Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
District zufrieden geben. Der lag lediglich sechzehn Kilometer landeinwärts, doch das bedeutete zugleich, dass er sich unbehaglich nah am Port Klye Sector befand, wo einer der Cluster von Kernkraftwerken stand, die New Costa mit Energie versorgten.
Mark öffnete das Seitenfenster seines Ford Summer, als der Wagen vom Highway ab und in die Howell Avenue einbog, die sich durch die Northumberland Hills wand. Es war ein Viertel, in dem bevorzugt höheres Management wohnte: lange, saubere Boulevards, gesäumt von hohen Bäumen, mit Toren vor Auffahrten zu großen Häusern auf hübschen grünen Grundstücken, umgeben von hohen Mauern. Diese Abgeschiedenheit lag nicht daran, dass es Kriminalität auf Augusta gegeben hätte – zumindest keine, die nicht mit den Konzernen in Verbindung stand -; die Gutsituierten genossen einfach das Gefühl vom Rest der Megacity physisch getrennt zu sein. Die Sonne stand bereits tief am Himmel, und ihr Licht glänzte auf den Gebäuden und Bürgersteigen und erzeugte eine dunstige, leuchtende Aura über allem. Mark atmete in der warmen, trockenen Luft tief durch in dem Versuch, sich ein wenig zu entspannen. Wie immer, wenn die winzige blau-weiße Sonne dem Horizont entgegen sank, kam ein warmer El Iopi Wind auf, der aus der südlichen Wüste in Richtung Meer wehte und die tägliche Luftverschmutzung zusammen mit der Feuchtigkeit mit sich riss und nichts als den Duft der Blüten von den Bäumen und Büschen am Straßenrand zurückließ.
Während seiner Kindheit hatten Marks Eltern ihn und seine Geschwister mehrmals nach draußen in die Wüste mitgenommen, wo sie lange Wochenenden in Oasen-Resorts verbracht hatten. Mark hatte die Umgebung genossen, die endlosen Meilen aus Feuersteingeröll und Sand, in denen lediglich einige wenige einheimische, zähe, dornige Pflanzen gediehen und für den einen oder anderen Farbtupfer in der ansonsten öden Landschaft sorgten.
Es war eine Abwechslung von der Megacity, die einzige, die er je gekannt hatte. Der Rest von Sineba war keinen Besuch wert. Der Teil des Kontinents, der nicht aus Wüste bestand, war längst untergepflügt worden. Gigantische, mechanisierte Farmen hatten sich über die Prärien des Landes ausgedehnt, hatten einheimische Pflanzen und Wälder gerodet und sie durch gewaltige Felder mit ertragreichem GM-Saatgut ersetzt, deren Blätter vor Pestiziden geradezu überschäumten und deren Wurzeln angereichert waren mit Dünger. Die Farmen erzeugten einen konstanten Strom von billigem Getreide und anderen Nahrungsmitteln, der sich in die Maschinen der verarbeitenden Industrien am Rand der ehemaligen Prärien ergoss, um dort in fertig verpackte Convenience-Produkte verwandelt zu werden. Von dort aus gelangte die verarbeitete Nahrung zu den Bewohnern der Megacity und weiter durch die Gateways zu anderen Planeten. Die Erde war der größte Absatzmarkt.
Nachdem sich die Howell Avenue durch die Northumberland Hills geschlängelt hatte, öffnete sie sich nach Santa Hydra hinaus, einem breiten, flachen Landstrich, der bis zur Küste in fünfundzwanzig Kilometern Entfernung führte. Mark konnte in der Ferne den Cluster von Port Klye sehen, elf gewaltige Kernreaktoren aus Beton, die sich entlang der Küste erstreckten. Das Land ringsum war eine Ansammlung asphaltierter Plätze, wo nichts wuchs und wo sich nichts regte, eine meilenbreite Sicherheitszone, durch die die Kraftwerke von der Megacity getrennt waren, welche sie mit Strom versorgten. Reinweißer Dampf stieg aus den Kühltürmen auf und leuchtete golden-rosig in der Abendsonne. Mark konnte nicht anders – obwohl er wusste, dass die Dampfwolken nicht radioaktiv waren, starrte er sie immer wieder misstrauisch an. Die Ein- und Auslassventile des Kühlsystems befanden sich meilenweit draußen unter der Meeresoberfläche, um das Kontaminationsrisiko zu minimieren. Und trotzdem … Die Kraftwerke erregten Marks Unwillen immer und immer wieder.
Schlanke Pfeiler führten Supraleiterkabel in die Megacity, wobei sie den breiteren Straßen folgten, bevor sie abzweigten und sich in lokale Netze aufteilten. Andere, noch größere Pfeiler trugen Stromkabel die Küste entlang zu den Gießereien. Es war die schwerste Industrie, die das Land über dem Ozean bedeckte, große, dreckschleudernde Hochöfen, Verhüttungsanlagen und petrochemische Raffinerien, die das Seewasser als Kühlmittel und den Meeresboden als Müllhalde benutzten.
Die Howell Avenue beschrieb einen Bogen und verlief danach parallel zu
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