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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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gekommen war, schrie sie hell auf und fasste zwischen ihre Beine. Mit ein paar schnellen Schritten war Lissie bei ihr. Sie sah sofort, dass Louisas Oberschenkel vollkommen durchnässt waren. Das Kind hatte offenbar keine Lust mehr, zwei Wochen zu warten. Die Fruchtblase war geplatzt. Vielleicht war die ganze Aufregung auch zu viel für die Hochschwangere gewesen.
    »Louisa, setz dich auf den Boden.« Lissie stützte sie, damit sie sanft auf dem Teppich zu liegen kam.
    »Ganz ruhig. Ich ruf den Krankenwagen«, sagte sie besänftigend und griff nach ihrem Telefon. Doch Louisa schüttelte vehement den Kopf, ihr Gesicht war schmerzverzerrt.
    »Nein, auf keinen Fall«, stöhnte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich will meine Hausgeburt, wie geplant! Ich geh nicht in ein Krankenhaus, mit all diesen Viren und Keimen! Bitte, Lissie, ruf die Hebamme an, der Zettel mit ihrer Handynummer ist auf Karls Schreibtisch. Sein Zimmer ist direkt neben meinem!«
    Als Lissie noch unschlüssig dastand, setzte Louisa hinzu: »Das Kind liegt prima, mach dir keine Sorgen!«
    Lissie tat einen tiefen Atemzug. Manche Leute hatten Probleme, echt. Hausgeburt, so ein Blödsinn. Aber gut.
    Sie griff sich Louisas Chipkarte zum Privattrakt und rannte über die Flure. Im Arbeitszimmer des Toten angekommen, registrierte sie mit aufflackerndem Interesse den antiken Louis- XI. -Schreibtisch mit zahlreichen verheißungsvollen Schubladen. Was war Karl Felderer eigentlich für ein Mensch gewesen? Später. Auf der grünen Ledereinlage lag ein Zettel mit einem Namen und einer Telefonnummer. Das musste die Hebamme sein.
    * * *
    Lissie stand auf dem Flur und schlenkerte unschlüssig mit den Armen. Sie hatte der Hebamme gerade geholfen, Schüsseln mit heißem Wasser ins Schlafzimmer zu schleppen, das die Frau mit schnellen, effizienten Bewegungen in eine provisorische Geburtsstation umgewandelt hatte. Was für eine altmodische und riskante Art, zu gebären, dachte Lissie. Falls sie je in die Lage gekommen wäre, ein Kind zur Welt zu bringen, wäre das jedenfalls auf dem neuesten Stand von Technik und Medizin vonstattengegangen. So viel war mal klar.
    Sie zuckte die Schultern. Nicht ihr Problem. Die Hebamme hatte das Kommando an sich gerissen und Lissie vor die Tür gesetzt. Aus dem Schlafzimmer war ihr Befehlston und rasselndes Atmen und Stöhnen zu hören. Lissie verzog das Gesicht. Igitt. Sie brauchte jetzt dringend eine männliche Atmosphäre als Kontrapunkt zu diesen Gebärgeräuschen.
    Als sie die Tür zu Karl Felderers Büro hinter sich zugezogen hatte, merkte sie, wie gut der Raum isoliert war. Von Louisa und den Kommandos der Hebamme war nichts mehr zu hören. Lissie setzte sich hinter den Schreibtisch. Sie liebte solche antiken Möbel mit vielen Schubladen, der Verheißung von Geheimfächern und dem Geruch nach altem Holz und Möbelpolitur.
    Es gab kein Geheimfach. Jedenfalls fand sie keins. Der Kalender lag ganz offen in der obersten Schublade, zusammen mit Felderers anderen Terminkalendern der letzten Jahre. Als sie sah, was ihr da in die Hände gefallen war, musste Lissie an Poes Geschichte vom entwendeten Brief denken, ihrer Meinung nach die beste Detektivgeschichte, die es gab. Das effektivste Versteck überhaupt ist – gar keins. Die Kalender waren schmucklose schwarze Bücher mit der Jahreszahl in goldenen Lettern vorne auf dem Ledereinband. Das Buch war äußerlich genau so ein Kalender, mit der Jahreszahl 2001 drauf. Nur dass in diesem Band keine Geschäftstermine eingetragen waren.
    Lissie hatte diesen Band aus purem Zufall aufgeschlagen. Na ja, nicht ganz. Er hatte abgegriffener ausgesehen als die anderen, und Lissie hatte sich unwillkürlich gefragt, ob 2001 ein außergewöhnliches Geschäftsjahr für die Felderers gewesen war.
    Im Januar gab es aber erst mal überhaupt keine Einträge. Neugierig blätterte Lissie weiter und stoppte beim 8. Februar. Auf dieser Kalenderseite hatte Karl Felderer seinen ersten Eintrag gemacht.
    Lissie brauchte ein paar Minuten, um zu begreifen, was sie da las.
    »Wie fühlt es sich an, wenn du glaubst, gleich sterben zu müssen?«, stand da in gestochen scharfer Füllerschrift mit schönen Ober- und Unterlängen. »Meiner persönlichen Statistik zufolge sind es ganz schön viele, die eines Tages völlig überraschend mit diesem Gefühl konfrontiert werden. Für einige bekommt der Moment der Wahrheit eine endgültige Bedeutung. Bei anderen verblasst die Antwort auf diese Frage wie eine alte Narbe immer

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