Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
Stig hielt es für unwahrscheinlich, dass die beiden Außenweltler auf Far Away nicht unter strenger Beobachtung standen.
Er hörte, wie Mellanie versuchte, irgendeinen exotischen Cocktail zu bestellen, von dem der Barkeeper noch nie gehört hatte. Schließlich begnügte sie sich mit einem Margarita. Während der Barkeeper anfing, die Zutaten zu mischen, beugte sie sich zu ihm vor und sprach mit leiser Stimme. Stig schaute sich beiläufig um, gerade rechtzeitig, um den verblüfften Ausdruck im Gesicht des Barkeepers zu bemerken. Der Mann schüttelte hastig den Kopf und schob Mellanie das Glas hin, bevor er zum anderen Ende des Tresens davoneilte.
Missmutig zog Mellanie ihren Begleiter zu einem freien Tisch.
Stig musste fast lachen. Die ganze Szene erweckte den Eindruck eines billigen TSI-Dramas.
Glücklicherweise gab es keinen zweiten Akt. Mellanie und Dudley tranken ihre Cocktails und kehrten in ihre Suite zurück. Beide gähnten. Stig blieb in der Bar, während er beobachtete, wer ging und wann. Niemand verhielt sich auch nur annähernd verdächtig.
Gegen Mitternacht schloss die Bar. Stig trank sein Bier und wartete in der verlassenen Lobby. Schließlich kam der Barkeeper durch die Küche nach draußen, während er sich den Mantel überstreifte.
»Auf ein Wort«, sagte Stig freundlich.
Der Barkeeper blickte sich nervös um, doch das Nachtpersonal des Hotels war nirgends zu sehen. Er war Mitte dreißig und besaß die Art von dürrer Gestalt, die die meisten Bewohner von Far Away entwickelten und die seinen hervorquellenden Bierbauch um so offensichtlicher machte.
»Ja, Sir?«
Stig zückte eine Fünfzig-Dollar-Note und drückte sie dem Barkeeper in die Hand. Der Mann war professionell genug, um das Geld augenblicklich wegzustecken.
»Da war eine äußerst attraktive junge Außenweltlerin unter den Gästen heute Abend.«
»Die Royal Suite, Sir, oberste Etage.«
»Danke, das wusste ich bereits. Was mich wirklich interessiert ist, wonach hat sie Sie gefragt?«
Der Barkeeper bedachte ihn mit einem merkwürdigen Blick. Stig wartete. Er musste keine Drohungen ausstoßen, nicht gegen den Barmann. Schlimmstenfalls würde es ihn weitere fünfzig Dollars kosten.
»Sie wollte wissen, wo sie ein Mitglied der Guardians treffen könnte. Ich habe ihr gesagt, ich wüsste es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Offensichtlich.«
»Offensichtlich.«
»Sonst habe ich nichts zu ihr gesagt.«
»Ich verstehe. Danke sehr.«
Der Barkeeper stieß erleichtert den Atem aus und eilte nach draußen. Stig wartete ein paar Minuten; dann folgte er ihm hinaus in die Nacht, und die automatischen Türen des Hotels schlossen sich hinter ihm.
Solargeladene Polyphotogloben erzeugten ein wenig inspirierendes gelbes Licht entlang der Straße. Das schwache Pulsieren von Tanzmusik drang leise aus der Hintertür eines Clubs. Kühle Luft spülte den salzigen Geruch von Ozon über Armstrong City hinweg. Irgendwo in der Ferne heulte eine Polizeisirene durch die leeren Straßen. Es konnte nicht wegen der Fahrzeuge des Instituts sein – die waren vor Stunden zerstört worden, getroffen von Mörserfeuer keine zehn Kilometer vor der Stadt. Trevelyan Halgarth und Ferelith Alwon würden niemals das Institut erreichen, würden keine Chance mehr erhalten, dem Starflyer zu helfen. Mit ein wenig Glück waren auch ihre Memorykristalle durch das Feuer zerstört worden, das den Land Rover Cruiser vernichtet hatte. Sie wären genauso tot wie Kazimir.
Stig nahm eine Zigarette aus seiner Packung und zündete sie mit einem altmodischen Benzinfeuerzeug an. Eine schlechte Angewohnheit, die er in dem dekadenten Commonwealth angefangen hatte. Die Mischung aus Nikotin und Gras fühlte sich gut an, als er sie inhalierte. Er brauchte eine Aufmunterung nach dem Stress des Tages.
»Diese Beleuchtung macht dich zu einem perfekten Ziel«, sagte Olwen aus den Schatten heraus.
»Wenn du dich auf das Glühen einer Zigarette verlassen musst anstatt auf einen anständigen Restlichtverstärker, dann steckst du in mächtigen Schwierigkeiten«, entgegnete Stig.
Sie kam aus einem Eingang und gesellte sich zu ihm, während er sich über die leicht abfallende Straße in Richtung Hafen weiter vom Hotel entfernte.
»Wo ist Finlay?«
»Hat sich eine gute Stelle ausgesucht. Er meldet sich, falls sie heute Nacht das Hotel verlassen.«
»Sonst noch jemand, der sich für die beiden interessiert?«
»Falls es jemanden gibt, dann ist er besser als wir. Wir haben niemanden
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