Conan der Barbar
Toghrul mit seiner Truppe in einen anderen Landesteil. Inzwischen hatte der junge Cimmerier gelernt, mit den üblichen Waffen umzugehen, und so geschickt war er bereits, daß er nicht mehr, wie anfangs, völlig geschafft und voll Blutergüssen von Uldins Hieben und Stößen, jeden Abend auf sein Lager fiel.
Doch trotz der wohlgemeinten Ausbildung durch Uldin wurde Conans Los nicht leichter. Um ihre grausame Lust zu befriedigen, hatten die Nordländer sich verschiedenerlei Kampfarten ausgedacht, die schneller Blut fließen ließen. Manchmal wurden Conan und sein jeweiliger Gegner in einem Abstand von nur einer Gürtellänge aneinandergekettet. Dann bekamen beide einen Dolch mit kurzer Klinge in die Rechte gedrückt, und die Linke hatte des anderen Handgelenk zu umklammern. Zur Abwechslung kleideten Toghrul und die anderen Kampfmeister ihre Leute als Tiere. Sie steckten sie in Felle, stülpten ihnen gehörnte Helme mit Tiermasken über den Kopf und befestigten Eisenkrallen an Fingern und Zehen.
Seine Gegner waren nicht immer Männer. Eines Tages sagte Uldin zu Conan: »Du wirst heute abend gegen einen Hyperboreaner kämpfen.«
»Was sind das eigentlich für Leute?« erkundigte sich der Cimmerier, der einmal gehört hatte, daß Hyperborea ein Land östlich von Asgard war. »Ich kannte einen Hyperboreaner, er war Sklave am Rad, genau wie ich, aber wir konnten uns nicht verständigen, da wir keine gemeinsame Sprache hatten.«
»Die Hyperboreaner sind fast alle groß, hager und hellhaarig«, antwortete der Ausbilder. »Gefährliche Gegner sind sie, und man raunt, daß sie mit Zauberei umzugehen wissen.«
An diesem Abend wurden Conan und sein Gegner nur mit Lendentuch und Sandalen bekleidet in die Grube geschickt. Ihre Waffen waren Kurzschwerter, und zum Schutz bekamen sie Schilde.
Es verblüffte Conan, als er erkannte, daß er einer Frau gegenüberstand. Sie war überschlank, langbeinig und fast so groß wie er, der er nun zu seiner vollen Größe herangewachsen war und selbst die hochgewachsenen Vanir und Æsir um einen vollen Kopf überragte. Das Haar der Frau, von der Farbe des Mondscheins, war zu einem dicken Zopf geflochten, und ihr kleiner Busen war unbedeckt. Obgleich ihr geschmeidiger Körper Sinnlichkeit ausstrahlte, wirkten ihre grünen Augen kalt wie der Tod. Aus der Weise, wie sie ihre Waffe hielt, schloß Conan, daß sie sehr wohl damit umgehen konnte.
Die Pfeife schrillte, der Kampf begann. Die Gegner umkreisten einander wachsam und griffen gleichzeitig an. Stahl klirrte gegen Stahl und prallte dumpf gegen Holz und Leder der Schilde. Doch die Stärke der am Rad und in den Gruben gehärteten Muskeln des Cimmeriers übertraf die sehnige Kraft der Kriegerin. Trotz all ihrer Geschicklichkeit, List und Flinkheit schlug Conan ihr Schwert immer wieder gleichmütig zur Seite.
Schließlich, bei einem besonders heftigen Schlag, entglitt ihren Fingern die Klinge. »Töte sie!« brüllten die Zuschauer. Einen Augenblick lang stand die Hyperboreanerin wie erstarrt, als hätte sie sich bereits mit dem kommenden Tod abgefunden.
Doch Conan zögerte. Schon als kleinem Jungen war ihm beigebracht worden, daß eines Mannes oberste Pflicht war, Frauen und Kinder zu beschützen – so wie es die Sitte seines Stammes verlangte. Die Cimmerier mochten zwar ohne Gewissensbisse Männer eines anderen Clans überfallen und erschlagen, wenn sie eine Fehde mit ihnen hatten, aber eine Frau zu töten, die niemandem etwas angetan hatte, war einfach unvorstellbar.
Conans Zaudern dauerte allerdings nicht länger als zwei Herzschläge. Da sprang die Hyperboreanerin zurück, packte ihr Schwert und stürzte sich grimmig auf Conan. Als ihr Hieb seine Stirn streifte und Blut in seine Augen rann, wehrte er sich.
Schließlich wurde der Angriff der ermüdenden Frau langsamer. Abwechselnd mit Schwert und Schild vorgehend, trieb Conan sie zur Grubenwand zurück. Ein kräftiger Rückhandhieb spaltete ihren Schild und drang in ihre Seite. Als ihr Blut in hohem Schwall herausströmte, schrie die junge Frau unterdrückt auf. Sie sackte auf den harten Boden und preßte die Hand auf die klaffende Wunde.
Conan tat einen Schritt zurück und blickte hoch. Toghrul deutete und machte eine köpfende Bewegung. Als der Cimmerier immer noch zögerte, wiederholte der Kampfmeister die Bewegung mit einem wütenden Blick.
Der junge Barbar beugte sich über die zusammengekauerte Hyperboreanerin, die bewußtlos zu sein schien. Sein Schwert schwang hoch und
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