Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
das eben.«
»Der Armstrong Chronicle hat zahlreiche Unterlagen über die Prozesse, auf die ich zugreifen kann. Ich könnte dir eine Liste möglicher Fälle geben, die du nachsehen kannst.«
»Danke sehr.«
Dudley wollte mit ihr kommen.
»Ich glaube nicht, dass du schon wieder fit genug bist dafür«, sagte sie diplomatisch. Trotz der Ohrstopfen hatte sie ihn im Laufe der Nacht mehrmals ins Badezimmer gehen hören. Er saß ihr gegenüber in dem verlassenen Frühstücksraum des Hotels, und alles, was er herunterbrachte, war eine Tasse dünnen milchigen Tees und eine Scheibe Toast. Er sah aus, als hätte er einen gewaltigen Kater.
»Mir geht es bestens«, entgegnete er mürrisch.
Mellanie hatte keine Lust, mit ihm zu diskutieren. Sie zog sich für den Tag ein einfaches taubengraues T-Shirt an sowie Jeans und band sich die Haare mit einem braunen Lederband zu einem Pferdeschwanz nach hinten. Sie stiegen um Dudleys willen in ein Taxi, nachdem sie die ersten drei wieder weggewinkt hatten, bis Mellanie endlich eines mit einer Lizenz des Governor’s House erspähte.
»Ich glaube, jemand verfolgt die beiden«, sagte Olwen.
Stig befand sich mitten in einem Briefing für die Teammitglieder, die in der Halkin Ironmongery zurückgeblieben waren. Mehr als die Hälfte seiner Leute rannte in der Stadt herum in dem Bemühen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Er hob die Hand in Richtung seiner Zuhörer und fragte: »Wer?«
»Wir sind nicht sicher«, antwortete Olwen. »Die beiden waren zwei Stunden lang im Gerichtsgebäude. Ich habe Schwierigkeiten, unverdächtig zu bleiben. Aber jemand anders lauert hier herum, und er hat offensichtlich das gleiche Problem. Er steht in keiner Datei, die wir haben.«
»Hast du herausgefunden, was die Rescorai im Gericht macht?«
»Sie geht Prozessakten durch. Ich weiß noch nicht, welche im Einzelnen. Finley will mit den Beamten reden, sobald sie weg ist.«
»Okay. Ich führe eine elektronische Suche durch. Bleib in Bereitschaft.« Er ging nach oben in die erste Etage, wo die Arrays des Teams aufgebaut waren. Keely McSobel und Aidan McPeierls waren beide vollständig mit dem Netzwerk der Stadt verbunden. Er sagte ihnen, dass sie den Bereich um das Gerichtsgebäude herum in Augenschein nehmen und herausfinden sollten, ob irgendjemand dort verschlüsselte Botschaften aussandte oder empfing.
»Du hast Recht«, sagte er fünf Minuten später zu Olwen. »Wir haben wenigstens drei Agenten des Gegners im Gerichtsgebäude.«
»Was sollen wir unternehmen?«
»Nichts. Behaltet Bose und Rescorai im Auge. Ich komme mit Verstärkungen, so schnell ich kann.«
Mellanie kam gut voran. Die SI-Subroutine hatte ihr sieben Fälle gegeben, bei denen der Chronicle eine mögliche Verbindung zu den Guardians erwähnte. Alle beinhalteten Angriffe gegen das Institut, entweder gegen seine Fahrzeuge oder gegen Personal in Armstrong City. Die Polizei hatte ein paar Verdächtige gefangen, doch die, die sie vor einen Richter gezerrt hatten, waren lediglich einheimische Punks, ausnahmslos mit verdächtig viel Wohlstand entweder in Form von Bargeld oder neu erworbenen Gütern. Offensichtlich waren sie bezahlt worden, um dem Institut Schaden zuzufügen – nicht, dass sie irgendetwas zugegeben hätten. Sie besaßen ausnahmslos gute Anwälte.
Mellanie lächelte, als sie diese Zeile zum zweiten Mal las. Drei prominente Anwälte aus Armstrong City schienen die meisten der Angeklagten zu repräsentieren, und die waren nicht billig.
»Ich empfange eine zunehmende Menge elektronischer Aktivität in und um das Gerichtsgebäude herum«, meldete die SI-Subroutine. »Ich glaube, du wirst observiert.«
Mellanie rieb sich die Augen und schaltete das Desktop-Array aus, dessen Bildschirm die Fälle zeigte. Das Array spie den Speicherkristall aus, den der Gerichtsdiener ihr gegeben hatte. »Polizei?«, fragte sie.
»Nein. Die Systeme, die sie benutzen, sind fortschrittlicher als das, über was die Polizei auf dieser Welt verfügt. Einige der Signale sind fremdartig. Wie es scheint, sind es zwei unabhängig voneinander operierende Gruppen.«
»Zwei?« Mellanie rieb sich die nackten Unterarme, auf denen sich unvermittelt eine Gänsehaut gebildet hatte. Es war nicht kalt in dem kleinen Büro, das der Angestellte ihr überlassen hatte. Die Mittagssonne fiel durch die doppelt verglasten Fenster und brachte die Klimaanlage sporadisch zum Arbeiten, während draußen die warme, feuchte Luft über der Stadt hing wie ein besitzergreifender
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