Conan der Schwertkämpfer
schaffen zu lassen. Aber er befürchtete, daß Rigellos Verwandte und Gefolgsleute ihren Führer an ihm, dem König, rächen würden. Außerdem – wenn Rigello nicht mehr lebte, würde dann nicht ein anderer, der noch schrecklicher war, ihm seine Macht aufzwingen? Oder würde er gar durch einen tollkühnen Usurpator, wie beispielsweise seinen gewissenlosen Vetter Almarus, vom Thron gestoßen?
Der Eifer sprach aus Rigellos groben, verquollenen Zügen, als er sich wie ein Hund, der an der Leine zieht, vorbeugte. »Die Königin wurde gestern nacht aus dem Turm entführt, Eure Majestät«, sagte er. »Ich habe hundert Mann zur Verfolgung bereit, die nur auf Euer Wort warten.«
Rigello wußte, daß sie nur seinem Befehl gehorchen würden, doch es machte ihm Spaß, so zu tun, als wäre er der unterwürfige Lehnsmann des zarten jungen Königs. Er fuhr fort:
»Ich bin überzeugt, daß diese Entführung mit ihrer Einwilligung stattfand. Ihr Arzt wurde besinnungslos, gebunden und geknebelt aufgefunden. Und das Fenster war zerschmettert.«
»Wie könnte jemand durchs Fenster eindringen und die Gemächer auf dieselbe Weise wieder verlassen?« fragte der König mit schriller Stimme. »Der Turm ist hoch und das Mauerwerk glatt und steil!«
»So ist es, Eure Majestät. Die Königin hat zweifellos ein Seil oder etwas Ähnliches zu ihrem Entführer hinuntergelassen, nachdem sie ein Ende an einem Möbelstück befestigte. Es ist ganz offensichtlich, daß sie ein Komplott gegen Eure Majestät schmiedet, wovor ich Euch bereits mehrmals warnte. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, ehe sie einen Aufstand anzettelt.«
Der König kaute an seinem Daumennagel, und sein Blick wanderte durch den vergoldeten Thronsaal, als suchte er Ermutigung von den stummen Wänden. Doch außer dem Grafen und einer der fast statuenhaften Wachen am Eingang befand kein lebendes Wesen sich hier, das ihm raten könnte. Rigello fuhr fort:
»Eure Majestät, jetzt ist die Zeit, den Hader zwischen den Familien der Lehnsleute ein für allemal zu beenden.«
»Ja, ja«, murmelte der König unentschlossen. »Was meint Ihr, soll ich tun?«
»Befehlt die sofortige Verfolgung. Die Königin und ihre Begleiter, wer immer sie auch sein mögen, können noch nicht weit sein. Selbst mit guten Reittieren müssen sie hin und wieder Rast einlegen. Jeder meiner Reiter führt ein zweites Pferd mit sich, und so werden wir sie bald einholen.«
»Woher wollt Ihr wissen, welchen Weg sie nahmen?« fragte der König widerstrebend.
»Zweifellos hat die Königin vor, nach Theringo, dem Land ihrer Vorfahren, zu reiten. Wenn sie sich erhofft, irgendwo Anhänger um sich scharen zu können, dann am ehesten dort.«
»Aber wenn sie den Stern von Khorala irgendwie zurückbekommen hat, kann niemand sie zwingen, etwas gegen ihren Willen zu tun, noch ist es möglich, sich gegen sie zu wehren. Wie wollt Ihr gegen die Macht des Juwels ankämpfen?«
»Herr, niemand hat den Stern gesehen, seit er vor zwölf Monden gestohlen wurde. Hätte sie ihn besessen, wäre sie zweifellos nicht aus dem Turm geflohen. Sie hätte die Gehorsamkeit der Wachen erzwungen und so ihre Freiheit zurückgewonnen.«
Das Gesicht des Königs leuchtete auf. »Ich danke Euch, Rigello. Ihr habt meinen Wunsch vorhergesehen. Reitet wie der Wind. Schafft die Königin in meine Folterkammer und verschont die Männer nicht, die ihr halfen!«
Rigello lächelte, als er den Thronsaal verließ. Er schlüpfte in seinen Kettenhandschuh und schnallte den Schwertgürtel noch ein wenig fester um seine Mitte. Wenn er Königin Marala erst überwältigt hätte, würde er ihre Beliebtheit nutzen, eine Rebellion gegen Moranthes zu schüren, ihn zu stürzen und zu töten. Und dann würde er Marala zum Weib nehmen und als König über Ophir herrschen.
Was die Königin zu diesem Plan sagen würde, interessierte Rigello nicht im geringsten. Zweifellos würde sie einen echten Mann diesem weibischen Schwachkopf vorziehen, der sich jetzt auf seinen Thron verkroch. Lehnte sie eine Verbindung ab, gab es recht unangenehme Überredungsmethoden. Wieder lächelte er.
Einen Augenblick blieb er auf dem Korridor stehen und bewunderte seine aufrechte Gestalt in einem großen Spiegel. Dann streifte er sich seinen zweiten Handschuh über und stieg stolzen Schrittes die Stufen zum Palasthof hinunter.
»Barras! Hol mein Pferd! Wir brechen sofort auf!« befahl er.
6
»DAS IST DIE BURG THERINGO!«
Conan ließ sein Pferd unterhalb des Kammes
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