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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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alles nachdenken, was er erfahren hatte, sich auf die Terrasse setzen beim Rauschen des Meeres, das ihm ganz allmählich das Durcheinander seiner Gedanken entwirren würde?
    Er schloss die Bürotür.
    »Wiedersehen, Catarè.«
    »Gute Nacht, Dottori.«
    Er ging zu seinem Auto. Mimì Augello musste ins Büro zurückgekehrt sein, denn dessen Auto war so dicht neben seinem geparkt, dass Montalbano sich seitwärts drehen musste, um an die Fahrertür seines Wagens zu gelangen. Er öffnete sie, ließ den Motor an und fuhr los. Nach kaum zehn Metern blieb er ruckartig stehen, womit er auf der Stelle eine Flut von Flüchen und Gehupe hinter sich auslöste.
    Er hatte etwas gesehen. Und das, was er gesehen hatte, wollte die eine Hälfte seines Gehirns scharf einstellen, während die andere Hälfte sich weigerte, weil sie nicht wahrhaben wollte, was ihr von den Augen übermittelt worden war.
    »Fährst du jetzt endlich weiter, du Mistsack?«, schnauzte ihn ein Fahrer wütend an, der dicht an ihm vorbeifuhr.
    Er legte den Rückwärtsgang ein, konnte aber nichts sehen, Schweiß rann ihm plötzlich von der Stirn und zwang ihn, die Augen halb geschlossen zu halten. Am Ende war er wieder auf dem Parkplatz des Kommissariats angelangt. Er hielt an, wischte sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn, öffnete die Wagentür und glotzte. Da war das kaputte Rücklicht, da war das Autokennzeichen BG 329 ZY.
    Das Kennzeichen des Wagens von Mimì Augello.
    Ein Krampf so heftig wie ein Messerstich packte sein Gedärm und drehte ihm den Magen um. Dieser Krampf ließ einen süßsauren Flüssigkeitsstrahl bis zum Adamsapfel aufsteigen. Er stieg eilig aus dem Auto, stützte sich auf den Kofferraum und erbrach sich so lange, dass es ihm vorkam, als würde er sich buchstäblich die Seele aus dem Leib kotzen.
    In Marinella merkte er, dass ihm nicht nur der Appetit vergangen war, sondern auch die Lust nachzudenken. Er öffnete die Tür zur Veranda, der Abend war zu kühl, um zu schwimmen. Er nahm eine Flasche Whisky und ein Glas, stöpselte das Telefon aus, ging ins Bad, zog sich aus, ließ Wasser in die Wanne einlaufen und legte sich hinein.
    Das war ein echtes Heilmittel. Zwei Stunden später hatte er fast eine Flasche geleert, das Wasser war kalt geworden, doch er hatte die Augen geschlossen und schlief.
    Gegen vier Uhr morgens erwachte er völlig ausgekühlt in der Wanne. Daraufhin nahm er eine heiße Dusche und trank eine große Tasse Espresso.
    Jetzt war er bereit nachzudenken, auch wenn er nach wie vor einen leichten Brechreiz im Hals spürte. Er nahm Papier und Füllfederhalter, setzte sich an den Esszimmertisch und begann, sich selbst einen Brief zu schreiben, um auf diese Weise seine Gedanken zu klären.
    Lieber Salvo,
    ich weiß sehr genau, dass dir zwei Wörter durch den Kopf schossen, als du dich auf dem Parkplatz übergeben hast: Bande und Verschwörung.
    Zwei Wörter, die du in dir hast herumirren lassen, ohne sie in eindeutige Beziehung zueinander bringen zu wollen. Denn wenn du es tust, ist das, was dabei herauskommt, alles andere als erfreulich: Mimì Augello und Dolores Alfano, die gemeinsam unter einer Decke stecken, haben eine Verschwörung angezettelt.
    Ich versuche einmal, die Lage zu klären. Es besteht kein Zweifel daran, dass Mimì und Dolores ein Liebespaar sind und dass ihre Treffen in der kleinen Villa des Metzgers Pecorini stattfinden. Ihre Beziehung muss ungefähr im September angefangen haben, wenige Tage nachdem Giovanni Alfano vermeintlich angeheuert hatte.
    Ging es von Mimì aus? Oder war es umgekehrt? Das ist ein wichtiger Punkt, auch wenn er im Grunde nichts an den Tatsachen ändert. Ich versuche, mich klarer auszudrücken, indem ich die Situation von hinten aufrolle.
    Von dem Augenblick an, als die Leiche des Unbekannten vom Critaru entdeckt wurde, beharrt Mimì darauf, dass ich ihm die Ermittlungen übertrage.
    Warum ausgerechnet diese Ermittlung? Die Antwort könnte sein: Weil sie die einzige wichtige Ermittlung ist, mit der wir es derzeit zu tun haben.
    Diese Antwort ist bis zu dem Augenblick stichhaltig, da ich nahezu die Gewissheit habe, dass die Leiche vom Critaru einen Vor- und einen Nachnamen hat: Giovanni Alfano. Dieser Alfano ist der verschwundene Ehemann von Dolores. Folglich ändern sich die Dinge radikal, und es stellen sich einige leider unvermeidliche Fragen, die ich dir in übersichtlicher Form aufliste, indem ich sie jeweils mit einem gewissen Abstand aufschreibe, sodass jede ihr eigenes

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