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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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unterlaufen, ist das unbestreitbare Zeichen unserer Fairness und unserer Gutgläubigkeit. Fairness und Gutgläubigkeit sind die strahlenden Lichter, die den Weg unserer dreißig Jahre währenden journalistischen Tätigkeit erleuchtet haben. Kürzlich haben wir einen solchen Fehler gemacht. Wir haben Commissario Salvo Montalbano beschuldigt, eine bestimmte Spur im Fall des ermordeten und zerstückelten Unbekannten, der in der unwirtlichen Gegend des Critaru aufgefunden worden war, nicht berücksichtigen zu wollen. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass diese Spur mit dem schrecklichen Verbrechen nichts zu tun hat. Wir bitten Commissario Montalbano daher öffentlich um Entschuldigung. Dies bedeutet allerdings nicht, dass wir unsere Vorbehalte ihm und seinen üblichen Methoden gegenüber fallen lassen. Und nun kommen wir zur Gemeinderatssitzung von Montereale, die …«
    Montalbano schaltete aus. Der Polizeipräsident hatte Wort gehalten.
    Aus einem Gefühl der Unruhe heraus stand er auf und fing an, durchs Haus zu streifen.
    Da war etwas in Camilleris Roman, das ihm immer wieder durch den Kopf schwirrte.
    Was war es nur? Sollte die Erinnerung ihn etwa auf diese Weise im Stich lassen?
    War das etwa schon der Anfang der Verkalkung?
    Er dachte angestrengt nach.
    Also, es war etwas, das ganz bestimmt mit dem Tod des Judas zu tun hatte, aber im Buch nicht beschrieben war.
    Es war so etwas wie ein Parallelgedanke, der wie ein Blitz aufgetaucht und wieder verschwunden war. Doch wenn es ein Parallelgedanke war, war es sinnlos, den Roman noch einmal von vorne zu lesen, denn schwerlich würde sich der Blitz noch einmal einstellen.
    Doch einen Weg gab es vielleicht.
    Irgendwo im Bücherregal musste es die vier Evangelien in einem Band geben. Doch wo hatten die sich nur versteckt? War es denn möglich, dass in diesem Haus alles verschwand? Zuerst das Thermometer, jetzt die Evangelien … Er fand sie dann doch. Aber erst nach einer halbstündigen Suche, während der er Flüche ausstieß, die keineswegs zu dem Buch passten, das er lesen wollte.
    Er setzte sich wieder in den Sessel und suchte im ersten Evangelium, dem des Matthäus, die Stelle, die vom Selbstmord des Judas erzählt.
    Da nun Judas, der ihn verraten hatte, sah, dass Jesus verurteilt war zum Tode, kam Reue über ihn, und er brachte die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und den Ältesten zurück und sprach:
    Ich habe übel getan, dass ich unschuldig Blut verraten habe.
    Diese sprachen:
    Was geht uns das an? Sieh du zu.
    Und er warf die Silberlinge in den Tempel, ging hin und erhängte sich selbst.
    Aber die Hohenpriester nahmen die Silberlinge und sprachen:
    Es taugt nicht, dass wir sie zum Tempelschatz legen, denn es ist Blutgeld.
    Sie hielten aber Rat und kauften darum den Töpferacker zum Begräbnis der Pilger.
    Die anderen Evangelien berichteten nichts über den Tod des Judas.
    Er konnte es sich zwar nicht erklären, aber er war aufgewühlt und fühlte eine Art Zittern im ganzen Körper. Einem Spürhund gleich ahnte er, dass in den Zeilen des Matthäus etwas sehr Wichtiges verborgen war.
    Mit Engelsgeduld machte er sich noch einmal ans Lesen, fast buchstabierte er es sich vor.
    Und bei dem Wort Töpferacker durchzuckte ihn regelrecht ein elektrischer Schlag.
    Der Töpferacker.
    Mit einem Mal fand er sich auf einem Pfad wieder, die Kleidung vom Regen durchnässt, und sah einen Abhang hinunter, der ganz aus Tonplatten bestand. Und er hörte wieder Ajenas Worte:
    »… dieser Ort heißt seit eh und je Critaru … Ich verkaufe den Ton an die, die Tonwaren daraus machen, Vasen, Trinkkrüge, Getreidekrüge …«
    Der Töpferacker. Übersetzung: Critaru.
    Da war er, der Parallelgedanke.
    Aber machte das Sinn? Konnte es sich nicht um eine zufällige Übereinstimmung handeln? Ging da nicht vielleicht die Fantasie mit ihm durch? Na schön, aber was war Schlimmes daran, wenn er sich ein wenig Fantasie erlaubte? Und wie oft hatte sich das, was er für ein Hirngespinst gehalten hatte, später doch als Realität herausgestellt?
    Angenommen also, diese Fantasie hat einen Sinn. Was heißt es dann, wenn die Leiche eines Ermordeten auf dem Töpferacker aufgefunden werden soll? Im Evangelium stand, die Priester hätten dieses Feld gekauft, um die Pilger dort bestatten zu lassen … die Pilger, die aus der Fremde.
    Einen Augenblick, Montalbà.
    Könnte es nicht sein, dass der Ermordete ein Fremder war? Pasquano hatte in seinem Magen eine Brücke gefunden, und diese Brücke

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