Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache
vermietete, sich zwei Jahre zuvor ebenfalls in Signora Dolores verliebt hatte? Auf den ersten Blick sah es nicht so aus. Doch ihm war gleich eine Frage durch den Kopf gegangen, nachdem Tripodi ihm die Sache mit dem Metzger erzählt hatte. Tripodi hatte erzählt, dass Dolores sich im Falle des Jungen aus Sorge an die Carabinieri gewandt hätte, aber er hatte ihm nicht gesagt, wie Dolores sich bei dem Metzger verhalten hatte. Mit Sicherheit hatte sie sich kein zweites Mal an diese Einheit gewandt. Aber der Metzger hatte der Sache ja schließlich auch selbst ein Ende bereitet, indem er nach Catania gezogen war. Und hier stellte sich die Frage: Warum hatte er Vigàta vom einen auf den anderen Tag verlassen, obwohl er doch so in Dolores verliebt war? Was mochte ihm widerfahren sein?
»Fazio! Komm sofort zu mir! Fazio!«
»Was ist passiert, Dottore?«
»Erinnerst du dich an Pecorini?«
»Den Metzger? Ja doch.«
»Ich will bis spätestens morgen früh wissen, warum er vor zwei Jahren in Catania eine Metzgerei eröffnet hat und von Vigàta weggegangen ist.«
»In Ordnung, Dottore. Aber was hat dieser Pecorini denn verbrochen? Hat er etwa BSE-verseuchtes Rindfleisch verkauft?«
Es war spät geworden, und ihm war der Appetit vergangen. Er stand auf, und in diesem Augenblick hatte das Telefon den unbekümmerten Einfall zu klingeln. Er fragte sich eine Weile, ob er abnehmen sollte oder nicht, aber das verdammte Pflichtbewusstsein gewann die Oberhand.
»Dottori, ah Dottori! Es wäre so, dass Signor Giacchetta da wäre.«
Er erinnerte sich daran, dass Giacchetta bereits nach ihm gefragt hatte.
»Bring ihn zu mir.«
»Kann ich nicht, Dottore, da er sich nur telefonisch daselbst befindet.«
»Dann stell ihn durch.«
»Commissario Montalbano? Hier ist Fabio Giacchetti, der Bankdirektor, der Ihnen … Erinnern Sie sich an mich?«
»Aber sicher erinnere mich an Sie. Wie geht es der Mutter und dem Kind?«
»Ausgezeichnet, vielen Dank.«
Und dann sagte er nichts mehr.
»Nun?«, fragte der Commissario ermunternd.
»Sehen Sie, jetzt, wo ich am Telefon bin und mit Ihnen spreche, weiß ich nicht, ob es wirklich angebracht ist, Sie …«
Oh nein, nicht schon wieder dieses Theater! Er erinnerte sich nämlich auch, dass der Herr Bankdirektor immer einen Schritt vor und einen zurück machte, ein Bedenkenträger, der sich in seiner Rolle wohlfühlte, ein wirklicher Experte in der Kunst des Tauziehens. Er hatte wirklich keine Lust, weiter Zeit zu verlieren.
»Überlassen Sie es doch einfach mir zu beurteilen, ob es angebracht ist. Was wollten Sie mir sagen?«
»Aber vielleicht ist es ja eine Sache ohne jede Bedeutung …«
»Hören Sie, Signor Giacchetta …«
»Giacchetti. In Ordnung, ich sage es Ihnen, auch wenn … Also, ich bin sicher, dass ich das Auto wiedergesehen habe.«
»Welches Auto?«
»Das, mit dem jemand versucht hatte, die Frau umzufahren … Erinnern Sie sich?«
»Ja. Sie haben also das Auto wiedergesehen?«
»Und zwar gestern. Direkt vor mir. Es stand an einer Ampel. Dieses Mal habe ich auch die Nummer aufgeschrieben.«
»Hören Sie, Signor Giacchetti, sind Sie sich auch ganz sicher, dass es sich um dasselbe Auto handelt?«
Und genau das war die unvorsichtige Frage, bei der Giacchetti sich völlig in Bedenken verlor und in Zweifeln versank.
»Sicher, sagen Sie? Wie kann ich da denn sicher sein? Manchmal bin ich sicher, andere Male nicht. In manchen Augenblicken könnte ich drauf schwören, in anderen würde ich es nicht. Wie sollte ich denn auch? …«
»Tun wir ganz einfach so, als wäre das hier eines der Male, in denen Sie sich absolut sicher sind.«
»In Ordnung, also gut … Ich muss Ihnen nämlich auch noch sagen, dass das Auto von neulich nachts ein kaputtes linkes Rücklicht hatte, und das hier ebenfalls.«
»Schauen Sie, Signor Giacchetti, die Geschichte von neulich nachts, die Sie beobachtet haben, hatte keine weiteren Folgen.«
»Ach, nein?«, fragte Giacchetti enttäuscht.
»Nein. Wenn Sie mir also die Autonummer geben wollen, dann geben Sie sie mir, aber ich glaube nicht, dass sie uns in irgendeiner Weise dienlich sein wird.«
»Ja, was mache ich denn nun? Gebe ich sie Ihnen jetzt oder nicht?«
»Geben Sie sie mir.«
»BG 329 ZY«, sagte Signor Giacchetti schließlich ohne weitere Vorbehalte.
»Geben Sie dem Kleinen ein Küsschen von mir.«
Hörte man jetzt vielleicht endlich mal auf, ihm auf den Nerven herumzutrampeln? Konnte er nun nach Marinella fahren und über
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