Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman
Commissario hielt seinen Kopf auf leicht unterwürfige Art geneigt und rang sich ein Lächeln ab. Hoffentlich überzog er die Vorstellung nicht. Er schielte zu dem Alten hinüber. Nein, keine Gefahr.
Wenn Lissie ihn so sehen würde! Pavarotti ging es plötzlich total gegen den Strich, sich für diesen dürren alten Pfau so ins Zeug zu legen. Am liebsten hätte er stattdessen mit der Faust auf den krummbeinigen Empiretisch gehauen, dass es nur so schepperte, und ein paar beinharte Fragetechniken zum Einsatz gebracht. Doch er wollte Topolini senior in Sicherheit wiegen und ihn an seiner Eitelkeit packen. Der Alte musste aus seiner Deckung kommen, und sei es nur für ein paar entscheidende Minuten. Und Pavarotti hatte noch nicht einmal gelogen. Er brauchte dringend mehr Informationen über Karl Felderer und seine Familie. Geschäftliche, aber vor allem persönliche.
»Natürlich, natürlich. Wie dumm von mir.« Salvatore Topolini schlug die Beine übereinander und brachte die Bügelfalte seiner Hose in die korrekte Position. Italienischer Stoff. Maßanfertigung. Was sonst. »Ihr Vertrauen ehrt mich. Umso untröstlicher bin ich, dass ich zu Ihrer Ermittlung kaum etwas beitragen kann.« Hilflos wegen seiner eigenen Unwissenheit und so unglücklich, weil er nicht helfen konnte, warf der Italiener die Arme in die Luft. Io desolanto. Sfortunatamente, purtroppo.
Derweil rutschte sein Nachkömmling permanent auf seinem Sessel hin und her. Ob Claudio das dramatische Getue seines Vaters gegen den Strich ging oder ob er nicht damit einverstanden war, dass sein Vater das Blaue vom Himmel herunterlog, ließ sich nicht feststellen.
Der Alte fing schließlich an, den Arm seines Sohnes zu tätscheln, als ob er einen kleinen Hengst beruhigen wollte. »Ich habe Karl Felderer nur zwei Mal persönlich getroffen. Das erste Mal war sein Vater mit ihm bei uns in Mailand, um den Kontakt herzustellen. Und danach haben wir eine unserer Fabriken in Mailand besichtigt, ihm unsere Ware gezeigt und die vertraglichen Einzelheiten verhandelt. Das war’s auch schon. Heute Morgen sollten die Verträge unterzeichnet werden.« Tätschel.
Pavarotti horchte auf. »Wie kam es, dass Emil Felderer den Kontakt hergestellt hat?«
Salvatore Topolini zauderte, merkte aber schnell, dass er nicht mehr zurückkonnte. »Nun, Emil Felderer ist ein Bekannter aus meiner Sturm-und-Drang-Zeit«, grinste der Italiener. »Damals waren wir jung. Aaaahhh …« Der Alte wollte offenbar wieder das Frauenthema bemühen, merkte aber nach einem Blick auf Pavarotti, dass die Nummer nicht ziehen würde. Er räusperte sich. »Nun …«
»Wann genau haben Sie Emil Felderer kennengelernt?«
»Das dürfte Anfang der Sechziger gewesen sein«, antwortete Topolini zögernd.
Pavarotti setzte nach. »Das ist doch sehr ungewöhnlich, oder nicht, Signore Topolini? Da sind wir doch einer Meinung? Südtiroler und Italiener standen in diesen Jahren doch wohl kaum auf gutem Fuß miteinander! Damals waren die Anschläge in Südtirol in vollem Gange. Also noch mal: Wie kam es zu Ihrer Bekanntschaft?«
Salvatore Topolini blickte zur Seite. Pavarotti fluchte innerlich. Mist. Dieser Pfau schickte sich an, den Kopf unter den Flügel zu stecken. Er hätte konsequent bei seiner Komödie bleiben sollen. Es hätte ihm klar sein müssen, dass Topolini nach ein paar harten Fragen wieder misstrauisch werden würde.
»Ich möchte hierzu nichts mehr sagen. Befragen Sie dazu bitte Emil Felderer«, sagte der Alte kalt. »Das ist allein seine Angelegenheit. Ich bin nicht befugt, Details aus seiner Vergangenheit preiszugeben.«
Pavarotti wusste, wann er sich geschlagen geben musste. Er neigte verständnisvoll den Kopf und breitete die Arme mit den Handflächen nach oben aus. » Si, si, naturalmente. Certo che capisco! Kein Problem, ich frage den Signore Felderer direkt. Auf diese Art ist es natürlich viel besser. Aber vielleicht können Sie meine Neugier in einer anderen Sache befriedigen?«
»Und die wäre?« Topolinis Tonfall war jetzt alles andere als freundlich.
»Wie geht es jetzt nach dem Tod Ihres Verhandlungspartners mit Ihren geschäftlichen Interessen in Meran weiter?«
Der Alte blickte Pavarotti mit dem Ausdruck tiefster Verachtung an. »Was für eine Frage, Commissario. Erst einmal muss geklärt sein, wie die Besitzverhältnisse in der Gruppe jetzt aussehen, nachdem Karl tot ist. Ich weiß nicht, wer im Moment Handlungsvollmacht für unsere Geschäftsbeziehung hat. Außerdem werde ich
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