Conan-Saga 06 - Conan von Cimmerien
sie sich mit dem Gedanken getröstet, daß nichts ewig währt und ihre Lage so beklagenswert war, daß sie gar nicht schlimmer werden konnte. Doch sie hatte sich getäuscht, es war noch ärger gekommen.
Nun sollte sie einer grausamen und jähzornigen Königin als Geschenk dargeboten werden. Damit war ihre Lage schlimmer denn je, denn tat sie nicht, was Tuthmes sie hieß, würde der Dämon sich ihrer bemächtigen, und tat sie es, war anzunehmen, daß die Königin sie schließlich ertappte und auf schreckliche Weise töten ließ.
Im Westen formten sich am stahlblauen Himmel dichte Wolken. Kushs trockene Jahreszeit neigte sich ihrem Ende entgegen.
Der Wagen holperte über den Hauptplatz vor dem Königspalast. Die Räder knirschten auf dem feinen Sand und rumpelten über gelegentliches Pflaster. Wenige Meroiten der oberen Kaste waren unterwegs, denn die Hitze hatte ihren Höhepunkt erreicht. Die meisten der Herrscherkaste machten ihr Nachmittagsschläfchen. Ein paar schwarze Diener schlurften durch die Straßen und drehten ihre schweißglänzenden Gesichter dem vorüberfahrenden Zweispänner zu.
Vor dem Palast half Shubba Diana aus dem Wagen und führte sie durch das vergoldete Bronzeportal. Ein fetter Haushofmeister ging ihnen voraus durch ausgedehnte Korridore in ein großes Gemach. Es war im gleichen üppigen Prunk wie das einer stygischen Prinzessin ausgestattet – und etwas Ähnliches war Tananda ja auch. Auf einem mit Gold und Perlmutt eingelegten Diwan ruhte die Königin, lediglich in einen kurzen Rock aus roter Seide gewandet.
Von oben herab musterte sie die zitternde blonde Sklavin. Das Mädchen war ganz offensichtlich ein wertvolles Stück. Aber da Tananda jeder Hinterlist fähig war, vermutete sie sie auch schnell bei anderen. Eine unverhüllte Drohung klang aus ihrer Stimme, als sie sprach:
»Rede, Mädchen! Weshalb hat Tuthmes dich in den Palast geschickt?«
»Ich – ich weiß nicht – wo bin ich? Wer seid Ihr?« Diana hatte eine dünne helle Stimme, wie die eines Kindes.
»Ich bin Königin Tananda, Törin! Und jetzt beantwortete meine Frage!«
»Ich kenne die Antwort nicht, Eure Majestät. Ich weiß nur, daß Lord Tuthmes mich Euch als Geschenk schickt ...«
»Du lügst! Tuthmes ist krank vor Ehrgeiz. Da er mich haßt, würde er mir nie ein Geschenk ohne einen selbstsüchtigen Grund machen. Er hat irgend etwas ausgebrütet. Sprich, oder es wird dir schlecht ergehen!«
»Ich ... ich weiß es nicht! Ich weiß es doch nicht!« wimmerte Diana und brach in Tränen aus. Sie hatte solche Angst vor Murus Dämon, daß sie nicht einmal sprechen könnte, wenn sie es wollte, denn ihre Zunge würde sich weigern, zu gehorchen.
»Zieht sie aus!« hieß Tananda ihre Diener. Sie rissen dem Mädchen das Schleiergewand vom Leib.
»Hängt sie auf!« befahl die Königin jetzt.
Dianas Handgelenke wurden gebunden, dann warf man den Strick über einen Querbalken und zog ihn so straff, daß die Hände des Mädchens über ihren Kopf gestreckt waren.
Tananda stand auf und nahm eine Peitsche in die Hand. »Jetzt«, sagte sie mit einem grausamen Lächeln, »werden wir Freund Tuthmes' Plan bald erfahren. Doch zuvor frage ich dich noch einmal: Willst du freiwillig sprechen?«
Von Schluchzen gewürgt konnte Diana nur den Kopf schütteln. Die Peitsche schnalzte und klatschte auf den Rücken der Nemedierin. Ein roter Striemen blieb zurück. Diana schrie gellend auf.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte eine tiefe Stimme. Conan, der sein Kettenhemd über einem Lederwams trug und das Schwert am Gürtel hängen hatte, stand an der Tür. Da er sehr vertraut mit Tananda geworden war, betrat er ihren Palast unangemeldet. Für die Königin war er nicht der erste Liebhaber – der ermordete Amboola war einer der Erwählten gewesen –, aber noch in keines Mannes Armen hatte sie diese Leidenschaft genossen und noch nie zuvor hatte sie ihr Verlangen so offen zur Schau getragen. Sie konnte von dem Nordmann gar nicht genug bekommen.
Doch jetzt wirbelte sie herum. »Sie ist nur eine Schlampe aus dem Norden, die Tuthmes mir als Geschenk schickte – ohne Zweifel, um mir einen Dolch zwischen die Rippen zu stoßen, oder Gift in meinen Wein zu mischen«, fauchte sie. »Ich versuche nur, die Wahrheit aus ihr herauszuholen. Wenn du mit mir schlafen willst, dann komm später zurück!«
»Das ist nicht der einzige Grund meines Hierseins«, erklärte er wölfisch grinsend. »Auch die Staatsraison erfordert es. Ich frage dich, was soll dieser
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