Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman
war dermaßen aufgebracht, dass Felderer so mit uns umsprang, dass ich nicht richtig drüber nachgedacht habe, welche Folgen die SMS haben könnte.«
»Und Bedenken, einen Verbandskollegen und dessen Frau zu opfern, damit Sie Ihre Machtspielchen gewinnen, sind Ihnen gar nicht gekommen?«, versetzte Pavarotti kalt.
Kirchrather biss sich auf die Lippen. »Ich sagte ja: Ich habe in diesem Moment spontan gehandelt, ohne groß nachzudenken. Hinterher, in der Nacht, hat mich das Ganze stundenlang umgetrieben. Mir wurde klar, dass es Karl sowieso egal war, was andere von ihm hielten. Niemals hätte er sich von uns einbremsen lassen.«
Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Am Morgen stand mein Entschluss fest. Ich wollte zu Felderer gehen und ihm sagen, Niedermeyer und ich würden Stillschweigen über den Immobiliendeal bewahren. Außerdem wollte ich Karl bitten, Klaus zu schonen. Er sollte das mit seiner Frau nicht erfahren und auch nichts von den Fotos.«
Pavarotti atmete tief auf. »Was ist eigentlich aus den Abzügen geworden?«
»Die hat er bei mir gelassen«, erwiderte Kirchrather. »Ich habe sie in meinen Tresor gelegt. Da sind sie immer noch.«
»Und wie hätten Sie Niedermeyer dazu bringen wollen, seinen Plan aufzugeben, ohne ihm von diesen Fotos zu erzählen?«, preschte Lissie vor. Pavarotti ärgerte sich. Er hatte sich das auch gerade gefragt, war aber zu langsam gewesen.
»Ja«, nickte der Alte, »das wäre wirklich verflixt schwierig geworden.« Er grinste freudlos. »Aber irgendwas wäre mir schon eingefallen.«
»Was denn?«
Kirchrather schüttelte den Kopf. »Das hatte sich doch erledigt, das wissen Sie doch. Bis Mittag hatte sich der Mord in ganz Meran herumgesprochen. Klaus habe ich seit dem Gespräch nach dem Stammtisch sowieso nicht mehr gesehen.«
Pavarotti schoss seinen letzten Pfeil ab: »Warum rücken Sie eigentlich jetzt mit der Sprache heraus?«
Kirchrather stand auf, trat zum Fenster und sah auf den Kornplatz hinaus. Dann drehte er sich abrupt um. »Anfangs habe ich versucht, diese unerfreuliche Geschichte zu vertuschen. Ich wollte Klaus davor schützen, ins Gefängnis zu wandern. Es war mir ja sonnenklar, dass er ein erstklassiges Motiv für den Mord hatte, ein viel stärkeres noch als diese Eifersuchtssache. Ich hab gleich vermutet, dass er es war. Felderer hatte es in der Hand, ihn zu vernichten. Diese Schmach hätte Klaus nicht überlebt.«
»Und warum haben Sie jetzt doch beschlossen, Ihrem Verbandskollegen den Strick um den Hals zu legen?«
Kirchrather zuckte zusammen, fing sich dann aber wieder. »Die Angelegenheit zieht immer weitere Kreise. Deshalb hab ich nicht länger schweigen können«, erwiderte der Alte kryptisch, mit einem Seitenblick auf Lissie.
Pavarotti entschied, dass es besser war, an der Stelle nicht nachzubohren. Stattdessen fragte er, wie Niedermeyer am Ende von den Fotos erfahren habe.
Der Alte setzte sich wieder hin. »Von mir nicht, Commissario. Aber wahrscheinlich von Karl Felderer. Die Fotos waren bestimmt noch abgespeichert.« Kirchrather massierte sich mit zwei Fingern die Stirn. »Meine SMS dürfte Karl so gereizt haben, dass er direkt zu Niedermeyer hin ist, ihm den Blackberry unter die Nase gehalten hat und Drohungen ins Gesicht gebrüllt hat. Ich vermute, da ist Klaus schlicht durchgedreht.«
Pavarotti hob die Hand: »Stopp! Wie war das? Karl Felderer hatte die Fotos mit seinem Handy aufgenommen?«
Kirchrather nickte. »Ja, er hat die ganze Zeit damit herumgefuchtelt, als er bei mir war.«
Pavarotti atmete tief aus. Deshalb war bei der Leiche kein Handy gewesen. Niedermeyer hatte es mitgehen lassen, aus sehr gutem Grund. Wahrscheinlich lag das Telefon mittlerweile auf dem Grund der Passer. Niedermeyer war ja inzwischen auf freiem Fuß und hatte genug Zeit gehabt. Aber egal, er hatte den Kerl trotzdem am Schlafittchen. Der fehlende Blackberry bewies, dass es bei dem Mord um die Fotos gegangen war. Und er hatte Kirchrathers Aussage. Jetzt würde der Staatsanwalt ohne zu zögern den Haftbefehl ausstellen, und Niedermeyer würde wieder in die Zelle einpassieren, und zwar für eine ziemlich lange Zeit.
Jetzt kam es darauf an, den Alten möglichst schnell loszuwerden. Pavarotti beobachtete ungeduldig, wie sich Kirchrather umständlich erhob und niedergeschlagen sagte: »Ich bin mit schuld, dass es dazu gekommen ist. Ich hätt nicht bis zum nächsten Morgen warten dürfen.« Es klang sogar halbwegs echt.
»Das müssen Sie mit sich selbst
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