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Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Titel: Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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ein Metermaß in den Graben, ein metallisches, biegsames Band, ließ es lange laufen, dann rollte er es wieder auf. Er versuchte genau herauszufinden, wie tief der Graben sein mochte.
    »Das ist wie eine schiefe Ebene«, sagte er, nachdem er ein paar Berechnungen angestellt hatte, »die fast genau unter dem Fenster des kleinen Badezimmers beginnt und unter dem Schlafzimmerfenster aufhört, in einer Tiefe von etwa drei Metern.«
    »Bedeutet das, dass der Graben sich an dieser ganzen Seite der Villetta entlang hinzieht?«, fragte Guido. »Genauso ist es«, sagte der Feuerwehrkommandant. »Und das ist ein äußerst merkwürdiger Verlauf.«
    »Wieso?«, fragte Montalbano.
    »Weil, wenn der Graben durch Regenwasser entstanden ist, sich darunter etwas befindet, das dem Wasser nicht erlaubt hat, sich ganz im Boden auszubreiten und teilweise zu versickern. Das Wasser ist also auf ein Hindernis gestoßen, so etwas wie eine feste, solide Versperrung, die es gezwungen hat, einer schiefen Ebene zu folgen.«
    »Werdet ihr's schaffen?«, fragte der Commissario wieder. »Wir müssen die Sache mit äußerster Vorsicht angehen«, war die Antwort des Feuerwehrkommandanten, »denn die Bodenbeschaffenheit um das Haus ist anders als der übrige Grund. Eine Kleinigkeit genügt schon, um einen Erdrutsch auszulösen.«
    »Was bedeutet das: anders als der übrige Grund?«, fragte Montalbano.
    »Kommen Sie mit«, sagte der Feuerwehrkommandant. Er entfernte sich etwa zehn Schritt von der Villetta, gefolgt von Montalbano und Guido.
    »Schauen Sie sich die Farbe des Erdreichs an. Und sehen Sie, wie es drei Meter weiter, in Richtung Villetta, die Farbe verändert. Der Boden, auf dem wir stehen, ist hiesige Erde, der andere, der viel heller ist, beinahe gelb, ist Sandsteinschotter, der eigens hierhergeschafft worden ist.«
    »Und warum hat man das gemacht?«
    »Tja«, sagte der Feuerwehrkommandant. »Vielleicht, damit sich die Villetta deutlicher von der Umgebung abhebt, damit sie eleganter wirkt. Ach, da ist ja der Bagger.«
    Bevor er in Gang gesetzt wurde, wollte der Feuerwehrkommandant allerdings, dass die Last des Sandsteins verringert würde, der den Verlauf des Grabens bedeckte. Drei Feuerwehrmänner mit Schaufeln in der Hand machten sich daran, den Sandstein an der Hausseite der Villetta auszuheben. Sie warfen die Erde in drei Schubkarren, die ihre Kollegen etwa zehn Meter weiter ausleerten. Sie hatten ungefähr dreißig Zentimeter tief Sand weggeschaufelt, als sie eine Überraschung erlebten. Dort, wo die Grundmauern der Villetta hätten beginnen sollen, fing eine andere, perfekt verputzte Mauer an. Zum Schutz des Verputzes vor Feuchtigkeit war die Mauer mit dicken Nylonfolien abgedeckt worden.
    Kurz, es war, als ob sich die Villetta gut verpackt unterirdisch fortsetzte.
    »Grabt alle unter dem Fenster des kleinen Badezimmers«, wies der Feuerwehrkommandant sie an. Und nach und nach kam der obere Teil eines weiteren Fensters zum Vorschein, das genau in einer Linie mit dem oberen ausgerichtet war. Es hatte keine Einfassungen, es war ein von doppelten Nylonfolien geschütztes Viereck.
    »Hier unten gibt es ja noch eine Wohnung!«, sagte Guido völlig überrascht.
    Da begriff Montalbano alles.
    »Hört auf mit dem Graben!«, sagte er.
    Sie hörten auf und sahen ihn fragend an. »Hat jemand von euch eine Taschenlampe?«, fragte er. »Ich geh eine holen«, sagte einer der Feuerwehrmänner. »Macht einen Schnitt in die Folie an der Fensteröffnung«, wies der Commissario sie noch einmal an. Es genügten zwei Hiebe mit der Schaufel. Der Feuerwehrmann brachte ihm die Taschenlampe. »Bleibt alle hier«, sagte er, als er über das Fensterbrett einstieg.
    Er brauchte die Taschenlampe nicht gleich einzuschalten, das Licht, das vom Fenster her kam, war völlig ausreichend.
    Er befand sich in einem kleinen Badezimmer, das ganz genau so war wie das im oberen Stock: ein komplett fertiggestelltes Badezimmer mit Fußboden, Kacheln, Dusche, Waschbecken, Toilette und Bidet. Während er sich noch umschaute und sich fragte, was das wohl zu bedeuten habe, streifte etwas sein Bein, was ihn vor Schreck einen Satz in die Luft machen ließ. »Miau«, machte Ruggero.
    »Schön, dich wiederzusehen«, sagte der Commissario. Er knipste die Taschenlampe an und folgte dem Tier, das ihn ins Zimmer nebenan führte.
    Dort hatte das Gewicht des Wassers und der Erde die Nylonfolie zerrissen, die das Fenster schützte, und das Zimmer hatte sich in einen Schlammtümpel

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