Commonwealth-Saga 4 - Die dunkle Festung
zog sich ein Plasmaschweif über Tausende von Kilometern hin. Schockwellen breiteten sich von ihrem Schutzschirm aus und erzeugten violette Ringe, die von den tosenden Solarwinden augenblicklich zerfetzt wurden.
»Das ist ein extrem starker Energieschirm«, stellte Teague fest.
»Ich bin nicht sicher, ob wir diese äußeren Bedingungen aushalten könnten. Offensichtlich wurde der Schirm speziell für diese Aufgabe gebaut.«
»Und was ist das für ein Ding? Was schickt man in einen Stern?«, fragte Hywel nervös.
»Irgendetwas Übles«, antwortete Reuben. »Und es ist mir völlig gleich, wie gut der Energieschirm sein mag – lange hält er nicht mehr durch. Die Dichte der Korona nimmt dramatisch zu, und bei dieser Geschwindigkeit kommt es zu Kollisionen, die jede Materie durchschlagen.«
»Aber es gibt keinerlei Anzeichen von … Oh«, sagte Hywel. »Der Fusionsantrieb hat sich soeben abgeschaltet.«
Oscar beobachtete, wie sich der dunkle Fleck durch das superhei-
ße Plasma bohrte. Ihm wurde bewusst, dass er den Atem anhielt.
»Was, wenn es ein Quantumbuster ist?«, fragte er leise.
»Dann sind wir wahrscheinlich tot«, antwortete Reuben. »Aber selbst wenn der Energieschirm dieses Dings hält, bis es in der Chromosphäre ist, werden die Auswirkungen der Explosion minimal sein, was Hanko betrifft. Wenn man über Quantumbuster verfügt, dann setzt man sie direkt gegen Planeten ein und nicht eine Astronomische Einheit davon entfernt.«
Oscar wartete, während die Rakete sich der Sonnenoberfläche immer weiter näherte. Er fragte sich, ob ihm Zeit genug blieb, seinen sicheren Erinnerungsspeicher zu aktualisieren. Wahrscheinlich nicht. Er hatte es am Morgen getan, und wahrscheinlich wollte er sich sowieso nicht an diese Zeit an Bord der Dublin erinnern, wenn sie ihn wiederbelebt hatten. Obwohl … vielleicht sollte er seiner zu-künftigen Inkarnation eine Nachricht hinterlassen und ihr sagen, dass er sich nicht erinnern wollte? Was für eine dämliche Idee.
»Jetzt geht’s los«, sagte Hywel angespannt.
Oscar stellte überrascht fest, dass es die Quantensignatur-Sensoren waren, deren Dateninput sich änderte. Es war, als würden sich von der feindlichen Rakete Blütenblätter entfalten, gigantische, Tausende Kilometer lange, ovale Felder aus veränderten Quantenstruktu-ren, die sich überlappten und aneinander schmiegten. Sie begannen zu rotieren.
»Der magnetische Effekt wird stärker«, warnte Hywel.
Die massiven Feldlinien der Sonne bogen sich um die ätherischen Quantenflügel der Rakete herum. Plasma folgte ihnen und wurde zu einem länglichen, spiraligen Gebilde in der geraden Kielwelle des Gerätes verformt.
»Was zur Hölle ist das?«, fragte Dervla in stiller Besorgnis.
»Wilson?«, fragte Oscar. »Irgendjemand vom Seattle Project mit einer Einschätzung?« Der Quanteneffekt, der von der Rakete ausstrahlte, hatte inzwischen einen Durchmesser von dreitausend Kilometern erreicht. Die Vorgänge beschleunigten sich. Der Knoten, den das Feld in der Korona aufwirbelte, war in den stark gefilterten optischen Sensoren der Dublin zu sehen.
»Noch nicht«, antwortete Wilson.
»Captain!«, rief Reuben. »Die Raketen der Primes sind gefährlich nahe. Wenn wir eine Art energetischen Angriff von diesem Ding abwehren und uns zugleich um die feindlichen Raketen kümmern müssen, stecken wir in massiven Schwierigkeiten.«
»Feuern Sie eine Salve mit Gegenmaßnahmen ab«, befahl Oscar.
»Wir müssen hier bleiben und berichten, was diese Maschine bewirkt.« Er wusste, dass es kritisch war.
»Eine Minute bis zum Aufschlag auf der obersten Korona«, meldete Hywel. »Es wird höllische Auswirkungen auf die Solarwinde haben.«
»Sind Sie sicher, dass dieses Ding den Aufprall nicht überstehen kann?«
»Ich weiß es nicht. Es hat sich so stark verändert. Die Quantenfluk-tuation im Kern sind ganz anders als vorhin. Ich bin nicht einmal mehr sicher, ob es sich um Materie handelt.«
»Was soll das bedeuten?«
»Es ist vielleicht keine gewöhnliche Materie mehr. Diese Verzerrung ist äußerst merkwürdig. Sie scheint den Energieschirm mit einzubeziehen, und diese Quantensignatur … so etwas habe ich noch nie gesehen.«
Als Oscar sich wieder der Sensorprojektion zuwandte, stellte er fest, dass die rotierenden Flügel der Maschine eine Spannweite von nahezu siebentausend Kilometern erreicht hatten. Das Display der Operationssektion stellte sie vor dem Hintergrund der Korona als schwarze Ellipsen dar. Plasma
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