Conan-Saga 08 - Conan der Pirat
Kraft schleuderte. Doch der Wurf reichte nur wenige Schritte weit.
»Kein Mensch vermag diesen Block über die ganze Lichtung zu schleudern. Nur eine Wurfmaschine schaffte es. Aber ich fand keine Spur eines Onagers oder einer Balliste.«
»Vielleicht wurde er aus größerer Entfernung von einem solchen Wurfgeschütz abgeschossen«, meinte Olivia.
Conan schüttelte den Kopf. »Er fiel nicht von oben herab. Ganz ohne Zweifel kam er aus dem Dickicht dort. Siehst du die abgebrochenen Zweige? Er wurde genauso geschleudert, wie ein Mensch Steine wirft. Aber von wem? Komm!«
Sie folgte ihm zögernd in das Dickicht. Innerhalb des inneren Ringes starkbelaubter Sträucher war das Buschwerk weniger dicht. Absolute, fast drohende Stille umgab sie. Im nachgiebigen Grasboden waren hier nirgendwo Fußabdrücke zu sehen. Und doch war der Block mit tödlicher Zielsicherheit aus diesem Dickicht geschleudert worden. Conan beugte sich tiefer über das Gras, wo es an vereinzelten Stellen zertrampelt war. Verärgert schüttelte er den Kopf. Selbst seine scharfen Augen verrieten ihm nicht, wer oder was dort gestanden hatte. Sein Blick schweifte zu dem grünen Dach über ihren Köpfen, das eine geschlossene Decke aus saftigen Blättern und sich überschneidenden Ästen war. Plötzlich schien er zu erstarren.
Dann hob er das Schwert, stieß Olivia hinter sich und wich zurück.
»Schnell hier heraus!« warnte er mit einem Flüstern, das das Blut des Mädchens stocken ließ.
»Was ist es? Was hast du gesehen?«
»Nichts«, erwiderte er vorsichtig, ohne in seinem Rückzug anzuhalten.
»Aber was ist es denn? Was lauert denn in diesem Dickicht?«
»Der Tod«, erwiderte er, und sein Blick hing wachsam an dem grünen Dach, das den Himmel verbarg.
Kaum hatten sie das Dickicht zurückgelassen, nahm Conan das Mädchen an der Hand und führte sie hastig durch die sich lichtenden Bäume zu einem grasbewachsenen Hang und hinauf auf ein niedriges Plateau, wo das Gras noch höher war und es nur vereinzelte und weit verstreute Bäume gab. Und in der Mitte dieses Plateaus erhob sich ein langgestrecktes breites Bauwerk aus zerfallendem grünlichen Stein.
Staunend betrachteten sie es. Keine Legende berichtete über etwas Ähnliches auf irgendeiner Insel in der Vilayetsee. Vorsichtig näherten sie sich ihm und bemerkten, daß die Steine von Moos und Flechten überwuchert waren und das eingefallene Dach eine gähnende Öffnung zum Himmel aufwies. An allen Seiten lagen kleinere und größere Steintrümmer halb verborgen in dem sich sanft wiegenden Gras, so daß man den Eindruck gewann, hier hätten sich einst viele Häuser befunden, ja vielleicht sogar eine ganze Stadt, doch jetzt streckte sich nur noch das längliche hallenähnliche Bauwerk dem Himmel entgegen, und seine Mauern lehnten sich scheinbar stützend an die rankenden Pflanzen.
Die Tore, die einst seine Portale verschlossen hatten, waren schon lange zerfallen. Conan und seine Begleiterin standen im breiten Eingang und spähten ins Innere. Die Sonne schien durch Spalten in den Wänden und das breite Loch im Dach, so daß sich ein Gewebe aus Licht und Schatten vor ihnen ausbreitete. Conan umklammerte den Schwertgriff und trat mit der leicht geduckten Haltung und dem schleichenden Gang eines jagenden Panthers ein. Olivia folgte ihm auf Zehenspitzen.
Plötzlich murmelte der Cimmerier überrascht etwas, und Olivia unterdrückte einen Schrei.
»Schau! Schau doch!« flüsterte sie.
»Ich sehe sie«, antwortete er. »Fürchte dich nicht. Es sind nur Standbilder.«
»Aber wie lebensecht – und so böse!« wisperte sie und drückte sich enger an ihn.
Sie standen in einer riesigen Halle, deren Boden aus poliertem Stein dicht mit Staub und Trümmern von Steinen bedeckt war, die von der Decke gefallen waren. Schlingpflanzen, die zwischen den Steinen wuchsen, verbargen die Spalten und Löcher. Das hohe, flache Dach wurde von mächtigen Säulen getragen, die an jeder Seite in engen Reihen aufragten. Und zwischen jeder Säule befand sich eine dieser ungewöhnlichen Skulpturen.
Es waren offensichtlich Statuen aus schwarzem Eisen, die so stark glänzten, als würden sie regelmäßig poliert. In Lebensgröße stellten sie hochgewachsene, geschmeidige und muskulöse Männer mit grausamen, raubvogelhaften Zügen dar. Sie waren nackt und in jeder Einzelheit mit unglaublichem Realismus abgebildet. Aber am lebensechtesten waren ihre stolzen, unduldsamen Gesichter. Sie waren nicht aus gleichem Guß. Jedes
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