Conan-Saga 06 - Conan von Cimmerien
der dichtgedrängte Mob war sich selbst im Weg, nur das verhinderte, daß sie sofort den Tod fand. Ein Brüllen erhob sich: »Zum Jullahtempel!«
Der Ansturm ließ ein wenig nach. Tananda wurde halb getragen, halb von dem wütenden Mob mitgeschleift. Schwarze Hände hatten sie an Armen, Beinen und dem Haar gepackt. Schläge, die ihr galten, wurden durch die Menge blockiert oder abgelenkt.
Dann wendete sich das Blatt. Der Mob kam ins Schwanken und Stolpern, als ein Reiter auf einer mächtigen Rappstute sich rücksichtslos einen Weg durch die Menge brach. Schreiend gingen viele der Schwarzen unter den Hufen zu Boden. Tananda sah flüchtig den Reiter über der wogenden Menschenmasse. Sein finsteres Gesicht unter einem metallenen Helm war narbenübersät. Und dann erblickte sie auch ein gewaltiges Schwert, das auf und ab schwang und Blut sprühte. Aber von irgendwo aus der Menge stieß ein Speer in den Leib des Pferdes. Es wieherte, bäumte sich auf und ging zu Boden.
Der Reiter landete jedoch geschmeidig auf den Beinen und hieb wild um sich. Speerspitzen prallten von seinem Helm oder dem Schild an seinem linken Arm ab, während des Fremden Klinge durch Fleisch und Knochen drang und Schädel spaltete.
Das war zuviel für die Schwarzen. Sie wichen vor dem Weißen zurück, der auf die verstörte Königin zustapfte und sie hochhob. Er deckte sie mit seinem Schild und zog sich mit ihr, das Schwert drohend erhoben, zu einer Mauer zurück. Er drückte sie dagegen und schlug die wütenden, brüllenden Angreifer zurück, die nun wieder auf sie einstürmten.
Hufgeklapper war zu hören. Eine Kompanie Gardesoldaten galoppierte auf den Platz und trieb die Aufrührer vor sich her. Die Kushiten schrien in plötzlicher Panik auf und flohen in die Seitenstraßen. Doch gut zwei Dutzend Tote blieben auf dem Pflaster zurück. Der Hauptmann der Garde – ein riesenhafter Schwarzer, prachtvoll anzusehen in roter Seide und goldglänzendem Harnisch – schwang sich vor seiner Königin vom Pferd.
»Ihr habt lange mit eurem Kommen gewartet«, rügte Tananda, die ihre Haltung wiedergewonnen hatte.
Der Hauptmann wurde aschfahl. Ehe er sich bewegen konnte, hatte die Königin den Männern hinter ihm ein Zeichen gegeben. Mit beiden Händen stieß einer von ihnen seinen Speer mit solcher Gewalt zwischen die Schulterblätter seines Offiziers, daß die Spitze aus der Brust herausdrang. Der Hauptmann sank in die Knie, und ein halbes Dutzend weitere Speerstiche vollendeten das blutige Werk.
Tananda schüttelte das lange schwarze, jetzt völlig zerzauste Haar, und wandte sich ihrem Retter zu. Sie blutete aus Dutzenden kleinerer Verletzungen und war nackt wie ein Neugeborenes, aber sie schaute den Mann ohne jegliche Verlegenheit oder Unsicherheit an. Er erwiderte ihren Blick. Seine Miene verriet unverhohlene Bewunderung für ihre Haltung und die Wohlgeformtheit ihrer braunen Glieder und Rundungen.
»Wer bist du?« fragte sie.
»Ich bin Conan, ein Cimmerier«, antwortete er.
»Aus Cimmerien?« Sie hatte noch nie von diesem Land gehört, das viele hundert Meilen von Kush entfernt im Norden lag. Sie runzelte die Stirn. »Du trägst Rüstung und Helm der Stygier. Hast du etwas mit ihnen zu tun?«
Er schüttelte den Kopf und entblößte die weißen Zähne zu einem Grinsen. »Ich habe die Rüstung von einem Stygier, aber ich mußte ihn erst töten, um sie zu bekommen.«
»Was willst du hier in Meroê?«
»Ich ziehe durch das Land und verleihe manchmal mein Schwert und die Hand dahinter«, erwiderte er. »Ich kam hierher, um mein Glück zu suchen.« Er hielt es nicht für ratsam, seine Piratentätigkeit an der Schwarzen Küste oder seine Stellung als Kriegshäuptling eines der Dschungelstämme im Süden zu erwähnen.
Die Königin musterte die mächtige Statur Conans und schätzte die Breite seiner Schultern und seiner Brust ab. »Ich werde dein Schwert heuern«, erklärte sie schließlich. »Was ist dein Preis?«
»Welchen Preis bietet Ihr mir?« entgegnete er mit einem betrübten Blick auf sein totes Pferd. »Ich bin ein mittelloser Wanderer und jetzt auch noch zu Fuß.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, bei Set! Nicht länger wirst du mittellos sein als Hauptmann der Königlichen Garde. Sichern hundert Goldstücke im Monat mir deine Treue?«
Conan warf einen flüchtigen Blick auf den früheren Hauptmann, der in Seide und Stahl tot in seinem Blut lag. Aber der Anblick trug nicht dazu bei, sein plötzliches Grinsen zurückzuhalten.
»Ich glaube
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