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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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die ganze Geschichte, ja, die ganze!«
    Unterschwellig an den Signor Questore gerichtet: Und damit erzähle ich auch, dass du sie geglaubt hast, du Arschloch.
    »Beruhigen Sie sich doch, Montalbano, beruhigen Sie sich! Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    Doch in seiner hellen Empörung hatte der Commissario bereits die Tür des Büros aufgerissen. Er schloss sie hinter sich und sah seinen Weg durch Lattes versperrt.
    »Entschuldigen Sie, Commissario, ich habe den Zusammenhang zwischen der Rückkehr Ihrer Frau und der Heizungsabrechnung nicht so recht verstanden.«
    »Den erkläre ich Ihnen ein anderes Mal, Dottor Lattes.«
    In der Trattoria da Enzo beschloss er, den Erfolg der Komödie zu feiern, die er vor dem Polizeipräsidenten aufgeführt hatte. Außerdem musste er seine Gedanken von den Sorgen ablenken, die das Telefongespräch mit Livia in ihm hatten aufkommen lassen.
    »Dottore, als Antipasto hätten wir Fischfrikadellen aus Nunnati, aus frisch geschlüpften Sardinen.«
    »Bring mir die.«
    Er veranstaltete ein gewaltiges Massaker unter den Nunnati, das ihn irgendwie an den Kindermord des Herodes erinnerte.
    »Dottore, was möchten Sie als ersten Gang? Wir haben Pasta mit schwarzer Tintenfischsoße, mit Krabben, Seeigeln, Miesmuscheln, mit …«
    »Mit Seeigeln.«
    »Dottore, als Hauptgericht haben wir Meerbarben vom Felsen, gesalzen, gebraten, vom Grill, mit einer Soße aus …«
    »Vom Grill.«
    »Reicht das so, Dottore?«
    »Nein. Hast du einen in Salzwasser gedünsteten Kraken?«
    »Aber Dottore, das ist doch ein Antipasto!«
    »Und wenn ich den als Nachtisch esse, was machst du dann? Fängst du an zu weinen?«
    Er verließ die Trattoria gestopft voll, wie die Römer das nannten.
    Der gewohnte Spaziergang bis zum Leuchtturm glich den Schaden wenigstens teilweise wieder aus.
    Die Freude über das Essen verging ihm in dem Augenblick, als er das Kommissariat betrat. Catarella sah ihn, bückte sich, als würde er etwas suchen, das auf den Boden gefallen war, und so grüßte er ihn auch, ohne ihn anzusehen. Ein ebenso lächerliches wie kindisches Ablenkungsmanöver. Wieso wollte er nicht, dass man sein Gesicht sah? Er tat so, als wäre nichts weiter, ging in sein Zimmer und rief ihn von dort aus an.
    »Catarella, kommst du mal eben zu mir?«
    Kaum stand er bei ihm im Büro, schaute Montalbano ihn genau an und bemerkte, dass Catarella rote und feuchte Augen hatte.
    »Hast du Fieber?«
    »Nein, Dottori.«
    »Was ist mit dir? Hast du geweint?«
    »Ein bisschen, Dottori.«
    »Warum?«
    »Wegen nichts, Dottori. Einfach so.«
    Und er wurde rot, weil er gerade gelogen hatte.
    »Ist Dottor Augello da?«
    »Ja doch, ja. Und Fazio ist auch da.«
    »Dann schick mir Fazio vorbei.«
    Hatte Catarella jetzt auch Geheimnisse vor ihm? Mit einem Mal war niemand hier mehr sein Freund? Warum rückten sie von ihm ab? Oder war er ein alter Löwe geworden, dem selbst ein Esel Tritte versetzen konnte? Die letzte Möglichkeit, die ihm am wahrscheinlichsten vorkam, rief in seiner Hand ein gewisses Kribbeln hervor.
    »Fazio, komm herein, mach die Tür zu und setz dich.«
    »Ich muss Ihnen zwei Dinge sagen, Dottore.«
    »Nein, warte. Zuerst will ich wissen, warum Catarella gerade geweint hatte, als ich hereingekommen bin.«
    »Haben Sie ihn danach gefragt?«
    »Ja. Aber er wollte es mir nicht sagen.«
    »Warum fragen Sie dann mich?«
    Gehörte jetzt auch Fazio schon zu denen, die auf ihm herumtrampelten?! Ihn überkam die Wut mit einer solchen Heftigkeit, dass er meinte, das Zimmer würde sich wie ein Karussell drehen. Er schrie nicht, er brüllte. Eine Art leises und tiefes Grollen. Und mit einem Satz, den Montalbano sich eigentlich gar nicht mehr zugetraut hatte, sprang er im Handumdrehen auf den Schreibtisch. Von da aus flog er aus dem Stand wie ein Torpedo auf Fazio zu, der mit schreckgeweiteten Augen versuchte aufzustehen, sich dabei aber im Stuhl verhakte, umkippte und es nicht mehr rechtzeitig schaffte, Montalbano auszuweichen. Er bekam dessen volles Körpergewicht ab und stürzte zu Boden, der andere über ihn. In dieser Umarmung blieben sie einen Augenblick liegen. Wäre jemand hereingekommen, hätte er denken können, dass die beiden gerade irgendwelche Schweinereien miteinander trieben. Fazio rührte sich so lange nicht, bis sich der Commissario irgendwann mühevoll aufrappelte und beschämt ans Fenster trat, um hinauszusehen. Er keuchte schwer.
    Ohne einen Ton zu sagen, stellte Fazio den Stuhl wieder hin und setzte sich

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