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Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer

Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer

Titel: Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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zwischen den Fischern und diesem unbekannten, uralten Inselreich schließen ließen.
    Aber schon seit tausend Jahren verstanden die Yuetshi die Bedeutung dieser Sagen nicht mehr. Sie gaben sie lediglich als eine sinnlose Aneinanderreihung von Worten wieder, um ihrer Sitte Genüge zu tun. Seit einem guten Jahrhundert hatte keines Yuetshis Fuß die Insel betreten. Der ihr gegenüberliegende Küstenstreifen war unbewohnt – ein von Ried überwuchertes Marschland, Jagdrevier gefährlicher Raubtiere. Das Fischerdorf lag auf dem Festland, weiter südlich. Ein heftiger Sturm hatte den leichten Kahn des Mannes von seinen gewohnten Fischgründen abgetrieben und ihn schließlich in der von Blitzen erhellten Nacht gegen die Klippen geschmettert. Jetzt, am frühen Morgen, war der Himmel blau und klar, und die aufgehende Sonne zauberte funkelnde Edelsteine in die noch nassen Blätter. Er war die Klippe hochgeklettert, an die er sich während der Nacht geklammert hatte. Denn auf dem Höhepunkt des Gewitters hatte ein besonders greller Blitz eingeschlagen, und der folgende Donner schien die ganze Insel zu erschüttern. Das berstende Krachen, das er gehört hatte, rührte mit Sicherheit von etwas Größerem her als einem gespaltenen oder entwurzelten Baum.
    Eine für seine Rasse ungewöhnliche Neugier hatte den Fischer veranlaßt, dieser Beobachtung nachzugehen. Jetzt hatte er gefunden, was er suchte, und nun quälte ihn so etwas wie die instinktive Ahnung eines Tieres vor drohender Gefahr.
    Über den Bäumen erhob sich die Ruine eines Kuppelbaus, errichtet aus gigantischen Quadern des ungewöhnlichen eisenähnlichen grünen Gesteins, das nur auf den Inseln der Vilayetsee zu finden war. Es war unvorstellbar, daß Menschenhand sie behauen und zusammengefügt hatten, und ganz ohne Zweifel war keine von Menschen angewandte Kraft dazu imstande, diesem Bauwerk etwas anzuhaben. Doch der Blitz hatte die tonnenschweren Quader zersplittert, als bestünden sie aus Glas, andere schier zu Staub aufgelöst und die ganze Wölbung der Kuppel weggerissen.
    Der Fischer kletterte über die Trümmer und schaute ins Innere. Was er sah, ließ ihn den Atem anhalten. In der Ruine lag, von Steinstaub und kleinen Trümmerstücken umgeben, ein Mann auf einem goldenen Block. Er trug eine Art Kilt und einen Pferdeledergürtel. Sein schwarzes Haar, das gerade geschnitten war und bis auf die mächtigen Schultern fiel, wurde von einem schmalen Stirnreif aus Gold gehalten. Auf seiner nackten, muskelschwellenden Brust ruhte ein seltsamer Dolch mit Edelsteinknauf, einem mit Pferdeleder überzogenen Griff und einer breiten sichelförmigen Klinge, ähnlich der, die von der Hüfte des Fischers hing, doch ohne die Sägeschneide. Außerdem war sie von weit besserer Schmiedequalität.
    Diese Klinge hätte der Yuetshi gern besessen – und der Mann, dem sie gehört hatte, war tot, seit vielen Jahrhunderten schon. Die Kuppel war seine Grabkammer. Der Fischer machte sich keine Gedanken darüber, welche vergessenen Künste den Leichnam so lebensecht erhalten hatten, mit immer noch ungewöhnlich mächtigen Muskeln und straffer Haut. Nichts als das Verlangen nach der herrlichen Klinge erfüllte den stumpfen Verstand des Yuetshi.
    Er kletterte hinunter und hob die Sichelklinge von der Brust des Leichnams. In diesem Moment geschah etwas Grauenvolles. Die sehnigen Hände ballten sich zu Fäusten, die Lider hoben sich und offenbarten magnetische dunkle Augen, deren Blick den erschrockenen Fischer wie ein Schlag traf. Er wich zurück und ließ verwirrt den wertvollen Dolch fallen. Der Mann auf dem goldenen Block setzte sich auf, und jetzt erst wurde dem Yuetshi seine mächtige Statur bewußt. Die leicht zusammengekniffenen Augen des unheimlichen Mannes ließen keinen Blick von ihm und verrieten weder Dankbarkeit noch Freundlichkeit. Ein Feuer brannte in ihnen wie in den Augen eines Tigers.
    Plötzlich erhob der Mann sich ganz und ragte hoch und drohend empor. Im stumpfen Geist des Fischers war kein Platz für Furcht, wie sie normalerweise einen Menschen erfaßt, wenn er Zeuge eines Geschehens wird, das allen Gesetzen der Natur widerspricht. Als die mächtigen Hände auf seine Schulter fielen, hob er seinen Sägezahndolch und schlug ihn mit der gleichen Bewegung hoch. Die Klinge zersplitterte am muskelstraffen Leib des Fremden, und dann legten sich die Prankenhände um den Hals des Fischers und brachen ihn wie einen morschen Zweig.
     
     
    2
     
    Jehungir Agha, Lord von Khawarizm

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