Conan der Barbar
war, je mehr er über diese Dinge wußte. Er dachte auch weiter. Er beschloß, nicht immer Gladiator zu bleiben. Da die Welt ganz offenbar ein Ort ständiger kriegerischer Auseinandersetzungen war, wo die Starken sich nahmen, was sie mit Macht und Kraft sich nehmen konnten, wollte er lernen, es ihnen gleichzutun.
Eines Abends, nachdem er die riesige Landkarte aus Tierhaut, die er auf dem Boden ausgebreitet gehabt hatte, wieder zusammenrollte, gefiel es einem hyrkanischen General, den anderen, die noch spät mit ihm über Kannen edlen weißen Weines in Toghruls Zelt beisammensaßen, philosophische Fragen zu stellen.
»Was ist das Beste im Leben?« wandte er sich an einen turanischen Fürsten in glänzenden Seidenbeinkleidern und Stiefeln aus scharlachrotem Leder mit Silbersporen.
Edelsteine blitzten auf, als der Turanier graziös die Hände hob. »Das gute Leben ist in der freien Steppe zu finden, unter einem blauen Himmel, mit einem edlen Pferd zwischen den Knien, einem flinken Falken auf der Hand, und einem frischen Wind im Rücken.«
Der General schüttelte lächelnd den Kopf. »Falsch, Hoheit! Was meint Ihr, Khitan?«
Er hatte sich an einen kleinen älteren Mann gewandt, der Conan bisher nur durch seine Schweigsamkeit aufgefallen war und von dem er gehört hatte, daß er aus einem Land namens Khitai stammte, das zu erreichen, es eine ganze Jahresreise bedurfte. Der kleine Mann hatte ein flaches Gesicht mit runzliger pergamentgelber Haut und schräge Augen. Um sich vor der nächtlichen Kälte zu schützen, hatte er seine dicke Steppkleidung eng um sich gezogen. Nachdenklich murmelte er: »Ich sage, das Beste am Leben ist, wenn ein Mensch seinem Lerneifer nachgehen kann, Weisheit erworben hat, und schöne Poesie zu schätzen weiß.«
Wieder schüttelte der General den Kopf, dabei spürte er den Blick Conans auf sich, der auf überkreuzten Beinen auf einem niedrigen runden Podest, in eine warme Tunika gehüllt, völlig ruhig angekettet dasaß.
Mit kaum verhohlenem Grinsen fragte der hyrkanische General: »Nun, und welche Antwort hat unser junger Barbar auf meine Frage?«
Conans Lippen verzogen sich zum Hauch eines Lächelns. »Das Beste im Leben ist, dem Feind gegenüberzustehen, zu sehen, wie sein heißes Blut in den Staub rinnt, und das Wehklagen seiner Frauen zu hören.«
Die dunklen Augen des Generals glitzerten beifällig auf. »Die Grube hat Euren Champion nicht gebrochen, Toghrul«, sagte er, »noch zehrte sie an seiner Willenskraft. Paßt gut auf, daß dieser junge Tiger sich nicht eines Tages auf Euch stürzt und Euch zerreißt.«
»Er trägt Ketten, damit es ihm nicht möglich ist«, erwiderte der Kampfmeister grinsend.
Conan schwieg, doch ein vulkanisches Feuer schwelte kurz in seinen wilden eisblauen Augen.
In den ersten Frühlingstagen brach Toghrul mit seiner Truppe zu einer neuen Reise auf. Diesmal ging es westwärts, zurück durch Hyperborea in die Lande der Æsir und Vanir. Seine Truppe war durch neue Sklaven wieder vollständig, und er sah einen gewinnbringenden Sommer bei den Nordheimern vor sich.
Die Karawane hielt zum erstenmal für ein paar Tage in der Ortschaft Kolari an, einer unbedeutenden Siedlung an der Kreuzung zweier Karawanenrouten. Hier machten Kaufleute und Händler von nah und fern in einer einsamen Herberge Rast, ehe sie ihre Reise über Steppen und Tundren weiter fortsetzten. Kolari lag in einem Hügelland, und in einem der Hügel fand Toghrul eine Höhle, wo er seinen Champion während des kurzen Aufenthalts unterbringen und zur Schau stellen konnte. Die Höhle war einst die Behausung eines heiligen Einsiedlers gewesen, der es durch seinen Ruf zu einigen Annehmlichkeiten gebracht hatte. Um sich unwillkommene Bittsteller vom Leib zu halten, hatte er eine Tür aus Eisengittern vor der Höhlenöffnung anbringen lassen. Toghrul stattete die Höhle mit Wand- und Bodenteppichen und Kissen aus seinem eigenen Zelt aus. Er sperrte den Cimmerier hinein und kassierte viele Stunden jeden Tag von den Leuten, die sich den berühmten Grubenkämpfer ansehen wollten.
Eines Abends bei Sonnenuntergang, als die Neugierigen sich zu ihrem Mahl zurückgezogen hatten, lehnte Conan – der mit seiner gewaltigen Statur einen seltsamen Gegensatz zu der fast haremshaften Ausstattung der Höhle bildete – sich mit dem Rücken an die Wand und versuchte im Kerzenschein die Worte auf einer Schriftrolle zu entziffern. Er hatte im Lauf der Zeit gelernt, Hyrkanisch zu lesen. Mit gerunzelter Stirn
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