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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Stirn. «Ich kann Ihnen nicht
ganz folgen, Baron.»
    «Für Sie
ist der Mann entweder ein Mörder oder ein Totschläger.
Etwas anderes kennen Sie nicht.» Der Polizei-Präsident
wickelte ein Stück Trüffelkrokant aus und ließ es
in seinem Mund verschwinden. «Was aber», fuhr er fort,
«wenn ihm Stimmen befohlen haben, diese Frau zu
töten und ihr die Leber zu entfernen? Hat der Mann dann einen
Mord begangen?» Spaur beugte sich über den Tisch und sah
Tron eindringlich an. «Was ist, wenn dieser Mann schlicht und
einfach verrückt ist? Wenn er in eine
Anstalt gehört und nicht an den Galgen?»
    «Das sind
medizinische Fragen, Baron.»
    «Nicht ganz,
Commissario.»
    «Inwiefern?»
    Spaur setzte ein
überlegenes Lächeln auf. «Würden Sie sagen,
dass solch ein Mann zurechnungsfähig ist?»
    Tron versuchte, den
einfältigen Gesichtsausdruck des Kaisers nachzuahmen, der
hinter dem Polizeipräsidenten an der Wand hing. Je
unzurechnungsfähiger er jetzt aussah, desto besser. «Ich
weiß es nicht», sagte er. «Möglicherweise
nicht.»
    Spaur stopfte sich ein
weiteres Praline in den Mund und spülte mit Kaffee nach.
«Nun, dann sage ich es Ihnen. Solch ein Mann
ist nicht zurechnungsfähig. Ich nehme
an, Sie wissen, was das bedeutet.»
    «Für
juristische Fragen sind die Gerichte zuständig. Meine Aufgabe
besteht darin, den Mörder zu stellen.»
    Spaur verdrehte die
Augen. «Sie sollten Ihre Worte ein wenig sorgfältiger
wählen, Commissario. Dass wir es mit einem Mörder zu tun
haben, bezweifle ich.»
    «Sie meinen
...»
    «Dass es sich
hier nicht um einen Mord handelt», sagte Spaur. «Hier
war eindeutig ein Wahnsinniger am Werk. Jemand,
der     
    Operationen vornimmt.»
Spaurs rechte Hand klatschte auf die Fotografien herab. «Und
ein Wahnsinniger ist nicht schuldfähig.»
    Na, endlich. Tron
atmete erleichtert aus. Da war das zweite Wort, auf das er gewartet
hatte. Nicht
schuldfähig.
    «Ist Ihnen klar,
was das bedeutet, Commissario?» Spaur warf einen freudigen
Blick auf die Fotografien. Tron vermutete, dass ihm der
Polizeipräsident gleich ein Praliné anbieten
würde.
    «Jedenfalls
bedeutet es keinen praktischen Unterschied für unsere
Arbeit», sagte Tron. «Auch einen Wahnsinnigen
müssen wir so schnell wie möglich aus dem Verkehr ziehen.
Was nach seiner Verhaftung mit ihm geschieht, ist Sache der
Gerichte.»
    «Die zweifellos
auf schuldunfähig erkennen werden, wenn sie diese Fotografien
sehen. Folglich war es kein Mord, und die ganze Angelegenheit war
nichts anderes als ein ...» Spaur brach den Satz ab. Offenbar
fiel ihm kein passender Vergleich ein.
    Tron kam dem
Polizeipräsidenten zu Hilfe. «Ein Unfall?», schlug
er zaghaft vor. «So wie ein tödlicher Sturz von der
Leiter? Oder ein herabfallender Dachziegel?»
    Spaurs Augen
leuchteten. «Ein Unfall! Genau, Commissario. Und das sollten
Sie in Ihrem Bericht deutlich zum Ausdruck bringen. Führen Sie
den Vergleich mit dem herabstürzenden Dachziegel an.»
Spaur durchwühlte seine Bonbonniere, und schließlich
hatte er gefunden, wonach er suchte. Er reichte ein grün
eingewickeltes Konfektstück über den Tisch und setzte ein
großzügiges Lächeln auf. «Möchten Sie
ein Praliné, Commissario?»
    Es handelte sich um
ein Stück Nougatkonfekt. Spaur konnte Nougat nicht ausstehen.
Gerade wollte sich Tron für das Praliné bedanken, als
es klopfte, die Tür aufging und Sergeant Kranzler das
Büro betrat. Er salutierte, näherte sich mit schnellen
Schritten Spaurs Schreibtisch, legte einen Zettel vor Spaur hin und
verschwand wieder.
    Spaur nahm die Notiz,
überflog sie und runzelte die Stirn. Dann sagte er: «Sie
haben Besuch, Commissario.»
    Tron sah Spaur fragend
an.
    «Ihr Freund
Stumm von Bordwehr wartet in Ihrem Büro auf
Sie.»
    «Und was will
er?»
    Wieder konsultierte
Spaur den Zettel, den ihm Sergeant Kranzler gebracht hatte. Dann
hob er den Kopf und sagte: «Angeblich weiß er, wer die
Frau in der Gondel getötet hat.»

13
      Tron bezweifelte, dass er den
Oberst erkannt hätte, wenn sie sich auf der Straße
begegnet wären. Der Unterschied zwischen dem aggressiven
Zivilisten, dem er vorgestern einen Tritt auf die Nase verpasst
hatte, und dem höflichen Offizier, der sich nun, als Tron und
Bossi das Büro betraten, verbindlich erhob, war kolossal:
Anstelle des Gehrockes trug Stumm von Bordwehr heute eine
gutgeschnittene Uniform, die seine kräftige Gestalt und seine
breiten Schultern betonte. Der Verband, der sich quer über
seine Nase zog,

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