Conan-Saga 03 - Conan der Söldner
verständnislos und bemühte sich, ihn nicht ungläubig anzustarren. Die anderen blickten einander fragend an, schwiegen jedoch.
»Er meint es wörtlich, Eure Majestät«, erklärte Khashtris ihrer Kusine. »Ein gewisser zamboulanischer Zauberer hatte die Fähigkeit, Seelen ihren Besitzern bei lebendigem Leibe zu stehlen und sie in Spiegeln gefangenzuhalten. Dieser Zauberer ist jetzt tot, doch Conan und seine Seele sind immer noch voneinander getrennt. Zerbräche der Spiegel, würde er zur willenlosen, schrecklichen Kreatur, wie er sie selbst kennengelernt hat.«
»Unglaublich«, murmelte Acrallidus, während die Königin »wie furchtbar!« hauchte. Sergianus hob zweifelnd eine Braue. »Zauberei? Seele vom Leib getrennt? Ja wahrhaftig, unvorstellbar!«
»Das ist auch der Fluch, der auf den Herrscherinnen von Khauran lastet«, sagte die Königin leise. »Was können Wir für Euch tun, Conan?«
Conan deutete auf das lederumhüllte Päckchen, das er an seinen Gürtel gehängt hatte. Es sah aus wie ein weich gefülltes lederbezogenes Kissen, das kreuz und quer mit Lederbändern umwickelt und verknotet war. Er bückte sich, um es auf den rosa Fliesenboden zu legen, nur wenige Fuß von den drei Stufen entfernt, die zur Thronplattform hochführten. »Hier habe ich den Spiegel verpackt, Eure Majestät. Ich ersuche, ihn Euch übergeben zu dürfen.«
»Muß ich das Paket auswickeln?«
»Nein, Eure Majestät.«
Alle sahen zu, während der Cimmerier die Lederschnüre entfernte. Dann wickelte er das vierfach zusammengefaltete, fein gegerbte und ungewöhnlich weiche Lederstück auf. Zwei Metallplatten wurden enthüllt, die mit Lederschnüren fest zusammengebunden waren. Auch diese Schnüre öffnete er und befreite ein in dunkelgrünen Samt gehülltes Päckchen zwischen den Metallplatten. Der Samt war ein Streifen, den er von Hisarr Zuls Wandbehang geschnitten hatte – ein riesiger Streifen, den er vielfach um den Spiegel gewunden hatte. Mit allergrößter Sorgfalt wickelte Conan ihn jetzt aus, und aller Augen beobachteten ihn erwartungsvoll.
Endlich war der kleine, halbkugelförmige Spiegel von allen Hüllen befreit.
»Ihr habt ihn gut geschützt. Bei dieser Polsterung war es unmöglich, daß er ungewollt zerbrochen wurde!«
Conan blickte den Sprecher an. Es war der Mann, den man ihm als Sergianus von Nemedien genannt hatte. Er trug eine langärmelige weinrote Tunika über einem längeren Gewand aus grünem Stoff. Die Tunika war mit einem breiten, juwelenbesetzten Gürtel zusammengehalten.
»Nichts in der Welt, außer meinem Leben, war mir wichtiger, Lord Sergianus.«
»Trotzdem habt Ihr es aufs Spiel gesetzt, um Unsere Kusine zu retten«, sagte Königin Ialamis.
»Dafür hat sie mich zu Euch gebracht, Eure Majestät. Denn nur ein gekröntes Haupt kann den Zauber brechen und mir die Seele zurückgeben. Wird der Spiegel von irgend jemand anderem zerbrochen, sind meine Seele und ich für immer getrennt. Zerbricht ihn jedoch ein gekrönter Herrscher, kehrt sie zu mir zurück, und wir sind wieder eins.«
Die Königin lehnte sich auf ihrem Thron vor. Ihr Blick wanderte von dem über den Boden gebückten Mann zu seinem Spiegel und zurück zu seinem Gesicht. »Dann müssen Wir ihn natürlich für Euch zerbrechen, Conan.«
»Wartet, Eure Majestät!« rief Arkhaurus, der Berater der Königin. Conans Augen verengten sich zu Schlitzen. »Wartet! Angenommen, das ist Teil eines Zauberplans? Wer weiß, ob nicht irgendein schrecklicher Zauber frei wird, wenn Eure Majestät den Spiegel zerbrechen? Dürfen wir es wagen, diesem ...«
»Königliche Kusine!« rief da Khashtris empört. »Ich verdanke diesem Mann zweimal mein Leben und kann es nicht dulden, daß man an seiner Aufrichtigkeit zweifelt, und ich glaube auch nicht, daß ein Komplott gegen Euch geschmiedet wird. Conan ohne seine Seele ist der Bedauernswerte – und Arkhaurus kränkt mit seinen Worten sowohl ihn als auch mich.«
»Eure Majestät ...«, begann Acrallidus, unterbrach sich jedoch sofort, als die Königin eine Hand hob. Niemand wagte mehr zu sprechen, denn ihre Geste war der Befehl für alle zu schweigen. Die Königin betrachtete Conan offensichtlich nachdenklich. Schließlich nickte sie kurz und richtete sich auf.
»Bringt mir den Spiegel, Conan von Cimmerien.«
Conan nahm das in Holz gerahmte Glas mit beiden Händen und trug es zum Fuß der Plattform. Aufrecht vor den drei Stufen stehend hatte er es nicht nötig, zu der sitzenden Königin aufzublicken, da
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