Conan-Saga 08 - Conan der Pirat
schließen, war eine kaum erträgliche Tortur. Blut quoll aus seinen zusammengebissenen Zähnen. Aber irgendwie gelang es ihm, erst den einen, dann den anderen Nagel herauszuziehen. Sie waren nicht so tief ins Holz geschlagen worden wie die der Hände.
Dann erhob er sich und stand steif auf seinen geschwollenen, blutenden Füßen, schwankte wie betrunken, während ihm eisiger Schweiß über Gesicht und Körper sickerte. Krämpfe begannen ihn zu schütteln, und er mußte die Kiefer zusammenpressen, um sich nicht zu übergeben.
Olgerd, der ihn gleichmütig beobachtete, deutete auf den gestohlenen Wallach. Conan stolperte darauf zu. Jeder Schritt war stechende, pochende Hölle, und blutiger Schaum trat aus seinen Lippen. Eine unförmige Hand tastete sich unbeholfen nach dem Sattelknauf, und irgendwie fand ein blutiger Fuß den Steigbügel. Wieder biß er die Zähne zusammen und schwang sich hoch, dabei verließen ihn fast die Sinne, aber er landete im Sattel. Kaum saß er, versetzte Olgerd dem Pferd einen scharfen Peitschenhieb. Der erschrockene Wallach bäumte sich auf. Der Mann im Sattel rutschte. Aber Conan hatte sich die Zügel um beide Hände gewickelt und hielt sie mit blutigen Daumen. Benommen strengte er all seine Kraft an und zwang das wiehernde Tier nieder.
Einer der Zuagir hob fragend einen Wasserbeutel.
Olgerd schüttelte den Kopf.
»Er soll warten, bis wir im Lager sind. Es sind nur zehn Meilen. Wenn er überhaupt für ein Leben in der Wüste geeignet ist, wird er noch so lange ohne einen Schluck auskommen.«
Der kleine Trupp ritt schnell wie der Wind zum Fluß. Conan schwankte wie ein Betrunkener im Sattel. Seine blutunterlaufenen Augen wirkten glasig. Der blutige Schaum trocknete auf seinen ausgedörrten Lippen.
3
EIN BRIEF NACH NEMEDIEN
Astreas der Weise, der in seiner unermüdlichen Suche nach Wissen durch den Osten reiste, schrieb seinem Freund, dem Philosophen Alcemides, in seinem heimatlichen Nemedien einen Brief, der das gesamte Wissen der westlichen Nationen über die Ereignisse jener Zeit im Osten darstellte, den die Menschen des Westens seit alter Zeit für geheimnisvoll und undurchschaubar gehalten hatten.
Astreas schrieb unter anderem:
Mein teurer, alter Freund, Du kannst dir nicht vorstellen, welche Zustände in diesem winzigen Königreich herrschen, seit Königin Taramis Constantius und seinen Söldnern die Tore öffnete. Darüber berichtete ich Dir ja bereits in meinem letzten, wenn auch etwas überstürzten Brief. Seither sind sieben Monate vergangen, und es hat den Anschein, als triebe der Teufel selbst sein Unwesen in diesem bedauernswerten, einst so friedlichen Königreich. Taramis scheint der Wahnsinn gepackt zu haben. So sehr sie früher für ihre Tugend, ihre Gerechtigkeit und Beherrschtheit gelobt war, ist sie jetzt für das genaue Gegenteil all dessen berüchtigt. Ihr Privatleben ist ein einziger Skandal. Das heißt, »privat« ist gewiß nicht der richtige Ausdruck, denn sie bemüht sich nicht im geringsten, die Ausschweifungen am Hof zu vertuschen. Bei den jetzt fast alltäglichen Orgien müssen die bedauernswerten Hofdamen teilnehmen, und zwar sowohl die verheirateten als auch die noch jungfräulichen.
Es stört sie überhaupt nicht, unverheiratet mit ihrem Liebhaber Constantius zusammenzuleben, der neben ihr auf dem Thron sitzt und als ihr Prinzgemahl regiert. Seine Offiziere folgen erfreut seinem Beispiel und zögern nicht, jeder Frau, nach der es sie verlangt, Gewalt anzutun, egal welchen Standes. Das bemitleidenswerte Königreich bricht unter der unerträglichen Steuerlast zusammen. Die Bauern werden bis aufs Hemd ausgenommen, und die Kaufleute laufen in Fetzen herum, weil das alles ist, was ihnen noch bleibt, wenn die Steuereinzieher mit ihnen fertig sind. Dabei dürfen sie froh sein, wenn sie mit heiler Haut davonkommen.
Ich fürchte, es fällt Dir nicht leicht, mir das alles zu glauben, mein guter Alcemides. Bestimmt glaubst Du, ich übertreibe, was die Zustände in Khauran betrifft, weil sie in einem westlichen Land einfach unvorstellbar wären, wie ich zugeben muß. Aber Du darfst nicht vergessen, wie groß der Unterschied zwischen Ost und West ist, was sich vor allem in diesem Teil des Ostens bemerkbar macht. Erstens ist Khauran nur ein kleines Reich, das einst Teil Ostkoths war, aber schon früh seine Unabhängigkeit gewann. Hier ist die Welt in winzige Länder aufgeteilt, die in ihrer Größe, verglichen mit den gewaltigen
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