Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
den Beinen, zu der der erste der beiden üblicherweise aufstand. Die Nachtschicht hatte den Befehl, Paula zu wecken, sobald etwas Ungewöhnliches geschah.
Maggie ging zu Paula, um sie nach der verschlüsselten Nachricht zu fragen.
»Sie kam von einer Einmal-Adresse in der Unisphäre«, sagte Paula. »Die Software-Forensik des Direktorats hat den Einspeisungspunkt bis zu einem öffentlichen Nodus in der Cybersphäre von Dampier zurückverfolgt. Tarlo spricht gegenwärtig mit der einheimischen Polizei wegen einer Überprüfung, doch ich erwarte keine Wunder.«
»Sie können eine Einmal-Adresse zurückverfolgen?«, fragte Maggie überrascht. Sie hatte immer geglaubt, das sei unmöglich.
»Bis zu einem gewissen Grad, ja; aber es hilft uns nicht weiter. Die Nachricht wurde mit Verzögerung abgeschickt. Wer auch immer sie geschickt hat, er war längst in Sicherheit, als sie hier eintraf.«
»Können wir die Verschlüsselung der Nachricht brechen?«, fragte Maggie.
»Nein, im Prinzip nicht. Der Sender hat eine nichtlineare geometrische Verschlüsselung gewählt. Ich habe einen dementsprechenden Antrag bei der SI gestellt, doch die haben gesagt, dass sie nicht über die erforderlichen Ressourcen verfügen würden, um die Nachricht für mich zu entschlüsseln.«
»Sie haben mit der SI gesprochen?«, fragte Maggie. Das war beeindruckend. Die Sentient Intelligence besaß normalerweise kein Interface, um mit Menschen zu kommunizieren.
»Ja.«
Das war alles, was Paula dazu sagte.
»Oh«, sagte Maggie. »Richtig.«
»Es war nur eine kurze Nachricht«, erklärte Paula. »Was den möglichen Inhalt beschränkt. Meiner Meinung nach handelte es sich entweder um eine Warnung oder um den Befehl, weiterzumachen oder aufzuhören.«
»Wir haben keine undichte Stelle«, sagte Maggie. »Ich bin ganz sicher, dass wir keine haben. Und wir wurden auch noch nicht von den Verdächtigen bemerkt.«
»Ich weiß. Allein der Ursprung schließt jedes Leck durch einen Ihrer Beamten aus.«
»Die Sozialistische Partei besitzt eine Reihe von guten Cyberheads. Vielleicht ist denen aufgefallen, dass unsere Überwachungsprogramme Murphys E-Butler beschatten?«
Paula Myo rieb sich so hart mit der Hand über die Stirn, dass sich Falten bildeten. »Möglich«, räumte sie ein. »Obwohl ich auch noch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen muss.«
»Und welche wären das?«, hakte Maggie nach.
»Sorry. Vertraulich«, erwiderte Paula. Sie mochte müde sein, doch sie war noch lange nicht so müde, dass sie unbedacht jemand anderem ihre Sorgen anvertraut hätte. Wenn Maggie ein halbwegs vernünftiger Detective war, sollte sie ohnehin imstande sein, die Frage selbst zu beantworten.
Wie Mares gesagt hatte, hundertvierunddreißig Jahre ohne Verhaftung waren eine unbehaglich lange Zeit. Es war eine unwahrscheinlich lange Zeit angesichts der Ressourcen, auf die Paula Myo in ihrem Kampf gegen Bradley Johansson zurückgreifen konnte. Irgendjemand musste Bradley und seinen Kumpanen im Verlauf der Jahrzehnte mächtig zu Hilfe gekommen sein. Nur wenige Menschen wussten, was Paula tagein, tagaus machte, also musste es sich logischerweise um jemanden von außerhalb des Direktorats handeln. Und doch … die Administration hatte siebzehn Mal gewechselt, seit man ihr die Leitung des Falles übertragen hatte. Es war unmöglich, dass sich in sämtlichen Administrationen heimliche Sympathisanten von Johansson versteckt hatten. Damit blieb im Grunde genommen das weit schwammigere Feld der Großen Familien und der Intersolaren Dynastien, die Art von Macht hinter der Macht, die es immer schon gegeben hatte und immer geben würde.
Paula hatte alles in ihrer Macht Stehende unternommen: Sie hatte Fallen gestellt, Hinterhalte, die zur Identifikation des Verräters führen sollten, absichtlich gezielte Falschinformationen nach außen sickern lassen, hatte inoffizielle Kommunikationskanäle erschaffen, sich selbst ein ausgedehntes Netzwerk durch sämtliche politischen Klassen hindurch geflochten und sich Verbündete im Herzen der Commonwealth-Regierung herangezüchtet – alles bisher nur mit minimalen Ergebnissen. Das machte ihr jedoch nicht soviel zu schaffen. Sie hatte Vertrauen in ihre Fähigkeit, den Fall irgendwann zu einem Abschluss bringen zu können. Was sie jedoch mit mehr Besorgnis erfüllte, war die Frage, aus welchem Grund irgendjemand, ganz zu schweigen jemand mit wahrem Reichtum und echter Macht, einen Terroristen wie Bradley Johansson schützen
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