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Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Titel: Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Rücken …«
    »Ich fange gleich morgen früh damit an.«
    Es regnete nicht, trotzdem war das Wetter weiterhin schlecht. Das Meer, das zuletzt noch bis unter die Veranda reichte, hatte sich zurückgezogen, jetzt bedeckte es noch den halben Strand. Er konnte draußen essen. Er ließ sich einen üppigen Teller Caponatina schmecken, begleitet von Brot aus Hartweizenmehl. Ein Brot, das er so mochte, dass er es gelegentlich, wenn es frisch war, mit der Hand zerriss und aß, einfach so, pur, ohne alles. Das Telefon wartete wohlerzogen, bis er zu Ende gegessen hatte, ehe es erneut klingelte.

Zehn
    »Salvo, ich bin's.« Livia!
    Mit diesem Anruf hatte er schon nicht mehr gerechnet; er hatte gedacht, dass sie nach alldem, was sie sich beim letzten Mal an den Kopf geworfen hatten, nicht mehr anrufen würde. Überhaupt hätte er derjenige sein müssen, der anrief. Und er hatte es ja auch versucht, sie aber nicht erreicht und es dann aufgegeben. Danach hatte er keinen Versuch mehr unternommen, und er war sogar ein wenig erleichtert gewesen, dass das Gespräch nicht zustande gekommen war. Denn weiter miteinander zu telefonieren wäre sinnlos gewesen, möglicherweise hätte es die Dinge sogar verschlimmert. Hingegen hätten sie sich treffen müssen, um von Angesicht zu Angesicht miteinander zu sprechen. Doch gerade dieses Gespräch war es, das ihm Angst machte; die kleinste Kleinigkeit genügte, ein falsches Wort, eine Geste, um beide auf Nimmerwiedersehen auseinandertreiben zu lassen. Und nun hingen sie auf halber Höhe in der Luft, wie Luftballons, die, nunmehr halb gefüllt, weder zum Himmel emporsteigen noch auf die Erde sinken können.
    Doch diese Ungewissheit wurde mit jedem Tag, der verging, schlimmer als die Hölle.
    Auf der Stelle sorgte der Klang von Livias Stimme dafür, dass sich sein Herz zusammenzog. Er merkte, dass sein Mund trocken wurde, er sprach mit großer Mühe. »Wie schön, dich zu hören, wirklich.«
    »Was hast du gerade gemacht?«
    »Ich habe eben auf der Veranda gegessen. Zum Glück hat es aufgehört zu regnen, denn schon seit Tagen…«
    »Hier regnet es nicht. Hast du im Hemd draußen sitzen können?«
    »Ja, es ist nicht kalt.«
    »Was hast du gegessen?«
    Da begriff er. Livia versuchte, bei ihm in Marinella zu sein. Sie stellte sich ihn vor, wie sie ihn viele andere Male gesehen hatte. Sie versuchte, die Entfernung aufzuheben, indem sie sich sein allabendliches Tun vor Augen hielt. Unversehens fühlte er, wie er von etwas aufgesogen wurde, das eine Mischung aus Wehmut, Zärtlichkeit, Bedauern und Begehren war.
    »Caponata«, antwortete er mit erstickter Stimme.
    War es möglich, dass man allein beim Aussprechen des Wortes Caponata einen Kloß im Hals bekam?
    »Warum hast du mich nicht mehr angerufen?«
    »Vor ein paar Tagen hab ich's versucht, aber du bist nicht rangegangen. Danach …«
    »Danach hast du dich nicht mehr getraut?«
    Er wollte schon antworten, dass er keine Zeit gehabt hätte, aber dann zog er es doch vor, ihr die Wahrheit zu sagen.
    »Mir hat der Mut gefehlt.«
    »Mir auch.«
    »Wie kommt's, dass du dich heute Abend dazu entschlossen hast?«
    »Weil wir so nicht weitermachen können.«
    »Das stimmt.« Stille trat ein.
    Doch Montalbano hörte immer noch den ganz leicht keuchenden Atem Livias. Atmete sie nur deshalb so angestrengt, weil sie mit ihm sprach? War sie so aufgewühlt oder lag es an irgendetwas anderem? »Wie geht es dir?«, fragte er sie. »Wie soll's mir schon gehen? Und dir?«
    »Es geht mir ganz sicher nicht gut.«
    »Aber du arbeitest?«
    »Schon, ich bin da gerade an einem Fall, der…«
    »Du Glücklicher.«
    »Wieso?«
    »Weil du dich ablenken kannst. Ich dagegen hab's nicht mehr geschafft.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich habe mich krankgemeldet. Ist auch nicht ganz gelogen, ich habe jeden Tag erhöhte Temperatur.«
    »Jeden Tag? Bist du beim Arzt gewesen?«
    »Ja, ist aber nichts Schlimmes. Ich muss eine Reihe von langweiligen Untersuchungen über mich ergehen lassen. Na ja, jedenfalls bin ich seit gestern zwei Wochen krankgeschrieben. Ich hab's einfach nicht mehr gepackt, ins Büro zu gehen, weißt du?« Sie lachte freudlos.
    »Zum ersten Mal hab ich im Büro einen ganz schönen Schlamassel angerichtet. Ich bin sogar zum Chef zitiert worden.«
    Und da sagte er, ohne weiter nachzudenken, weil es ihm aus tiefster Seele kam:
    »Ja, aber wenn du nicht ins Büro gehst, warum kommst du dann nicht her?«
    Es vergingen ein paar Augenblicke, ehe Livia wieder etwas

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