Conan der Schwertkämpfer
Korridor. Die Steine der Außenwand waren feucht, und die klamme Luft erinnerte ihn an die Kälte des frühen Morgennebels. Plötzlich weitete der Gang sich zu einem großen Gemach, aus dem ihm eine ungewöhnliche Gesellschaft entgegensah.
Zehn schwarzgekleidete totenähnliche Gestalten erwarteten ihn. Zwei Frauen bemerkte er unter ihnen. Ihr strähniges farbloses Haar umgab kalkige Züge. Sie alle standen wie bemalte Gespenster, und jede hatte einen mörderischen Säbeldolch in der Hand.
Hinter ihnen, auf einem schwarzbehangenen Katafalk in der Mitte des Gemachs, ruhte der nackte Körper eines Mädchens, das er als Shanya erkannte. Reglos lag sie, die Lider mit den langen dichten Wimpern geschlossen. Aber ihr Busen hob und senkte sich in langsamen Atemstößen. Man mußte ihr entweder ein Mittel eingeflößt haben, dachte Conan, oder sie war bewußtlos.
Er umklammerte den Säbelgriff fester, als er die geisterhaften Gestalten musterte, deren kohlschwarze Augen mit einer Mischung aus Furcht und Haß brannten.
Ein großer kahlköpfiger Mann öffnete die Lippen. Obgleich seine Stimme kaum lauter als das Flüstern des Windes war, klang sie doch klar wie eine Glocke.
»Was suchst du hier? Du bist weder Hyrkanier noch ein Mann der Berge, auch wenn du die Uniform eines Turaners trägst.«
»Ich bin Conan, ein Cimmerier. Das Mädchen dort ist meine Geisel. Ich bin hier, um sie zu holen, damit ich meine Reise fortsetzen kann.«
»Cimmerien – ein zungenbrechender Name für ein Land, von dem wir noch nie gehört haben. Versuchst du, deinen Spaß mit uns zu treiben?« flüsterte der fremdartige Mann.
»Hättet ihr je den eisigen Norden besucht, so wüßtet ihr, daß ich nicht scherze. Wir sind ein kriegerisches Volk. Mit nur der Hälfte meines Stammes könnte ich mich zum Herrscher von Turan machen.«
»Du lügst!« zischte der Greis. »Das Land des Nordwinds liegt am Rand der Welt und erstreckt sich unter einer sternenlosen ewigen Nacht. Das Mädchen ist unser nach dem Recht der Eroberer. Sie wird unserer Rasse neue Kraft geben, indem ihr jugendlicher Leib starke Männer gebiert. Du, der du es wagtest, das Volk des Gipfels zu stören, wirst als Nahrung für unseren Beschützer, den Uralten, dienen.«
»Wenn ich sterbe, werdet ihr mir in die Hölle vorausgehen«, knurrte Conan und hob seinen Säbel.
Als Antwort schlug der gespenstische Mann auf einen Silbergong. Der Schlag hallte dröhnend wider. Zwei der Schwarzgekleideten verließen schweigend die Gruppe und schritten zur gegenüberliegenden Wand. Sie zogen an zwei Eisengriffen und öffneten die Flügel einer schweren Tür. Wie eine gewaltige Callalilie, die sich im ersten Morgengrau öffnet, wallte dicker weißer Dunst aus der Tür und wirbelte zur Zimmermitte.
In absolutem Gleichklang legten die perläugigen Alten ihre Linke auf ihr Gesicht. Ehe der dichter werdende Dunst ihm ganz die Sicht raubte, sah Conan, daß jeder von ihnen sich eine der merkwürdigen durchscheinenden Masken übergestreift hatte, wie er sie auch seinem Angreifer am Eingang abgenommen hatte.
Instinktiv tastete Conan in seine Schärpe, riß die Maske heraus und drückte sie an sein Gesicht, bevor der schier erstickende Nebel um ihn herum wirbelte und seine schwarzgekleideten Feinde verbarg. Zu seiner Überraschung klebte die Substanz der Maske von selbst an seiner Stirn, den Wangen und Lidern und hielt einen schleierfeinen Abstand von seinen Augen. Er schaute sich im Zimmer um und staunte, daß er völlig klar sehen konnte, als wäre der beißende dicke Rauch eines Lagerfeuers in die Dunkelheit geschwunden.
Seine Gegner waren hinter ihrem Nebelschild hervorgeschlichen, und zwei hatten ihn schon fast erreicht. Schon schnitt seine krumme Klinge durch den Dunst des Gemachs.
Es war ein Gemetzel. Die Überreste einer ehemals mächtigen Rasse hatten kaum eine Chance gegen den ergrimmten Cimmerier. Gebogene Sägemesser prallten, ohne etwas auszurichten, von der blitzschnellen Krummklinge ab. Jedesmal, wenn Conans Säbel zustach, sank eine weitere der schwarzen Gestalten sterbend auf den Boden. Sein angeborener Kodex der Ritterlichkeit gebot ihm, die weißhaarigen Hexen zu verschonen, doch als sie sich in wilder, unerbitterlicher Wut auf ihn stürzten, erwiderte er Hieb um Hieb.
Schließlich stand der Cimmerier allein in dem gewölbten Gemach, mit zehn Toten um sich und dem immer noch bewußtlosen Mädchen auf dem Katafalk. Er stützte sich auf seinen langen Krummsäbel und sah sich zufrieden
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