Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman
einigt.«
Kirchrather unterbrach seinen Bericht kurz, um seine Zuhörer zu mustern. »Niedermeyers Plan hat aber nicht funktioniert«, nahm er dann den Faden wieder auf.
»Wieso nicht?«, schallte es unisono aus zwei Richtungen.
»Weil Felderer den Spieß einfach umgedreht hat. Anscheinend hat er schon vor ein paar Monaten ein Verhältnis mit Niedermeyers Frau angefangen. Vielleicht hat er gedacht, dass er das irgendwann gegen Niedermeyer verwenden kann. Die Greta ist wie ein reifer Apfel in seinen Schoß gefallen und hat sich zu allen möglichen Sexspielchen überreden lassen. Und jetzt kommt’s: Bei den Schäferstündchen hat Karl Fotos gemacht!«
»Weiß ich schon«, unterbrach ihn Pavarotti und freute sich, dass der Alte enttäuscht aussah.
Lissie öffnete bereits den Mund, doch der Commissario stoppte sie mit einer Handbewegung. Jetzt war Schluss mit dem Dazwischengequatsche. Es war schließlich seine Vernehmung. Editha hatte mit ihrer Vermutung recht gehabt, dass hinter den Fotos mehr steckte als Felderers verdrehte sexuelle Vorlieben.
Pavarotti hatte inzwischen eine ziemlich genaue Vorstellung davon, worauf die ganze Sache hinauslief, doch er ließ Kirchrather weiterreden.
»Commissario, wissen Sie auch, wozu Karl die Fotos am Ende benutzt hat? Er wollte damit auf Niedermeyer und auf den ganzen Verband Druck ausüben! Karl dürfte sich zu seiner Weitsicht gratuliert haben, sich ein so perfektes Druckmittel beschafft zu haben. Aber er hat sich zu früh gefreut.« Kirchrather hob die Augen zur Decke und spitzte die Lippen. »Jemand hat ihn aus dem Weg geräumt.«
»Und Sie vermuten, dieser Jemand war Klaus Niedermeyer?«
Kirchrather zuckte nur die Achseln. »Das liegt doch wohl auf der Hand, oder?« Er verzog die Lippen. »In seiner Eitelkeit hat Niedermeyer dann den Fehler gemacht, Karl Felderer zu unterschätzen. Der war drauf und dran, die Nacktfotos von Greta bei Facebook und auf unsere Verbandsseite hochzuladen. Das hätte Klaus zerstört, und ganz bestimmt nicht nur geschäftlich.«
»Und wann hat Ihnen Niedermeyer erzählt, dass da was lief zwischen Niedermeyers Frau und Karl Felderer?«
»Gar nicht, Herr Kommissar. Ich weiß es von Karl Felderer.«
Pavarotti war bass erstaunt. »Von Karl Felderer? Wie das denn?«
Kirchrather lehnte sich zurück. »Es war am selben Abend nach dem VEMEL -Stammtisch. Ich kam gerade nach Hause, immer noch ziemlich geschockt von dem Gespräch mit Klaus, da tauchte Felderer auf. Er stürmte grußlos durch die Eingangstür und schmiss ein paar Computerausdrucke auf meinen Wohnzimmertisch. Es waren Nacktfotos von Greta. Ich schaute mir nur das oberste an und legte es sofort wieder zurück. Ich war entsetzt. Mir war natürlich sofort klar, dass sich da ein furchtbarer Skandal zusammenbraute.«
Kirchrathers Stimme war plötzlich heiser geworden. Er hustete und fuhr dann fort: »Ganz leise und freundlich, sodass es mich eiskalt überlief, hat Karl dann gesagt, der VEMEL solle die Machtspielchen lassen, sonst ginge es allen so wie diesem Hornochsen Niedermeyer. Ein einziges Wort von irgendeinem von uns über den Verkauf, und die Nacktfotos von Niedermeyers Frau stünden im Internet.« Kirchrather stockte wieder. »Höhnisch gegrinst hat er, wie der Teufel höchstpersönlich. Und dann ist er hinaus.«
Kirchrather fuhr sich mit der Hand über die Augen. Auf seiner Stirn hatten sich kleine Schweißtröpfchen gebildet. Pavarotti erkannte, dass dem Mann der schwierigste Teil noch bevorstand.
Der Alte blickte auf. »In dem Moment habe ich beschlossen, dass der Verband sich von diesem gewissenlosen Menschen nicht einschüchtern lassen wird. Welche Bedeutung hätten wir denn noch, wenn wir bei einer solchen Drohung einknickten? Ich sage es Ihnen: Nur noch Marionetten wären wir gewesen.« Fast flehend schaute Kirchrather seine Zuhörer an, doch es kam keine Reaktion. Ihm blieb nichts anderes übrig, als weiterzusprechen.
»Kaum war Karl aus der Tür, habe ich mich hingesetzt und ihm eine SMS geschrieben. In der stand, er solle doch tun, was er nicht lassen könne, Niedermeyer habe nichts mehr für Greta übrig und wolle sich scheiden lassen. Wahrscheinlich käme ihm die Sache sogar ganz gelegen. Außerdem habe ich geschrieben, Karl solle mal ernsthaft überlegen, ob er sich nach so einer Aktion in Meran noch blicken lassen könne. Wenn er sich als solches Schwein offenbare, würde keiner mehr mit ihm reden, geschweige denn Geschäfte machen.« Kirchrather stöhnte. »Ich
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