Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
überzeugt dich nicht?«
»Dottore, das ist ein eiskalter Verbrecher. Der hat ein so dickes Fell, dass daran alles abprallt. In dem Augenblick, wo Sie ihn ins Kommissariat kommen lassen, hat der alle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen und ist gewappnet, weil er Ihnen alles zutraut. Ich bin mir sicher, dass er sich nichts anmerken lassen wird, wenn er Signorina Adriana vor sich sieht, selbst wenn er dabei einen Herzinfarkt kriegt.«
»Du denkst also, dass die Überraschungsbegegnung keinen Sinn macht?«
»Nicht unbedingt, die Begegnung kann schon sinnvoll sein, aber ich glaube, es ist falsch, sie im Kommissariat stattfinden zu lassen.«
Adriana, die bis zu diesem Augenblick stumm dabeigesessen hatte, ergriff das Wort.
»Ich stimme Fazio zu. Das Kommissariat kommt als Ort der Begegnung nicht infrage.«
»Was wäre dann deiner Meinung nach der richtige Ort?«
»Kürzlich ist mir mit einem Mal klar geworden, dass in dieser Villetta nach der Amnestie andere wohnen werden. Und das schien mir irgendwie nicht angemessen. Dass man in diesem Wohnzimmer, in dem Rina die Kehle durchgeschnitten wurde, irgendwann, was weiß ich, singt, tanzt oder lacht…«
Sie brach in eine Art Schluchzen aus. Instinktiv legte Montalbano eine Hand auf die ihre. Fazio merkte das zwar, zeigte sich aber nicht überrascht. Adriana fasste sich wieder.
»Ich habe beschlossen, mit meinem Vater darüber zu reden.«
»Was willst du tun?«
»Ich will ihm vorschlagen, unser Haus in Pizzo zu verkaufen und die Villetta zu erwerben. Auf diese Weise würde in der illegal gebauten Wohnung niemand leben, sie wird zum Gedenken an meine Schwester unbewohnt bleiben.«
»Und worauf zielst du damit ab?«
»Du hast uns gerade von diesem Exklusiv-Vertrag mit Spitaleri erzählt, aufgrund dessen er die Villetta wieder in Ordnung bringen wird. Ich werde also morgen früh zum Maklerbüro gehen und diesem Herrn, wie heißt er noch gleich…«
»Callara.«
»Ich werde Callara sagen, dass wir die Villetta kaufen wollen, und zwar noch vor der Amnestie. Um sämtliche Papiere für die Amnestie kümmern wir uns, und die Ausgaben dafür gehen zu unseren Lasten. Ich erkläre ihm unsere Gründe und mache deutlich, dass wir bereit sind, gut dafür zu bezahlen. Ich werde ihn überzeugen, da bin ich mir sicher. Ich werde ihn bitten, mir die Schlüssel des oberen Stockwerks auszuhändigen und mir jemanden zu empfehlen, der sich um die Wiederherstellung der geheimen Etage kümmert. Da wird Callara gar nichts anderes übrig bleiben, als mir den Namen von Spitaleri zu nennen. Ich lasse mir dessen Telefonnummer geben und …«
»Warte mal. Und wenn Callara dich begleiten will?«
»Das wird er nicht, wenn ich ihm nicht genau sage, wann ich dort hinfahre. Er kann sich nicht zwei Tage zu meiner ausschließlichen Verfügung halten. Außerdem, denke ich, spielt zu meinen Gunsten der Umstand mit, dass wir nur wenige Meter von der Villetta entfernt ein Haus besitzen.«
»Und dann?«
»Dann rufe ich Spitaleri an und lasse ihn nach Pizzo kommen. Wenn er mich dann da unten findet, im Wohnzimmer, wo er Rina ermordet hat, und mich dort zum ersten Mal sieht…«
»Aber du kannst doch nicht mit Spitaleri allein dort bleiben!«
»Ich werde nicht allein sein, wenn du dich hinter diesen Fenstern und Türen versteckst…«
»Woher wissen Sie denn, dass im Wohnzimmer diese Fenster und Türen sind?«, fragte Fazio geistesgegenwärtig, durch und durch Polizist, selbst im Haus von Freunden. »Ich hab's ihr gesagt«, erklärte Montalbano kurzerhand. Stille trat ein.
»Wenn wir alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen«, sagte der Commissario nach einer Weile, »könnte man die Sache vielleicht durchziehen…«
»Dottore, darf ich offen reden?«, fragte Fazio. »Natürlich.«
»Bei allem Respekt für Signorina Adriana, der Plan gefällt mir nicht.«
»Warum nicht?«
»Er ist überaus gefährlich, Signorina. Spitaleri trägt immer ein Messer bei sich und ist zu allem fähig.«
»Aber wenn Salvo doch auch dort ist, erscheint mir…« Fazio war in keiner Weise überrascht, nicht einmal über dieses »Salvo«.
»Trotzdem gefällt es mir nicht. Es ist nicht richtig, dass wir Sie in Gefahr bringen.«
Sie diskutierten noch eine halbe Stunde lang. Am Ende traf Montalbano die Entscheidung.
»Wir werden es so machen, wie Adriana es vorgeschlagen hat. Um die Sicherheit zu erhöhen, wirst du ebenfalls in der Nähe sein, möglichst mit noch einem von unseren Leuten.«
»Wie Sie wollen«, sagte
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