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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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war den Worten von Professor Lomascolo zufolge ein Modell, das bei Zahnärzten in Südamerika in Gebrauch war. Also stammte der Unbekannte wahrscheinlich aus jenem Kontinent, vielleicht ein Venezolaner, ein Argentinier … oder auch ein Kolumbianer. Ein Kolumbianer, der möglicherweise etwas mit der Mafia zu schaffen hatte …
    Driftest du jetzt nicht ein bisschen weit ab, Montalbà?
    Während er sich diese Frage stellte, überkam ihn plötzlich ein Kälteschauer, und gleich danach hatte er einen Schweißausbruch. Er berührte seine Stirn, das Fieber nahm wieder zu. Aber das bereitete ihm keine Sorgen, denn er war sicher, dass dieser Wechsel nicht von einer Grippe herrührte, sondern von den Gedanken, die ihm durch den Kopf jagten.
    Es war wohl besser, wenn er nicht weiter in die Sache drang, sondern einen Augenblick Pause machte, um wieder zur Ruhe zu kommen. Ihm war bewusst, dass sein Gehirn überhitzt war, dem Schmelzpunkt nah. Er musste sich ablenken. Aber wie? Ihm fiel nur das Fernsehen ein. Er schaltete den Apparat wieder ein, sprang aber gleich auf das Programm der »Retelibera«.
    Dort lief gerade ein Softporno, so lautete die Definition, also die Sorte, in denen Schauspieler und Schauspielerinnen so tun, als würden sie es an verdammt unbequemen Orten wie einer Schubkarre oder an einem Fallrohr hängend miteinander treiben. Die sind schlimmer als die Hardcorefilme, in denen es laut Definition wirklich zur Sache geht. Er sah ihn sich ungefähr zehn Minuten lang an, dann geschah, was immer geschah, beim Soft- wie beim Hardporno: Mit einem Mal überfiel ihn die Müdigkeit. Er schlief einfach ein, mit nach hinten geneigtem Kopf und offenem Mund.
    Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, doch als er aufwachte, waren anstelle des Films vier Personen zu sehen, die um einen Tisch versammelt waren und über unaufgeklärt gebliebene Verbrechen sprachen. Aber auch die Fälle, die dem Anschein nach aufgeklärt werden, meinte einer mit Oberlippen- und Ziegenbärtchen à la d’Artagnan, bleiben in Wirklichkeit alle unaufgeklärt. Er setzte ein verschmitztes Lächeln auf und sagte nichts weiter. Und weil niemand von den Teilnehmern auch nur die Bohne von dem verstanden hatte, was er hatte sagen wollen, erinnerte ein anderer, der Kriminologe war (warum hatten die Kriminologen nur alle Mosesbärte?), an einen Fall, der sich im Norden zugetragen hatte, wo eine Frau mit Rattengift umgebracht und dann zergliedert worden war.
    Das gleiche Wort, das Pasquano gebraucht und ihn, Montalbano, zum Lachen gebracht hatte.
    Was hatte Dottor Pasquano noch gesagt?
    Dass man ihn in eine bestimmte Anzahl Stücke zerteilt hatte. Gut, aber in wie viele genau?
    Er fuhr hoch, entgeistert, schweißgebadet, das Fieber stieg noch um ein paar Grade. Er rannte zum Telefon und wählte eine Nummer.
    Er hörte es lange klingeln, ohne dass jemand dranging. Los, irgendeine Reihe des Einmaleins! Ach, Scheiß auf das Einmaleins! Wenn keiner abnahm, dann machte er es eben wie beim Massaker in der Columbine High School, setzte sich ins Auto und knallte einen nach dem anderen ab. Endlich antwortete ihm die Stimme eines Mannes, der so besoffen war, dass der Gestank seines Atems durch die Leitung zu ihm drang.
    »Hullu? We’s da?«
    »Montalbano hier. Ist Dottor Pasquano da?«
    »Die Guistura is nachts gesch… geschlossn … un das Lei… ach, verdammt.«
    Dann musste er zu Hause sein. Dort antwortete ihm eine schläfrige Frauenstimme. Wie spät war es denn eigentlich?
    »Montalbano hier. Ist Dottor Pasquano da?«
    »Nein, Commissario. Er ist in den Club gegangen.«
    »Signora, entschuldigen Sie bitte, aber haben Sie die Nummer von dort?«
    Die Frau gab sie ihm, und er wählte sie.
    »Hallo? Montalbano hier.«
    »Und was geht mich das an, du Wichser?«, sagte irgendjemand und legte auf.
    Er musste sich bei einer Ziffer vertippt haben, seine Finger zitterten so sehr, dass es ihm schwerfiel, sie unter Kontrolle zu halten.
    »Montalbano hier. Ist Dottor Pasquano da?«
    »Ich schau mal, ob er an den Apparat kommen kann.«
    Siebener-Einmaleins, ganz durch.
    »Nein, er spielt gerade und will nicht gestört werden.«
    »Hören Sie zu, richten Sie ihm Folgendes aus: Entweder er kommt ans Telefon, oder ich erscheine gegen fünf Uhr morgen früh mit der Blaskapelle der Polizei bei ihm zu Hause. Programm: erstes Stück der ›Triumphmarsch‹ aus ›Aida‹, zweites Stück …«
    »Ich sag’s ihm sofort.«
    Achter-Einmaleins.
    »Ein Gentleman kann wohl nicht

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