Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
»Sicher.«
»Und wie erklären Sie den Anruf vom Ort der Zwischenlandung, die es nicht gab?«
Er stellte diese Frage und sah den Commissario mit dem Ausdruck des Triumphs an. Montalbano lachte. »Aber mein Mandant hat doch von Rom aus angerufen! Die Maschine der Thai Air startete an diesem Tag um 18.30 Uhr und nicht um 14.45 Uhr!«
»Stimmt es, dass sie um diese Zeit abflog?«, fragte Fazio. »Das stimmt. Nur dass Spitaleri nicht wusste, dass es diese Verspätung geben würde. Er dachte, die Maschine wäre schon auf dem Flug nach Bangkok.« Fazio sah zweifelnd drein. »Sicher, wenn man es so sieht…«
»Siehst du nun, dass ich recht habe? Hier riskieren wir den zweiten Reinfall nach dem mit dem Araber.«
»Also, was sollen wir Ihrer Meinung nach tun?«
»Wir müssen unbedingt an ein Geständnis kommen.«
»Das ist ein Wort!«
»Allerdings ist nicht gesagt, dass wir ihn mit einem Geständnis hinter Schloss und Riegel bringen. Er wird behaupten, dass wir es unter Folter aus ihm herausgeprügelt haben. Das Geständnis reicht allenfalls, um ihn vor Gericht zu bringen.«
»Schon klar, aber wie machen wir es dann?«
»Eine vage Idee hätte ich da schon.«
»Ehrlich?!«
»Ja. Aber hier will ich darüber nicht reden. Können wir uns heute Abend gegen halb elf in Marinella treffen?«
Als Montalbano nach Marinella kam, war es acht Uhr. Als Erstes ging er auf die Veranda.
Es wehte nicht der Hauch eines Windchens, die Luft war wie ein schwerer Mantel, der über die Erde geworfen worden war. Die Hitze, während des Tages vom Sand aufgesogen, begann erst jetzt, wieder davon abzustrahlen, und ließ sowohl die Temperatur als auch die Feuchtigkeit ansteigen. Das Meer war wie tot, der weiße Schaum der Rollbrandung sah aus wie Sabber.
Die Nervosität wegen Adrianas Besuch und der Frage, die er ihr stellen musste, brachte ihn so zum Schwitzen, als wäre er in einer Sauna.
Er zog sich aus, ging in der Unterhose zur Küche und öffnete den Kühlschrank. Er war baff. Er erinnerte sich, dass er nicht mehr hineingesehen hatte, seit Adelina ihm gesagt hatte, sie würde das Essen für zwei Tage vorbereiten. Das war kein Kühlschrank, sondern die Auslage eines Stands der Vucciria in Palermo. Er roch an allen Gerichten, und alles war noch frisch.
Er deckte den Tisch auf der Veranda. Er brachte Oliven, Passuluna, Staudensellerie, Cacciocavallo und dann fünf verschiedene Teller mit Sardellen, kleinen Tintenfischen, Minikraken, Thunfisch und Meeresschnecken. Jede dieser Speisen war auf andere Weise angemacht. Und es waren noch mehr Sachen im Kühlschrank. Danach nahm er eine Dusche, zog sich um und beschloss, Livia anzurufen. Er spürte das Bedürfnis, die Notwendigkeit, wenigstens ihre Stimme zu hören. Etwa um sich im Hinblick auf Adrianas Erscheinen zu wappnen? Ihm antwortete die übliche Stimme vom Band, die ihm mitteilte, dass das Telefon der angerufenen Person ausgeschaltet oder unerreichbar war.
Unerreichbar! Was zum Teufel sollte das bedeuten?
Warum nur verweigerte Livia sich ihm ausgerechnet in dem Augenblick, in dem er sie mehr brauchte denn je? Wie war es nur möglich, dass sie das sos nicht wahrnahm, das er an sie funkte? War Signorina vielleicht furchtbar abgelenkt aufgrund all der Zerstreuungen, oder vielmehr: aufgrund all der Vergnügungen, die Cousin Massimiliano ihr bot? Während er immer wütender wurde - und er vermochte nicht zu sagen, ob aus einem Eifersuchtsanfall heraus oder weil er sich in seinem Stolz verletzt fühlte -, klingelte es an der Tür. Er war wie gelähmt. Ein zweites, längeres Klingeln folgte.
Endlich setzte er sich in Bewegung und öffnete die Tür. Sein Gang war der eines zum Tode Verurteilten auf dem Weg zum elektrischen Stuhl, der eines schon im Voraus schweißgebadeten Fünfzehnjährigen unterwegs zu seinem ersten Rendezvous.
Adriana, in Jeans und luftiger Bluse, küsste ihn leicht auf den Mund und strich an ihm vorbei in die Wohnung, als kenne sie ihn und sein Haus schon ewig. Wie kam es nur, dass diese Frau selbst bei solch ungeheuerlicher Hitze immer so frisch roch? »Es war nicht leicht, aber ich hab's geschafft zu kommen! Weißt du, dass ich ein bisschen aufgeregt bin? Zeigst du's mir?«
»Was?«
»Dein Haus.«
Sie streifte gründlich und aufmerksam von einem Zimmer zum anderen, so, als wolle sie das Haus kaufen. »Auf welcher Seite schläfst du?«, fragte sie ihn, als sie vor dem Bett stand. »Da. Warum?«
»Ach, nur so. Reine Neugier. Wie heißt deine Verlobte
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