Conan der Schwertkämpfer
Schaftes. Er konzentrierte sich auf die Zeiger, bis sie wunschgemäß eingestellt waren. Schließlich sprach er:
»Ich sehe unheilvolle Veränderungen. Der Stern Mitra wird bald mit dem Stern Nergal zusammentreffen, der im Aufgehen ist. Ja, es wird Veränderungen in Khoraja geben.
Ich sehe drei Personen, alle königlich, entweder gegenwärtig, früher oder in zukünftiger Zeit. Eine, eine schöne Frau, ist in einem Netz wie das einer Spinne gefangen. Die zweite ist ein junger Mann von hoher Stellung. Dicke Steinmauern umgeben ihn.
Die dritte ist ein mächtiger Mann, etwas älter als der andere, doch noch jung und von ungestümem Heldenmut. Die Frau drängt ihn, sich ihr im Netz anzuschließen, aber er vernichtet es. Inzwischen trommelt der junge Mann verzweifelt mit den Fäusten gegen die Mauern.
Jetzt bewegen sich fremdartige Gestalten auf der Astralebene, Hexen reiten im Schein des zunehmenden Mondes über die Wolken, die Geister ertrunkener Männer tauchen gurgelnd aus stillen Sümpfen auf. Und der Riesenwurm bohrt sich seinen Weg unter der Erde, um die Gräber der Könige zu finden.«
Rhazes schüttelte den Kopf, als erwachte er aus einer Trance. »Berichtet Eurem Herrn, daß in Khoraja und im Lande Koth Veränderungen bevorstehen. Und nun entschuldigt mich. Ich muß noch meine Vorbereitungen für die Reise treffen. Lebt wohl, und mögen die Sterne gut für Euch stehen.«
Conan der Cimmerier schritt über Marmorböden durch Säle mit Kuppeln aus Lapislazuli im Königspalast von Khoraja. Mit knarrenden Stiefeln und klirrenden Sporen kam er zu den privaten Gemächern Yasmelas, der Prinzeßregentin des Königreichs Khoraja.
»Vateesa!« brüllte er. »Wo ist Eure Herrin?«
Eine dunkeläugige Hofdame lugte durch den Türbehang. »General Conan«, sagte sie. »Die Prinzessin erwartet den Abgesandten von Shumir und kann Euch im Augenblick keine Audienz gewähren.«
»Zum Teufel mit dem Abgesandten von Shumir! Ich habe Prinzessin Yasmela seit dem letzten Neumond nicht mehr allein gesehen, und dessen dürfte sie sich auch bewußt sein. Wenn sie sich Zeit für einen glattzüngigen Pferdedieb aus einem dieser verdammten Stadtstaaten nehmen kann, müßte sie auch für mich Zeit haben.«
»Gibt es Schwierigkeiten in der Armee?«
»Nein, meine Kleine. Die meisten Unruhestifter, die sich erniedrigt fühlten, unter einem Barbarengeneral zu dienen, fielen in Shamla. Jetzt hört man nichts mehr, außer dem in Friedenszeiten üblichen Gebrummel über zu geringen Sold und einer zu langen Wartezeit auf Beförderungen. Aber ich möchte Eure Herrin sehen, und bei Crom, ich ...«
»Vateesa!« rief eine sanfte Stimme. »Laß ihn herein. Der Abgeordnete kann eine Weile warten.«
Conan stapfte in das Gemach, wo Prinzessin Yasmela in aller Pracht ihres königlichen Staates vor ihrem Frisiertisch saß. Zwei Leibmägde bedienten sie. Eine betupfte behutsam ihre weichen Lippen mit Rot, die andere setzte eine glitzernde Tiara auf ihr nachtschwarzes Haar.
Sie entließ die Frauen und erhob sich, um dem riesigen Cimmerier entgegenzugehen. Conan streckte seine muskulösen Arme nach ihr aus, aber Yasmela wehrte mit einer Handbewegung ab.
»Nicht jetzt, Liebster«, hauchte sie. »Das würde meiner königlichen Robe schlecht bekommen.«
»Bei den Göttern, Weib!« knurrte der Cimmerier. »Wann habe ich dich denn wieder einmal für mich? Du gefällst mir ohnedies besser ohne diesen Flitterkram.«
»Conan, mein Teurer, ich kann nur wiederholen, was ich dir schon mehrmals sagte. So sehr ich dich auch liebe, ich gehöre dem Volk von Khoraja. Meine Feinde lauern wie Geier darauf, daß ich Fehler mache. Es war unbedacht, was wir in den Tempelruinen taten. Gäbe ich mich dir erneut hin und die Kunde davon verbreitete sich, würde der Thron unter mir zu wanken beginnen – und schlimmer noch, sollte ich gar ein Kind von dir empfangen! Außerdem bin ich so sehr mit Staatsaffären beschäftigt, daß ich am Ende des Tages selbst zur Liebe zu müde bin.«
»Dann komm mit mir zum Hohenpriester deiner Ischtar, damit er uns vereint.«
Yasmela seufzte und schüttelte den Kopf. »Das ist unmöglich, mein Liebster, solange ich Regentin bin. Wäre mein Bruder frei, sähe es vielleicht anders aus, obgleich eine Verehelichung mit einem Fremden gegen unsere Sitten ist.«
»Du meinst, wenn ich König Khossus aus Moranthes' Verlies befreien könnte, würde er all diesen Kram, der dir die Zeit stiehlt und dich von mir fernhält, auf sich
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