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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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Meran so hübsche weibliche Gäste haben!«
    Lissie musste lächeln, ob sie wollte oder nicht. Seine freche Art war einfach entwaffnend, der Kerl wusste das natürlich ganz genau. Sie gestand sich ein, dass sein Charme seinen Zweck auch bei ihr nicht verfehlte. Er hatte schon wieder angefangen, ihr tief in die Augen zu schauen. Es war höchste Zeit aufzupassen, dass er sie nicht langsam weichkochte.
    »Welche Lokale können Sie mir denn nun empfehlen, in denen ich nicht auf Ihresgleichen treffe?«, hakte sie ironisch nach.
    Karl Felderer lächelte und zog seine rechte Hand zurück, die bereits merklich in Richtung ihres Ellenbogens gewandert war.
    »Beispielsweise die Verdinser Klause. Nach St. Nikolaus, am Ende der Lauben, müssen Sie einfach noch ein Stück geradeaus gehen. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, dass das Restaurant von außen recht unscheinbar aussieht. Es ist eins der besten in Meran.«
    Lissie erstarrte, als sie den Namen des Restaurants hörte. Sie erinnerte sich so gut an das Lokal, als ob sie erst vor ein paar Tagen das letzte Mal drin gewesen wäre. Holzgetäfelte Wände, weiße Tischdecken mit kunstvoller Lochstickerei, Kristallleuchter, deren Kristalltropfen im Luftstrom des Ventilators leise aneinanderklickten. Und das Essen war jedes Mal hervorragend und mehr als ausreichend gewesen, auch für einen Teenager wie Lissie, die damals schwer satt zu kriegen war.
    Genau ein Mal war Lissie mit ihrem Vater während jedes Aufenthalts da gewesen, immer am Abschiedsabend. Mehr als dieses eine Mal hatte die Urlaubskasse nicht hergegeben. Es war immer das schönste und gleichzeitig traurigste Abendessen gewesen. Der Besuch in der Verdinser Klause hatte bedeutet, dass sie am nächsten Tag abreisen mussten, Lissie heim nach Frankfurt zu ihrer Mutter und ihr Vater nach Berlin.
    Der Abschiedsabend in ihrem letzten gemeinsamen Urlaub hatte sich allerdings zum totalen Fiasko entwickelt. Nach viel Herumgedruckse und scheinheiligen Vorreden, die offenbar dazu gedacht waren, sie auf die Neuigkeiten vorzubereiten, war ihr Vater mit der Sprache herausgerückt, dass er kurz vor ihrem Urlaub eine neue Mandantin übernommen hatte.
    Lissie war von dem Mandat so geschockt, dass sie minutenlang wortlos auf ihren Teller starrte, ohne das Essen darauf wahrzunehmen. Ihr Schock wurde zu Abscheu und Empörung, als ihr Vater zu schwadronieren begann, welch prominente Rolle er in dem bereits laufenden Prozess spielen werde, der ein großes Medienereignis war. Ekelhaft. Zuvor hätte es Lissie nie für möglich gehalten, dass ihrem Vater das Rampenlicht wichtiger sein könnte als seine Prinzipien als Anwalt, an die Lissie felsenfest geglaubt hatte. Plötzlich knackte es leise in ihrem Kopf, und das Bild, das sie sich von ihrem Vater gemacht hatte, bekam tausend Risse und zerbarst. Wie der Spiegel gegenüber ihrem Tisch, in den sie zum Schrecken ihres Vaters und der übrigen Restaurantgäste einen schweren Salzstreuer aus Sterlingsilber schmiss.
    Danach rannte sie fauchend wie eine Katze, deren Schwanz man in Brand gesetzt hatte, aus dem Restaurant. Erst als sie blind vor Zorn in ihr Zimmer in der Pension stolperte, schossen ihr die Tränen in die Augen.
    Jetzt war alles wieder da. Lissie konnte die warme Nachtluft spüren, die damals durch das geöffnete Fenster hereingeströmt war, und fühlte, wie der Knall der Scheiben, als sie das Fenster zuschmetterte, in ihren Gehörgängen nachhallte. In diesen Frühlingstagen 1981 war es unnatürlich heiß und drückend gewesen. Komisch, dass sie sich daran noch so gut erinnerte.
    »Hallo-ooo! Haal-lo! Was ist mit Ihnen los?«, tönte es von der anderen Tischseite.
    »Ich habe nur überlegt, ob ich vielleicht heute an dem Lokal vorbeigelaufen bin. Der Name kommt mir so bekannt vor«, redete sich Lissie heraus. Sie hatte nicht die Absicht, ihre Erinnerungen vor einer Zufallsbekanntschaft auszubreiten. »Nur zu. Ich bin ganz Ohr für Ihre Tipps.«
    »Nun, natürlich müssen Sie auch in die Felderer-Stuben kommen. Das ist das Restaurant in meinem Vier-Sterne-Haus in den Lauben, und da kann ich Sie dann vor den anderen bösen Buben beschützen«, lachte Karl Felderer.
    »Ich brauche keinen Beschützer«, fuhr Lissie hoch, der es zunehmend schwerer fiel, auf seine lockeren Sprüche einzugehen. »Ich bin zahlender Gast in Meran und kann erwarten, dass man meine Wünsche respektiert und mich in Ruhe lässt. Und das gilt auch für Sie!«
    »Ist ja gut, ich wollte Sie nur ein wenig necken«,

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