Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman
beschwichtigte Felderer. »Kein Grund, gleich an die Decke zu gehen. Die Felderer-Stuben sind wirklich gut. Nicht so elegant wie die Verdinser Klause, aber dafür günstiger, und hervorragendes Essen, das gibt’s bei uns auch. Keine Massenware. Gerne würde ich Ihnen das beweisen und Sie an einem der nächsten Abende dorthin einladen«, setzte er geschliffen nach. »Darf ich auf den morgigen Abend hoffen?«
Lissie seufzte. Der Kerl gab anscheinend nie auf. Lissie hätte außerdem zu gerne gewusst, was mit den alten Geschäften in den Lauben passiert war. Der Mann kam ihr als Informationsquelle wie gerufen. Außerdem, das ließ sich nicht leugnen, interessierte er sie. Entsetzt korrigierte sie sich im Stillen. Himmel, nicht der Typ selbst, sondern die mafiöse Art und Weise, wie Leute wie er vermutlich ihre Geschäfte machten. »Mal sehen, ob es sich ergibt«, gab sie unbestimmt zurück. Bloß nicht zu interessiert wirken. »War’s das?«
»Von den meisten Weinstuben muss ich leider abraten, der Wein ist zwar fast überall gut, aber Sie werden garantiert angemacht. Jeder zweite Bergführer kehrt nach der Tour mit seinen Gästen dort ein. Nach einer Stunde sind alle besoffen, und nach einer Bergtour fühlen sich die Touristen sowieso wie die Größten und wollen jedem Mädel unter den Rock fassen.« Felderer grinste. »Ich finde, nichts ist schlimmer, als im Urlaub von den eigenen Landsleuten angepöbelt zu werden. Da möchte ich mich für die Südtiroler verbürgen. Sie vertragen ihren Roten besser, und sie sind charmanter.«
»Sind Sie sicher?«, meinte Lissie anzüglich. »Außerdem, ich war heute Nachmittag bereits in einer Weinstube in den Lauben. Renzinger hieß die, glaube ich. Kein Mensch hat mich angequatscht.«
Felderer lehnte sich zurück und nickte. »Die Renzinger Weinstube wäre auch meine Empfehlung. Klar, im Hotel Felderer würde Ihnen der Speck noch viel besser schmecken, weil er Ihnen von mir persönlich serviert wird.« Lissie verdrehte die Augen, und Karl Felderer, der diese Reaktion erwartet hatte, feixte. »Warum ich Ihnen die Renzinger Weinstube besonders ans Herz lege, hängt mit der Katie Renzinger zusammen. Wenn Sie von einer Dicken bedient worden sind, dann war sie das.«
Lissie nickte. Sie hatte sich gewundert, dass es die Wirtin angesichts ihrer Leibesfülle überhaupt geschafft hatte, sich durch die Tür zu zwängen, um zu ihr nach draußen zu gelangen. Die Frau war mehr als wortkarg gewesen. Das »Grüß Gott« sowie das »Was darf ich Ihnen bringen?« entfielen ersatzlos. Die Frau baute sich einfach in ihrer ganzen Fülle vor ihr auf und wartete wortlos auf ihre Bestellung. Als Lissie ihre Wünsche geäußert hatte, bewegten sich die Doppelkinne der Frau nach unten, um ein Nicken anzudeuten. Danach war der Fleischberg, dessen Alter unmöglich einzuschätzen war, weggewabbelt. Hinter dem Tresen hatte sich ein älterer Mann an den Gläsern und Flaschen zu schaffen gemacht.
»Das war ihr Bruder, der Ludwig«, erklärte Karl Felderer. »Keiner von beiden war jemals verheiratet. Sie wohnen immer noch zusammen in der Wohnung über der Weinstube. Die Katie verlässt das Haus so gut wie nie. Die Einkäufe und andere Erledigungen, das macht alles der Ludwig. Die Katie mag keine Männer, das ist stadtbekannt. Vermutlich auch ihren Bruder nicht. Der ist halt da, mit seiner Anwesenheit hat sie sich wahrscheinlich abgefunden.«
Felderer deutete eine Kopfbewegung in Lissies Richtung an und setzte ein einschmeichelndes Lächeln auf. »Und über so hübsche weibliche Gäste wie Sie wacht sie. In ihrer Weinstube traut sich keiner, eine Frau anzusprechen, die allein am Tisch sitzt. Wer das probiert, kriegt sofort Lokalverbot für drei Monate. Mich selber hat’s auch erwischt, erst gestern hatte ich dort meinen ersten Schoppen nach der Auszeit.« Er grinste etwas schief und lehnte sich zurück.
»Und jetzt noch die kurze Negativliste.« Plötzlich schaute er missmutig drein. »Gehen Sie mir bloß auf keinen Fall ins Malzcafé, das ist eine üble Kaschemme in Steinach, proppenvoll mit Jugendlichen, die keinen Alkohol vertragen. Da müssen Sie Angst haben, dass Ihnen einer von denen auf den Rock speit. Oder im Vollrausch um den Hals fällt.« Felderer feixte, doch dann gewann sein Ärger die Oberhand. »Und der Wirt hat eine Schraube locker, außerdem ist er penetrant. Immer wieder fragt der bei mir an, ob ich ihm einen Kellner ausborge. Wie ein kaputter Plattenspieler. Ich hab ihm schon hundert
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