Conan der Freibeuter
Herzogs, die sich wie eine Zwinge um seinen Arm legte, ließ ihn schnell verstummen.
Die Rauchfähnchen wanden sich und verschmolzen zu einer leuchtenden jadegrünen Wolke. Dunkle und helle Flecken wurden im Rauch sichtbar. Und dann erblickten die beiden Männer eine aus dem Leben gegriffene Szene in der Wolke: Eine Karavelle schnitt durch die nächtliche See. Auf dem Vorderdeck stand ein junges Mädchen. Der Wind peitschte den schweren Umhang gegen den üppigen jungen Körper.
»Chabela!« hauchte Villagro.
Als hätte seine Stimme den Zauber gebrochen, wirbelte die Wolke auf und zerriß. Die Kohlen erloschen zischend. Der Priester fiel vornüber, und seine Stirn schlug gegen den Steinboden.
»Wohin will sie?« fragte Villagro Menkara, nachdem ein Schluck Wein den Zauberer wiederbelebt hatte.
Der Stygier dachte nach. »Ich las den Namen Asgalun in ihrem Kopf. Habt Ihr eine Ahnung, mein Herr, was sie in Asgalun suchen könnte?«
»Tovarro, des Königs Bruder, lebt zur Zeit dort«, antwortete der Herzog nachdenklich. »Als Gesandter zieht er von einer shemitischen Stadt zur anderen, und im Augenblick hält er sich in Asgalun auf. Chabela will ihn vermutlich überreden, nach Kordava zurückzukehren. Ist dieser Bursche, der sich in alles einmischt, erst einmal hier – nicht auszudenken, was aus unseren Plänen würde! Also, was können wir tun, nachdem Eure Kräfte nicht genügen, König und Prinzessin gleichzeitig zu beherrschen?«
Zarono streckte die Hand nach dem Silbertablett aus. »Euer Gnaden gestatten?« Auf Villagros Nicken nahm er einen Apfel und biß hinein. »Wir sollten einen zweiten Zauberer hinzuziehen«, sagte er, bevor er erneut in den Apfel biß.
»Klingt vernünftig«, gestand der Herzog. »Wen würdet Ihr vorschlagen, Priester?«
Der Stygier dachte mit ausdruckslosem Gesicht nach. »Das Oberhaupt meines Ordens«, sagte er schließlich, »den großen Thoth-Amon, den mächtigsten Zauberer auf dieser Daseinsebene.«
»Und wo ist dieser Thoth-Amon zu finden?«
»Er lebt im heimatlichen Stygien, in der Oase von Khajar«, erwiderte Menkara. »Ich muß Euch jedoch darauf aufmerksam machen, Euer Gnaden, daß die gewaltigen Fähigkeiten Thoth-Amons nicht allein mit Gold zu erkaufen sind.« Ein bitteres Lächeln spielte um seine dünnen Lippen. »Mit Gold sind unbedeutende Männer wie ich zu gewinnen, doch Thoth-Amon ist ein Zauberfürst. Einer, der den Geistern der Erde befiehlt, verleiht seine Hilfe nicht für Gold.«
»Was könnte ihn dann verlocken?«
»Ein Traum bewegt Thoth-Amon schon seit langem«, antwortete der Priester mit weicher Stimme. »Vor vielen Jahrhunderten befehdeten der Kult des verfluchten Mitra und der meiner hohen Gottheit Set einander hier in den Reichen des Westens. So verworren sind die Fäden des Schicksals, daß mein Glaube unterlag und die Anbeter Mitras über uns triumphierten. Die Verehrung der Schlange wurde verboten, und alle Anhänger meines Ordens verbannte man.
Schwörtet Ihr nun, Euer Gnaden, die Tempel Mitras niederzureißen und an ihrer Stelle die Tempel Sets neu zu errichten und den großen Set über die jetzigen Götter des Westens zu stellen – ich bin sicher, Thoth-Amon würde seine ganze Macht einsetzen, Euch zu unterstützen.«
Der Herzog kaute an der Unterlippe. Götter, Tempel und Priester waren ihm gleichgültig, solange die Tempel und ihre Hierarchie ihre Abgaben leisteten. Er zuckte die Schulter.
»Einverstanden. Ich werde es bei allen Göttern schwören, die Euer Wunderwirker mir nennt. Und nun Eure Aufgaben:
Im Morgengrauen werdet Ihr in See stechen. Haltet Südostkurs und fangt das Schiff mit der Prinzessin ab. Nehmt sie gefangen und vernichtet das Schiff, es dürfen außer ihr keine Überlebenden bleiben. Euer Albatros müßte die kleine Seekönigin leicht einholen können, Zarono.
Nachdem Ihr die Prinzessin in Eurer Gewalt habt, segelt nach Stygien weiter. Ihr, Menkara, begebt Euch zu Thoth-Amon. Betrachtet Euch als mein Gesandter. Wenn Ihr ihn für unsere Sache gewonnen habt, kehrt Ihr mit ihm und der Prinzessin nach Kordava zurück. Noch irgendwelche Fragen?«
2. Ein Dolch im Dunkeln
2
EIN DOLCH IM DUNKELN
Der Morgen graute am östlichen Horizont. Der Sturm hatte sich gelegt, nun jagten schwarze Wolkenfetzen über den düsteren Himmel. Verblassende Sterne blitzten im Westen noch durch die zerrissene Wolkendecke und spiegelten sich in den Regenpfützen der Gassen und Straßen Kordavas. Zarono, Kapitän des
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