Commonwealth-Saga 2 - Die Boten des Unheils
halte dich zurück. Bleib ihnen aus dem Weg, klar?«
»Ich habe verstanden.«
»Ich hoffe es. Ich weiß, warum du hier bist, Ozzie. Ich habe es schon früher bei anderen Menschen beobachtet. Du denkst, du bist auf einer Mission, und das würde dich mehr oder weniger unverwundbar machen. Verdammt, vielleicht tut es das sogar, aber glaub mir: Morgen ist nicht der richtige Zeitpunkt, um es zu testen, kapiert? Ich weiß von deinen verrückten Ideen über die Silfen und ihre existentielle Art zu leben, aber morgen wird es nicht besser.«
»Ich werde vorsichtig sein; ich verspreche es dir. Ich habe schließlich das Kind und das Alien, auf die ich aufpassen muss.«
Sie wurden geweckt, als der erste magentafarbene Lichtschein der Morgendämmerung am Horizont erschien. Obwohl Ozzie zusammen mit zehn anderen Leuten in ein Zelt gepfercht war, hatte er es gerade noch geschafft, seinen Schlafsack zuzuziehen, bevor er in einen tiefen traumlosen Schlaf versunken war. Es war die erste Nacht seit ihrer Ankunft in der Eiszitadelle, in der er das allgegenwärtige rote Licht nicht hatte ertragen müssen.
Er aß gemeinsam mit Orion ein fertig verpacktes Frühstück, ohne auf die gereizten, spitzen Kommentare der anderen zu achten, die ihre Standardmahlzeit aus pürierten Kristallbaumfrüchten und gebratenem Icewhale-Speck verzehrten. Sie füllten ihre Thermoskannen mit kochendheißem Wasser und mischten in zwei davon Energiepulver und in die beiden anderen Suppenkonzentrat. Während der Rest der Leute nach draußen eilte, um die Silfen zu beobachten, die mit ihrer Jagd anfingen, packten Orion und Ozzie ihre Rucksäcke zum, wie sie hofften, letzten Mal auf dieser Welt.
Im Laufe der Nacht hatte es geschneit; die winzigen, dünnen Zirruswölkchen waren zu winzigen harten Eiskristallen kondensiert, die heruntergeschwebt waren und sich auf jede Oberfläche gelegt hatten. Orion und Ozzie wischten den Schnee von Tochees Außenzelt, dann schlugen sie die Klappe zurück und traten ein, während Ozzie ein ungutes Gefühl verdrängte angesichts dessen, was er vorfinden würde. Einen steif gefrorenen Leichnam? Doch die Wärmequader hatten ihren Dienst geleistet. Tochee winkte ihnen hinter der kristallenen Scheibe zu, offensichtlich unbeeindruckt angesichts der völlig allein verbrachten Nacht.
Sie standen neben dem Schlitten, ein wenig abseits von all den anderen, die rings um die Zelte herum aktiv geworden waren. Es war eine gute Stelle, um zu verfolgen, wie sich die Jagd im vor ihnen liegenden Land entwickelte. Ozzie erkannte nun auch den Grund, warum die Korrok-hi am Abend zuvor die Böschung hinaufgefahren waren, bevor sie Halt gemacht hatten. Hier oben waren sie in völliger Sicherheit vor dem gewalttätigen Geschehen.
Die Jagd heute würde sich über die Schluchten, Hügel und Felsenspitzen erstrecken, die vom Kraterrand bis ins Zentrum reichten. Die berittenen Silfen hatten sich in zwei Gruppen geteilt. Die erste bahnte sich einen Weg entlang der Reihe von Felsen in Richtung der Spitze der Landzunge, um dort einsam und allein Wache zu stehen. Nach vierzig Minuten hatte auch der letzte Reiter die Stelle erreicht. Eine Meile von ihnen entfernt, am Kraterrand, hatte die zweite Gruppe eine ähnliche Formation dort eingenommen, wo die Halbinsel auf das Festland traf.
Irgendjemand stieß in ein Horn, und der klare Ton hallte durch die eisige Nacht.
»Schützt eure Augen!«, rief Sara.
Ozzie und Orion wechselten einen Blick. Niemand hatte zuvor davon gesprochen. Rasch trat Ozzie vor die Kristallscheibe des Schlittens. Als er sich wieder zum Krater umwandte, zoomte er mit seinen Retinaimplantaten auf den am weitesten entfernten Reiter am Ende der Landzunge. Er saß auf seinem Reittier und hatte den Arm in einer klassischen Speerwerferhaltung nach hinten gebogen. Ozzie fand eben genügend Zeit, um seine Retinafilter zu aktivieren, als der Silfe auch schon seinen Speer schleuderte. Selbst bei maximaler Vergrößerung war die dünne silberne Stange kaum zu erkennen, die mit unglaublicher Geschwindigkeit durch die Luft zischte. Als er zu dem Silfen am Kraterrand sah, erkannte er, dass dieser seinen Speer ebenfalls geschleudert hatte.
»Was …?«
Auf dem Zenit ihrer Flugbahn entzündeten sich die Speere wie von Geisterhand und verwandelten sich in blendend helle Blitze. Weißes Licht zuckte über den Krater und strahlte die reglos wartenden Silfenreiter an. Das rote Sonnenlicht war für einen Augenblick vom Ort des Geschehens verbannt.
Die
Weitere Kostenlose Bücher