Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
schläft, wenn die andere einen Jungen bei sich hat und so, aber ich bin … Es war einfacher so.«
»Privater?«, fragte Tarlo mit einem mitfühlenden Lächeln.
»Ja«, bestätigte sie eifrig. »Ich bin ein wenig konservativ, schätze ich. Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hat, dass meine Freundinnen wissen, wenn ich mit einem Jungen zusammen bin, aber die Wände hier in diesem Cottage sind wirklich dünn. Ich bin auf Solidade aufgewachsen. Dort gibt es nur meine Familie und sonst nichts.« Sie hob den Kopf und sah die beiden Ermittler niedergeschlagen an. »Sie müssen mich für ein reiches, dummes Ding halten, das nichts über die wirkliche Welt da draußen weiß. Niemand sonst würde sich dermaßen leichtgläubig verhalten.«
»Nein«, widersprach ihr Renne. »Sie waren nicht leichtgläubig. Es war keine billige Masche, wie sie Betrüger anwenden. Sie hätten Ihnen das authentische Absender-Zertifikat der Unisphäre so oder so entrissen, ganz gleich, was Sie getan hätten.«
Erneut traten ihr die Tränen in die Augen. »Aber ich kann mich an nichts erinnern ! Und jetzt denkt das gesamte Commonwealth, ich hätte die Propaganda der Guardians verbreitet!«
»Bis morgen hat das Commonwealth es längst wieder vergessen. Ihre Familie wird dafür sorgen, dass die Nachrichtenmedien Ihren Namen nicht mehr erwähnen. Normalerweise würde ich mich über den ungebührlichen Einfluss auf die Medien beschweren, doch in diesem Fall muss ich zugeben, dass es auch seine Vorteile hat.«
April nickte zögernd. »Was ist eigentlich passiert?«, fragte sie heiser. »Die Sicherheitsleute der Familie sagen, sie wüssten es nicht, aber ich bin sicher, man hat ihnen befohlen, genau das zu sagen. Bitte verraten Sie es mir.« Sie blickte von Tarlo zu Renne. »Bitte! Ich muss es wissen! Ich weiß nicht einmal, wann es passiert ist. Das ist so schrecklich! Es ist mir egal, wie schlimm es ist, aber ich muss es wissen!«
»Es ist wahrscheinlich zwei Nächte vor ihrer Abreise passiert«, sagte Tarlo. Renne warf ihm einen wütenden Blick zu, doch er zuckte nur mit den Schultern. »Ein Teil ihrer typischen Vorgehensweise besteht darin, Sie jede Nacht betrunken oder high zu machen, sodass Sie am nächsten Morgen benommen aufwachen. Damit Sie nicht merken, wenn sie den nächsten Schritt unternehmen.«
April Halgarth runzelte die Stirn und blickte gedankenverloren nach draußen aufs Meer. »Ich erinnere mich nicht. Ich erinnere mich wirklich nicht. Ich würde gerne sagen, dass ich an jenem Morgen benommener war als üblich, aber ich erinnere mich beim besten Willen nicht.« Sie sah zu Tarlo. »Was ist mit mir passiert?«
»Wahrscheinlich hat man Ihnen ein Antronoin oder etwas Ähnliches verabreicht. Vermutlich hat man es in einen Drink gemischt. Sie haben nicht gemerkt, was um Sie herum passiert ist. Es ist, als wäre man stockbetrunken, nur dass man vollkommen offen ist für Suggestion. Man wird einen Interface-Scanner benutzt haben, um in Verbindung mit einem Hacker-Programm Ihre Implantate zu bearbeiten. Es hat nicht mehr als ein paar Minuten gedauert. Und anschließend hat man Ihre Erinnerung editiert.«
»Meine Erinnerung editiert …« April fuhr sich mit den Händen durch die Haare. »Wie Sie das sagen, klingt es ganz klinisch; aber sie haben mir ein Stück meines Lebens gestohlen! Ich hatte ja keine Ahnung, dass das so einfach möglich ist!«
»Die Technologie ist altbekannt und ausgereift«, erklärte Renne. »Einige der Verbesserungen stammen nicht einmal aus den Forschungslabors der Konzerne. Es ist das erste, was Kriminelle tun, nachdem sie ein Verbrechen begangen haben. Sie löschen jegliche Erinnerung an die Vorgänge aus ihrem Gedächtnis. Hinterher wissen sie nicht einmal mehr, was sie getan haben – was ziemlich merkwürdig sein muss –, aber auf diese Weise können wir nicht ihr Gedächtnis anzapfen und die Erinnerungen vor Gericht als Beweismittel gegen sie verwenden.«
»Wissen Sie, diese Vorstellung hasse ich mehr als alles andere, mehr als die Tatsache, dass ich verführt und übertölpelt wurde oder dass mein Zertifikat missbraucht worden sind. Sie hätten alles, wirklich alles mit mir machen können, und ich werde es niemals wissen. Ich kann es einfach nicht glauben, dass meine Erinnerung weg ist!«
»Wir müssen ein paar Tests mit Ihnen durchführen«, sagte Renne. »Unser forensisches Team wird ein paar Blutproben nehmen. Angesichts der Tatsache, dass dies alles erst ein paar Tage zurückliegt, werden wir
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