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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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noch nicht vom Fleck rühren können, da klingelte wieder das Telefon.
    »Ah, Dottori! Ah, Dottori, Dottori!«
    Schlechtes Zeichen! Catarella verfiel in diesen Klageton, wenn es um den Polizeipräsidenten ging.
    »Was ist passiert?«
    »Ah, Dottori, Dottori! Der Signori e Questori hat angerufen! Er war wütend wie ein Stier! Feuer stobte aus seinen Nüstern!«
    »Entschuldige, Catarella, aber wer hat dir gesagt, dass Stieren Feuer aus der Nase stiebt, wenn sie wütend werden?«
    »Das sagen doch alle, Dottori. Auch im Fernsehen hab ich das gesehen, in einem Zeichentrickfilm.«
    »Also gut, in Ordnung. Was wollte er?«
    »Er hat Folgendes so gesagt, dass Sie in die Questura kommen sollen, jetzt gleich zu ihm persönlich unverzüglich! Heilige Maria, der war vielleicht wütend, Dottori!«
    Aus welchem Grund sollte Bonetti-Alderighi wütend auf ihn sein?, fragte sich Montalbano auf dem Weg nach Montelusa. In der letzten Zeit hatte völlige Flaute geherrscht, nichts außer ein paar Diebstählen, ein paar Raubüberfällen, ein paar Schusswechseln, ein paar brennenden Autos oder Geschäften. Die einzige wirkliche Neuigkeit war der Fund des Ermordeten im Müllsack, aber diesbezüglich war noch zu wenig Zeit vergangen, um den Signori e Questori in Rage zu bringen. Daher war der Commissario jetzt eher gespannt als besorgt.
    Der Erste, den er auf dem Flur zum Büro des Polizeipräsidenten traf, war dessen Kabinettschef Dottor Lattes, der den Spitznamen »Lattes e mieles« hatte, weil seine Art sich zu geben so sehr an einen honigseimigen Priester erinnerte. Sobald er ihn erblickte, breitete Lattes die Arme aus und wirkte damit wie der Papst, wenn er die Menschen vom Fenster aus grüßt.
    »Wertester!«
    Er eilte ihm entgegen, ergriff seine Hand, schüttelte sie und fragte ihn, während er gleichzeitig den Gesichtsausdruck änderte, in konspirativem Ton:
    »Nachrichten von der Gattin?«
    Dottor Lattes hatte nämlich die fixe Idee, dass Montalbano ein verheirateter Mann und Familienvater sei, und war absolut nicht davon zu überzeugen, dass der Commissario Junggeselle war. Bei dieser Frage erschrak Montalbano: Was für einen Unsinn hatte er ihm bloß bei ihrer letzten Begegnung erzählt? Doch dann fiel ihm glücklicherweise wieder ein, dass er »gestanden« hatte, seine Frau sei mit einem von außerhalb der Europäischen Union durchgebrannt. War es ein Marokkaner? Ein Tunesier? An diese Einzelheit konnte er sich nicht erinnern. Er setzte eine heitere Miene auf.
    »Ah, lieber, werter Dottor Lattes! Ich muss Ihnen eine wunderbare Neuigkeit mitteilen! Meine Frau ist in den Hafen der Ehe zurückgekehrt!«
    Dottor Lattes geriet in Verzückung.
    »Wie schön! Wie herrlich! Der Madonna sei Dank, dass Ihr heimischer Herd von Neuem seine wärmende Glut verbreitet!«
    »Ja, und er wärmt ganz wunderbar, wissen Sie. Dadurch sparen wir bei der Abrechnung.«
    Dottor Lattes sah ihn überrascht an. Er hatte nicht genau verstanden. Dann sagte er:
    »Ich lasse den Signor Questore wissen, dass Sie da sind.«
    Er verschwand und kehrte zurück mit den Worten:
    »Der Signor Questore erwartet Sie.«
    Er war immer noch ein bisschen verdutzt.
    Bonetti-Alderighi sah nicht von den Dokumenten auf, die er gerade las. Er bot Montalbano auch keinen Stuhl an. Schließlich lehnte er sich im Sessel zurück und betrachtete den Commissario lange und in völligem Schweigen.
    »Finden Sie, dass ich mich seit unserer letzten Begegnung sehr verändert habe?«, fragte Montalbano ihn und machte ein besorgtes Gesicht.
    Er biss sich auf die Zunge. Warum konnte er der Versuchung nicht widerstehen, den Polizeipräsidenten zu provozieren, sobald er vor ihm stand?
    »Wie alt sind Sie, Montalbano?«
    »Ich bin Jahrgang 1950. Rechnen Sie nach.«
    »Mithin kann ich wohl sagen, dass Sie ein reifer Mann sind.«
    Si iu sugnu maturu, tu si sfattu , dachte Montalbano, wenn ich reif bin, bist du verwelkt. Doch er sagte:
    »Ganz wie Sie meinen.«
    »Dann erklären Sie mir doch mal, warum Sie sich wie ein kleiner Junge aufführen.«
    Was sollte das bedeuten? Wann hatte er sich wie ein kleiner Junge aufgeführt? Ein schneller Suchlauf durch seine Erinnerungen lieferte ihm keinen Hinweis.
    »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Dann will ich es genauer erklären.«
    Er hob ein Buch hoch, darunter befand sich ein winziges Stück Papier mit zerfledderten Rändern. Er hielt es dem Commissario hin. Es war der Beginn eines Briefes, ein Satz, bestehend aus eineinhalb Wörtern, doch Montalbano

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