Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
Entführte gab? Er sah seinen Vorgesetzten fragend an. »Das ist ein Kater, mach dir keine Sorgen.« Dass man auf den Kater zu sprechen kam, hatte eine wunderbare Wirkung: Laura schien sich ein bisschen zu beruhigen. Montalbano wollte gerade den Mund aufmachen, um zu sagen, was jetzt zu tun sei, als Livia auf ihrem Stuhl erstarrte, die Augen weit aufriss und mit gepresster Stimme sagte:
»Oh Gott! Oh mein Gott!«
Alle sahen zuerst sie an, dann folgten sie der Richtung ihres Blicks.
Auf der Türschwelle zum Wohnzimmer saß Ruggero und leckte sich ruhig und friedlich seine Barthaare. Laura ließ auf der Stelle ein zweites Mal die Sirene losschrillen und fing wieder an zu schreien. »Seht ihr's jetzt, dass es stimmt? Der Kater ist hier und Bruno nicht! Er ist entführt worden! Er ist entführt worden!«
Und gleich darauf wurde sie ohnmächtig. Guido und Montalbano nahmen sie, brachten sie ins Schlafzimmer und legten sie aufs Bett. Livia kühlte ihr mit Eiskompressen die Stirn und hielt ihr eine Flasche mit Essig unter die Nase, doch nichts, Laura öffnete die Augen nicht.
Sie war fahl im Gesicht, hatte die Zähne fest zusammengebissen und war in kalten Schweiß gebadet. »Bring sie nach Montereale zu einem Arzt«, sagte Montalbano zu Guido. »Und du, Livia, fahr mit ihnen.« Nachdem Laura mit dem Kopf in Livias Schoß auf dem Rücksitz untergebracht war, schoss Guido mit einer Geschwindigkeit davon, dass sogar Gallo ihm voller Bewunderung nachblickte. Montalbano und Gallo kehrten ins Wohnzimmer zurück.
»Jetzt, wo sie uns nicht mehr auf die Nerven gehen«, sagte Montalbano zu ihm, »versuchen wir, etwas Vernünftiges zustande zu bringen. Und das Erste, was wir machen, ist, dass wir uns Badehosen anziehen. Sonst können wir in dieser Hitze keinen klaren Gedanken fassen.«
»Ich hab keine Badehose dabei, Dottore.«
»Ich auch nicht. Aber Guido hat drei oder vier.« Er fand sie, und sie zogen sie an. Zum Glück waren es Stretchbadehosen, denn anderenfalls hätte der Commissario ausgesehen, als stecke er in einer schlabberigen Unterhose, und Gallo wäre wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angeklagt worden.
»Jetzt machen wir Folgendes: Ungefähr zehn Meter vom Terrassentörchen entfernt führt eine Tuffsteintreppe zum Strand hinunter. Das ist die einzige Stelle, wo sie, wenn ich das in dem Durcheinander, das sie veranstaltet haben, richtig verstanden habe, nicht gründlich nachgeschaut haben. Steig sie hinunter und bleib auf jeder Stufe stehen, der Kleine kann hingefallen und in eine Schlucht gestürzt sein.«
»Und was tun Sie?«
»Ich versuche, mich mit dem Kater anzufreunden.« Gallo sah ihn verdutzt an, antwortete aber nichts und ging hinaus.
»Ruggero! Was für ein schöner Kater du doch bist! Ruggero !«
Der Kater rollte sich auf den Rücken, die Beine in der Luft. Montalbano kraulte ihm den Bauch.
»Ronronron«, machte der Kater.
»Na, was meinst du? Sollen wir mal nachschauen, was es im Kühlschrank gibt?«, fragte ihn der Commissario und machte sich auf den Weg zur Küche. Ruggero, der gegen diesen Vorschlag nichts einzuwenden zu haben schien, folgte ihm, und während Montalbano den Kühlschrank öffnete und zwei Sardellen herausholte, strich er ihm um die Beine und stupste ihn mit dem Kopf. Montalbano nahm einen Pappteller, legte die Sardellen darauf, stellte ihn auf den Boden, wartete, bis der Kater aufgefressen hatte, und ging dann auf die Terrasse hinaus. Ruggero lief ihm nach, genau wie Montalbano vorausgesehen hatte. Er ging zur Treppe hinüber, genau rechtzeitig, um Gallos Kopf wieder auftauchen zu sehen. »Absolut nichts, Dottore. Ich kann beschwören, dass der Kleine diese Treppe nicht runtergegangen ist.«
»Schließt du aus, dass er bis zum Strand kommen und dann ins Meer gehen konnte?«
»Dottore, ich meine gehört zu haben, dass der Kleine drei Jahre alt ist. Das hätte er niemals schaffen können, selbst wenn er gerannt wäre.«
»Dann müssen wir die Gegend eben gründlich absuchen. Etwas anderes bleibt uns nicht übrig.«
»Dottore, was halten Sie davon, wenn ich im Kommissariat anrufe und noch zwei, drei Leute zur Verstärkung kommen lasse?«
Der Schweiß rann Gallo bis zu den Füßen hinunter. »Lass uns noch ein bisschen warten. Inzwischen kannst du dich erfrischen. Auf dem Vorplatz gibt es einen Wasserschlauch.«
»Aber Sie sollten sich was aufsetzen. Warten Sie.«
Er ging zur Terrasse hinauf, wo die Badesachen liegen geblieben waren, und kam mit einem Hut von Livia
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