Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
worden, als Tridelta erst ein Viertel seiner jetzigen Bevölkerung gehabt hatte. Die Enge in den Waggons stellte inzwischen eine echte Gefahr für die Gesundheit dar. Nur die Armen und Touristen benutzten sie. Die Stadtverwaltung verlangte eine Summe von zweitausend Illuminatus-Pfund für eine Straßenlizenz, um die Menschen davon abzuhalten, mit dem Wagen in die Stadt zu fahren, und trotzdem stellte sie immer noch drei Millionen Lizenzen pro Jahr aus.
Acht Kilometer und dreiundzwanzig Minuten später hielt das Taxi vor dem Anau Tower, einem zylindrischen Wolkenkratzer mit zweihundertfünfzig Stockwerken. Die breiten metallisch-silbernen Fenster waren in einem Treppenmuster angeordnet, was den Eindruck erweckte, als wäre der Turm korkenzieherartig in sich selbst verdreht.
Adam nahm den Expresslift in den hundertfünfzigsten Stock hinauf, die Andockebene für Luftschiffe, und wechselte dann in einen lokalen Lift, um nach eins-sieben-acht zu gelangen. Die Bürosuite des Agenten lag auf der Ostseite des Turms, drei bescheidene Räume, dekoriert mit kalten schwarzen Granitblöcken. Die Empfangsdame war ein Musterbeispiel visueller Einschüchterung. Ihr einfacher anthrazitfarbener Anzug spannte sich um ihren Leib und illustrierte die Aufrüstungen, die sie erhalten hatte: mehrere Muskelschichten, die über ihren ursprünglichen lagen. Adam vermutete eine Vielzahl von implantierten Waffensystemen zwischen den zweifelhaften zusätzlichen Muskelzellen und der überdehnten Epidermalschicht. Ihr Hals war ein glatter Fleischkegel, der ansatzlos in die Wangen überging. Sie besaß kein Kinn, lediglich eigenartig attraktive Lippen, die in Kirschrot geglosst waren. Diese Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als Adam ihrem Schreibtisch-Array seine Identität als Silas Duanro präsentierte.
»Sie können direkt rein zu ihm, Senor Duanro«, trällerte sie mit einer zuckersüßen, hohen Stimme. »Er erwartet Sie bereits.«
Der Agent hinter seinem Granitschreibtisch lächelte zur Begrüßung. Er war ein großer Mann, der sich schlank hielt, indem er eine Menge nervöser Energie verbrauchte. Seine Hakennase reichte bis fast auf die Oberlippe herab. Aus irgendeinem Grund hatte er seine Haarfollikel nicht modifiziert; der zurückweichende Haaransatz wurde nur teilweise von einem extremen Kurzhaarschnitt kaschiert. »Senor Silas Duanro? Hmmm.« Er lächelte angesichts seines eigenen Witzes. »Sie dürfen diesen Namen mir gegenüber gerne weiter benutzen, wissen Sie? Was haben wir, nach all den Jahren, wenn nicht gegenseitiges Vertrauen?«
»Selbstverständlich.« Adam hatte Tridelta seit mehreren Jahren nicht mehr besucht, und doch erkannte der Agent ihn auf den ersten Blick wieder – wie immer. Beim letzten Mal hatte Adam ganz anders ausgesehen, älter und dicklicher. Gegenwärtig besaß er das Gesicht eines Vierzigjährigen, mit rundlichen Wangen, grünen Augen und dichtem kastanienbraunem Haar. Die Haut war dick und leicht pockennarbig, und sie fing allmählich an, gegen die zahlreichen überhasteten, billigen und unprofessionellen zellulären Reprofilings zu protestieren. Adam musste jeden Morgen und jeden Abend Feuchtigkeitscreme auftragen; trotzdem fühlte sich seine Haut an, als würde er jedes Mal Narbengewebe dehnen, wenn er sprach. Seine Wangen waren ständig kalt dieser Tage, so schlecht waren die Kapillaren von der konstanten Rejustierung. Es gab eine Grenze, wie häufig man ein Reprofiling durchführen konnte, und Adam wusste, dass er mit schnellen Schritten auf den Zeitpunkt zusteuerte, an dem er damit würde aufhören müssen.
Aber jetzt noch nicht.
In die Rolle von Silas Duanro zu schlüpfen hatte außerdem erfordert, eine Menge Fett abzulegen und dafür ein paar zusätzliche Muskelaufrüstungen durchzuführen. So fit und stark hatte sich Adam schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gefühlt, auch wenn ein paar recht raffinierte Geno-Proteine erforderlich waren, um sein Herz und die übrigen Organe so funktionsfähig zu halten, dass sie die zusätzlichen Muskeln versorgen konnten.
Adam hatte seinen Körper außerdem gegen eine im Anfangsstadium befindliche Diabetes vom Typ II behandeln müssen, die sich im Laufe der letzten Jahre herausgebildet hatte. Dennoch würde er bereit sein, wenn der Ruf kommen würde, den Blockadedurchbruch zu starten, den er für Bradley Johansson vorbereitete. Unter gar keinen Umständen würde er von irgendwo hinten zusehen und Ratschläge durch die Unisphäre brüllen. Er rechnete
Weitere Kostenlose Bücher