Conan-Saga 04 - Conan und das Schwert von Skelos
Gesicht gelöst und hing nun an dem funkelnden Anhänger, der wie ein Siegespreis von dem juwelenbesetzten Schwert baumelte.
»Mei-mein Lord – ich – ich kann nicht dort hinuntersteigen!«
»Aber Derketari – Lotus der sonnengeküßten Wüste –, du mußt es! Soll die Prophezeiung eines Toten umsonst gewesen sein? Sollen die stolzen Shanki in ihren Zelten nicht über alle anderen erhoben werden und in die Gunst eines großen Herrschers kommen, der ihres Blutes ist?«
Das Kind starrte weiter auf den baumelnden Anhänger, dann blickte sie zu dem Mann an ihrer Seite empor, der nun schwieg. Noch einen Blick warf sie auf die beiden Toten und das Schmuckstück. Es schien ihr mit seinem Juwelenfeuer durch den Schein der rauchigen Fackeln zuzuwinken. Die Zunge des Mädchens fuhr über die volle Unterlippe.
Sie hatte jedes Wort genau gehört und aufgenommen. Khan und Zauberer wußten, daß sie an ihr armes, an die Wüste gebundenes Volk dachte, dessen Söhne von der Sonne verrunzelt und ausgelaugt waren, noch ehe sie viermal zehn Jahre zählten. Sie dachte an ihres Vaters Stolz und Hoffnung – und zweifellos an seine Verzweiflung und Verachtung für sie, wenn er erfuhr, daß sie ihn, sein Volk und sich selbst großen Ruhmes und hoher Ehren beraubte – nur aus Angst, aus kindlicher Angst vor einem Verlies mit zwei Toten, die noch dazu gar nicht lange tot waren. Es gab keinen unter ihrem Volk, der nicht lange, ehe er zwölf war, Leichen gesehen hatte, und mehr als einmal solche in ihrem grauenvollsten Zustand – von der Sonne aufgequollen, dick mit Fliegen bedeckt und von Geiern angefressen.
»Hm«, murmelte das Kind, dessen Name nicht Derketari war. »Ich habe schließlich schon früher Leichen gesehen! Hm!«
Und Akter blickte lächelnd über seine Geiernase auf sie hinab. Er gab ihre Hand frei, als er bemerkte, daß sie sie lösen wollte. Er wischte seine Finger an seiner bunten Robe ab, denn sie waren feucht vom Schweiß des Mädchens.
In fast majestätischer Haltung beugte sie ihre Knie ein klein wenig, um beide Streifen ihres ›Rockes‹ zwischen den Beinen in die Hand zu nehmen. Langsam begann sie die Stufen hinunterzuschreiten. Bei jedem Schritt war ersichtlich, wie sehr sie sich zusammennahm.
Am Kopfende der Treppe trafen die Augen des Khans die des Magiers. Ruhig sagte der Khan:
»Habt Ihr nicht einen Zauber, der erst noch beendet werden muß?«
Das Mädchen stieg weiter hinunter, ohne zurückzublicken. Die Treppe bestand aus fünfundzwanzig Steinstufen. Sie setzte den Fuß im Filzstiefelchen auf die neunzehnte Stufe.
»Ja, mein Lord.«
Akter blickte hinunter auf das Geschenk der Shanki. Das Mädchen trat gerade auf die einundzwanzigste Stufe.
»So vollendet ihn, Zauberer, und mein Leben wird um ein Zweifaches glücklicher sein. Und Ihr – würdet Ihr Euch heute nacht über den Besuch einer Tigerin in Frauengestalt freuen, Zafra? Einer Tigerin aus Argos, deren Krallen in Seidenpfötchen stecken?«
Die vierundzwanzigste Stufe trug das leichte Gewicht des Mädchens. Kurz zögerte sie dort und suchte einen Weg um den Toten herum statt über ihn hinweg, wobei sie nicht wußte, daß er zu seinen Lebzeiten von schier unvorstellbarem Mut und unübertrefflicher Kühnheit gewesen war.
»Sehr gern, mein guter Lord«, erwiderte der Magier. Seine Augen schienen zu glitzern, als er hinunter auf den Rücken des Mädchens blickte und dann zu dem so ungewöhnlich geschmückten Schwert, das aus dem Verliesboden wie ein Mahnmal an zwei blutige Morde ragte.
Drei, dachte Zafra und zischte ganz leise, durch Lippen, die sich kaum bewegten: »Töte ihn!«
Erde und Wasser, Feuer und Luft hatten das Schwert bedeckt, als der alte Spruch gesagt wurde. Gold klirrte gegen Stahl, als nun Akter Khans Schwert sich aus dem hartgetretenen Erdboden löste. Ohne Zögern drehte es sich in der Luft und sauste wie ein von einem starken Schützen abgeschossener Pfeil auf die kleine Wüstentochter zu.
Natürlich hatte sie auf das Schwert geschaut, als sie das Klingen von Metall auf Metall hörte – genauso, wie Akter Khan Zafra angesehen hatte, als er sich des Fürworts bewußt wurde, das der Zauberer benutzt hatte. Ihre Kehle war vor Grauen zugeschnürt, seine nicht.
»Ihn!« fragte der Khan scharf.
»Selbst ein mit Zauber behaftetes Schwert kennt keine Geschlechter, mein Lord. Außerdem werden doch wohl die meisten, gegen die mein Lord das Schwert einzusetzen gedenkt, Männer sein.«
Der Schrei, der sich endlich des Mädchens
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