versteck kamen und den Koffer holten. Sicher hatten sie an Ort und Stelle irgendwelche Spuren hinterlassen. Er musste also sofort los, um das Gelände zu inspizieren, bevor der Schauplatz verändert wurde (siehe oben genanntes Handbuch).
    Moment mal, dachte er, während seine Hand nach dem Telefonhörer griff, und wenn Minutolo gerade keine Zeit hatte? Sollte er sich die Sache nicht besser zunächst mal allein ansehen, sich einen ersten Überblick verschaffen? Wenn er etwas Wichtiges entdeckte, würde er Minutolo Bescheid sagen, damit die Sache eingehender untersucht werden konnte.
    Auf diese Weise versuchte er sein Gewissen zu beruhigen, das schon seit einer ganzen Weile murrte.
    Doch das Gewissen war stur, es ließ sich nicht zurechtweisen und sagte auch noch offen, was es dachte:
    »Du brauchst dich gar nicht herauszureden, Montalbà: Du willst nur Minutolo eins auswischen, jetzt, wo das Mädchen nicht mehr in Gefahr ist.«
    »Catarella!«
    »Jawohl! Dottori!«
    »Weißt du, wie man am schnellsten nach Brancato kommt?«
    »Welches Brancato, Dottori? Brancato alta oder Brancato bassa?«
    »Ist das Dorf denn so groß?«
    »Nein, Dottori. Fünfhundert Einwohner bis gestern. Aber weil Brancato alta vom Berg abrutscht …«
    »Was heißt das? Ein Erdrutsch?«
    »Ja, weil das alles rutscht, haben sie ein neues Dorf gebaut, unterm Berg. Aber fünfzig Alte wollten ihre Häuser nicht verlassen und jetzt wohnen die Einwohner getrennt, vierhundertneunundvierzig unten und fünfzig oben.«
    »Moment, da fehlt einer.«
    »Ich hab gedacht, dass ich gesagt hätte, dass es bis gestern fünfhundert waren. Gestern ist einer gestorben, Dottori. Das weiß ich von meinem Cousin Michele, der wohnt in Brancato bassa.«
    Wie konnte es auch anders sein – natürlich hatte Catarella auch in diesem Kaff Verwandte!
    »Sag, Catarè, wenn man von Palermo kommt, kommt man da zuerst nach Brancate alta oder nach Brancato bassa?«
    »Bassa, Dottori.«
    »Und wie kommt man da hin?«
    Die Erklärung war lang und mühselig.
    »Catarè, wenn Dottor Minutolo anruft, sag ihm, er soll mich auf dem Handy anrufen.«
    Er nahm die Schnellstraße nach Palermo, auf der dichter Verkehr herrschte. Es war eine ganz gewöhnliche Straße mit zwei Fahrbahnen, die etwas breiter waren als normal, sie galt aber aus unerfindlichen Gründen als eine Art Autobahn. Folglich benahm man sich auch wie auf einer Autobahn. Lastzüge überholten, Autos fuhren mit hundertfünfzig Sachen (schließlich hatte der Minister, in dessen so genannte Kompetenz die Angelegenheit fiel,

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