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Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer

Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer

Titel: Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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Ostens und wußte, daß einen ungebetenen Besucher die schlimmsten Schrecken erwarten mochten, genau wie ihm durchaus klar war, daß möglicherweise weder er noch Zabibi den Tempel lebend verlassen würden. Aber viel zu oft schon hatte er sein Leben aufs Spiel gesetzt, um diesem Gedanken weiter nachzuhängen.
    Sie betraten einen marmorgepflasterten Hof, der im Sternenschein weiß schimmerte. Ein breiter marmorner Treppenaufgang führte zu der Säulenhalle. Die beiden Flügel des Tempelportals standen weit offen, seit Jahrhunderten schon. Doch keine Gläubigen im Innern brannten Räucherwerk ab. Des Tages kamen vermutlich Anbeter, um ihre Opfergaben auf den schwarzen Altar des Affengottes zu legen. Aber des Nachts mieden die Menschen den Tempel wie Hasen das Nest einer Schlange.
    Brennende Räucherschalen tauchten den Tempelraum in weiches, gespenstisches Glühen und vermittelten eine Illusion der Unwirklichkeit. In der Nähe der hinteren Wand, nur wenige Fuß vom Altar entfernt, saß der Gott, den Blick immerwährend auf das offene Portal gerichtet, durch das viele Jahrhunderte lang seine Opfer an Rosenketten hereingezerrt worden waren. Eine flache Furche führte von der Schwelle des Tempels zum Altar. Als Conans Fuß sie spürte zuckte er hastig zurück, als wäre er auf eine Schlange getreten. Die Füße einer Unzahl furchterfüllter Opfer, die schreiend auf dem schwarzen Altar ihr Leben aushauchen sollten, hatten sie getreten.
    In dem gespenstischen Licht schien Hanuman die beiden Besucher mit seiner steingehauenen Maske anzustarren. Er saß nicht wie ein Affe, sondern wie ein Mensch, trotzdem wirkte er nicht weniger tierisch. Die Statue bestand aus schwarzem Marmor mit eingesetzten Rubinen als Augen. Rot und gierig funkelten sie, wie die Kohlen der tiefsten Hölle. Die mächtigen Pranken mit den Handflächen nach oben ruhten in seinem Schoß, die krallenbewehrten Finger zugreifend gekrümmt. Die abstoßende Betonung seiner Attribute und der gierige Hohn seiner satyrhaften Fratze verrieten den abscheulichen Zynismus des degenerierten Kultes, dessen Gottheit er war.
    Das Mädchen schlich um die Statue herum zur hinteren Wand. Als sie dabei versehentlich gegen ein Marmorknie streifte, erschauderte sie wie bei der Berührung einer Schlange. Zwischen dem Rücken der Götzenfigur und der Marmorwand mit ihrem Fries goldenen Laubes gab es einen Zwischenraum von mehreren Fuß. Links und rechts von der Statue befand sich in der Wand eine Elfenbeintür in einem goldenen Torbogen.
    »Diese beiden Türen«, erklärte Zabibi, »führen zu den zwei Enden eines Korridors in Hufeisenform. Ich war einmal im Innern des Schreines – einmal!« Unwillkürlich schüttelte sie sich bei der Erinnerung daran. »Totrasmeks Gemächer liegen im Innern dieses Hufeisens und haben Türen zu dem Korridor. Aber es gibt auch hier eine Pforte, eine Geheimtür, die direkt in einen seiner Räume führt.«
    Suchend tastete sie die glatte Wand ab, die keinerlei Spalten oder Fugen aufwies. Conan stand mit dem Schwert in der Hand neben ihr und blickte sich wachsam um. Das Schweigen, die Leere des Tempels und seine Phantasie, die sich ausmalte, was hinter der Wand liegen mochte, ließen ihn sich wie ein Tier fühlen, das eine Falle beschnüffelt.
    »Ah!« Das Mädchen hatte endlich den verborgenen Öffnungsmechanismus entdeckt und drückte darauf. Gleich darauf tat sich absolute Schwärze vor ihnen auf. »Set!« schrillte Zabibi plötzlich. Als Conan neben sie sprang, sah er, daß eine riesige mißgestaltene Hand sie am Haar gepackt hatte und durch die Öffnung zog. Dem Cimmerier, der das Mädchen festhalten wollte, glitten die Finger von der nackten Gestalt ab. Gleich darauf war sie verschwunden, und die Wand war schwarz wie zuvor, doch dahinter hörte er die gedämpften Geräusche eines Kampfes, einen Schrei und ein leises Lachen, das ihm das Blut stocken ließ.
     
     
    3
     
    SCHWARZE PRANKEN
     
    Mit einem wilden Fluch schlug der Cimmerier den Schwertknauf gegen die Wand. Marmor splitterte ab, und Risse durchzogen die Mauer. Aber die Geheimtür öffnete sich nicht. Zweifellos war sie an der anderen Seite verriegelt worden. Wütend wirbelte er herum und rannte zu einer der beiden Elfenbeintüren.
    Er hob das Schwert, um die Füllungen einzuschlagen, aber vorsichtshalber probierte er erst, sie mit der Linken zu öffnen. Tatsächlich – sie schwang mühelos auf. Er starrte auf einen langen Korridor, der am fernen Ende abbog, wie er im gedämpften

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