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Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora

Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora

Titel: Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Die Flügel fuhren ein wenig weiter aus und veränderten den Anstellwinkel, um den Auftrieb zu vergrößern. Endlich, nachdem sie vom Boden abgehoben hatte, verebbten die furchtbaren dumpfen Vibrationen – ohne jedoch ganz aufzuhören. Doch jetzt musste sie nur noch mit dem furchtbaren Tosen des Sturms kämpfen, dessen Geschwindigkeit inzwischen auf über zweihundert Stundenkilometer angewachsen war.
    An diesem Punkt war der Hyperglider nichts anderes als ein riesiger Drache. Mit äußerster Vorsicht spulte Justine die hinteren Halteleinen noch weiter ab. Der Hyperglider erhob sich begierig weiter vom Boden. Nach zwei Minuten hatte sie eine Höhe von hundert Metern erreicht. Sie war dankbar dafür, dass sie den Boden nicht sehen konnte. Nebelschwaden jagten so schnell an ihr vorbei, dass sie alles verschwimmen ließen, was weiter als zwanzig oder dreißig Meter vom Cockpit entfernt geschah. Regentropfen, die gegen die transparente Kanzel geschleudert wurden, zerplatzten und wurden augenblicklich weggerissen. Die Kanzel blieb dank der irrsinnigen Windgeschwindigkeiten frei. Justine spannte ununterbrochen die Flügel nach, um die Turbulenzen zu kompensieren, während sie die Leine erneut weiter abspulte.
    Fünfundzwanzig Minuten, nachdem sie den Boden verlassen hatte, war sie vierzehnhundert Meter hoch. Es war ein vorsichtiger Aufstieg gewesen, doch die beiden Halteleinen schwangen mit einer Resonanz, die ihre Zähne klappern ließ. Justine konfigurierte den Plyplastik-Hyperglider für den Freiflug. Die Flügel fuhren noch weiter aus, bis zu ihrer vollen Spannweite von einhundertzehn Metern, wobei sie eine geschwungene Sichelform annahmen. Von oben betrachtet sah das Fluggerät jetzt aus wie eine gewaltige Krummsäbelklinge, mit der Wölbung des Cockpits genau im Scheitelpunkt. Hinter ihr bildete das Heck eine große vertikale, dreieckige Stabilisierungsflosse, deren Spitzen sich minimal bewegten, um den Flieger exakt in der Strömung zu halten.
    Justine erreichte fünfzehnhundert Meter über dem Boden. Die Flügel krümmten sich ein wenig über die Länge hinweg und präsentierten dem Wind das effektivste Auftriebsprofil. Justine warf einen Blick auf die Kontrollen und konnte fast nicht glauben, was sie dort sah. Die Sicherheitstoleranz der Halteleinen war fast erreicht.
    Sie atmete einmal tief durch, während rings um sie herum die ungebändigten Elemente tosten. Wenn sie jetzt den Mut aufbrachte, konnte das der Ritt ihres Lebens werden. Wenn … Sie dachte an all die Jahre zurück, die sie durchlebt hatte. Von diesem fremdartigen Punkt aus erschienen sie ihr plötzlich alle so schmerzlich gleich, so unendlich langweilig.
    Ein virtueller Finger griff nach vorn und berührte fast zögernd das Icon, das den Ausklinkmechanismus aktivierte.
    Die Beschleunigung rammte Justine in ihren Sitz, als der Hyperglider frei kam, und brachte das Gewicht zurück, das sie seit ihrer Ankunft auf Far Away nicht mehr gespürt hatte. Das Fluggerät jagte mit zweihundert Stundenkilometern auf die fast senkrechte Wand am Ende des Stakeout Canyon zu. Es brach nach Steuerbord aus und sank tiefer. Justine drehte den Joystick, um die Bewegung zu kompensieren – nicht schnell, sondern langsam und kontrolliert – und die Flügel dem Luftstrom anzupassen. Die Reaktion erfolgte erstaunlich schnell, und das Fluggerät wurde weiter nach oben gerissen. Dann geriet sie fast in eine Spirale und musste die Stabilisierungsflossen benutzen, um dagegen anzusteuern.
    Sie brauchte in jedem Augenblick ihre volle Konzentration, nur um den Hyperglider ungefähr gerade zu halten. Es war nicht nur der formlose Wolkendunst, der sie von der Außenwelt abschnitt. Ihre gesamte Aufmerksamkeit war auf den Höhenmesser und das Radar gerichtet. Je schmaler der Trichter des Stakeout Canyons wurde, desto genauer musste sie sich in der Mitte halten, und je weiter sie vom Sturm hineingetrieben wurde, desto näher kamen die Felswände, desto steiler wurden sie, und desto wilder wurde der Sturm. Ständig peitschten Turbulenzen auf das kleine Fluggerät ein und versuchten, es zum Trudeln zu bringen oder nach rechts oder links zu drücken.
    Justine hatte über ihrem hektischen, wilden Kampf um die Kontrolle über den Hyperglider jegliches Zeitgefühl verloren. Wenn sie zu hoch kam, würden die massiven Oberströmungen den Gleiter über die Seitenwände des Canyons tragen, wo sie zur Seite hin ausbrachen und die Luft sich ausdehnte, um dem eskalierenden Druck der Bergwände zu

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