Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer
alle Hebel in Bewegung setzen, um dich zu finden.«
Nanaia verstand zwar offensichtlich die Worte nicht, aber der Ton des Shemiten flößte ihr Angst ein.
Conan grinste wölfisch. »Ganz im Gegenteil. Der Gedanke, das Land wie ein feiger Hund zu verlassen, dreht mir den Magen um. Aber wenn ich ein hübsches Ding wie sie mitnehme und dadurch den König ärgere – nun, da wir sowieso fort müssen ...« Er wandte sich an Nanaia: »Ist dir klar, daß es kein beschaulicher Ausflug wird, du mit vielen Entbehrungen rechnen mußt und deine Begleiter nicht so höflich sein werden, wie du es gewöhnt bist?«
»Ja, natürlich.«
»Und außerdem, daß du mir ohne Widerspruch zu gehorchen hast?«
»Ja.«
»Gut. Weck unsere Männer, Tubal. Wir brechen auf, sobald sie ihre Satteltaschen gepackt haben.«
Der Shemit machte seinen Bedenken brummelnd Luft und trat in das innere Gemach. Er schüttelte einen Mann an der Schulter, der auf einem Teppichlager schlief. »Wach auf, Sohn einer Sippe von Dieben. Wir reiten nordwärts.«
Hattusas, ein kleiner dunkler Zamorier, setzte sich gähnend auf. »Wohin?«
»Nach Kushaf im Ilbargebirge, wo wir überwinterten und wo der Rebellenhund Balash uns zweifellos allen die Kehle aufschlitzen wird«, knurrte Tubal.
Hattusas grinste, als er sich erhob. »Auch wenn du den Kushafi nicht magst, so ist er doch Conans Freund.«
Tubal stapfte mit finsterem Gesicht hinaus in den Hof und durch die Tür in die anschließenden Schlafräume. Stöhnen und Flüche waren zu hören, als er die Männer aus tiefem Schlaf rüttelte.
Eine gute Weile später drückten die finsteren Gestalten, die um Conans Haus lauerten, sich in dunkle Türbogen, denn das breite Tor schwang weit auf, und die etwa dreihundert Freien Getreuen ritten in Doppelreihen heraus und führten die Pack- und Ersatztiere an ihren Zügeln neben sich her. Es waren Männer aller Nationen, die Überreste des Kozakiheers, das Conan aus der Steppe um die Vilayetsee südwärts geführt hatte, nachdem König Yezdigerd von Turan die vereinte Streitmacht der Gesetzlosen in einer blutigen ganztägigen Schlacht geschlagen hatte. Abgemagert und in Lumpen waren sie in Anshan angekommen. Jetzt wirkten sie eindrucksvoll mit ihren Seidenbeinkleidern, den Spitzhelmen iranistanischer Art und bis an die Zähne bewaffnet.
Der König von Iranistan saß finster brütend im Palast auf seinem Thron. Schon lange nagte stetes Mißtrauen an seiner Seele, und er sah Feinde überall. Eine Zeitlang hatte er auf die Unterstützung Conans gebaut, des Führers seiner Schwadron leichter Söldnerkavallerie. Dem Wilden aus dem Norden mangelte es zwar an den feinen Manieren des iranistanischen Hofes, aber er schien seinen eigenen barbarischen Ehrenkodex zu haben. Doch jetzt hatte er sich doch einfach seinem Befehl widersetzt, den Verräter Balash gefangenzunehmen ...
Der König blickte zufällig auf einen Vorhang vor einem Alkoven und dachte abwesend, ein Wind sei wohl aufgekommen, da der dicke Brokat sich leicht bewegte. Sein Blick wanderte weiter zu einem Fenster mit goldenen Gittern – und erstarrte. Der dünne Vorhang davor hing glatt herab, aber Kobar war sicher, daß der andere sich leicht bewegt hatte ...
Obgleich Kobad Shah klein und fett war, fehlte es ihm nicht an Mut. Er sprang auf den Brokatvorhang zu und riß ihn auseinander. Da schoß ein Dolch in einer dunklen Hand hervor und stieß geradewegs gegen seine Brust. Der König schrie auf, stürzte und zerrte den Meuchler mit sich. Der Mann knurrte wie ein wildes Tier. Seine geweiteten Augen glänzten wie im Wahn. Sein Dolch hatte das Gewand des Königs aufgeschlitzt, doch der Stoß war von dem Kettenhemd darunter aufgehalten worden.
Ein tiefes Brüllen vor dem Thronsaal wiederholte den Hilfeschrei des Königs. Schwere Schritte eilten auf dem Korridor herbei. Der König hatte den Angreifer am Hals und am rechten Handgelenk gepackt, aber die Muskeln waren wie straffe Stahlseile. Während die beiden Männer über den Boden rollten, glitt der Dolch von den Schlingen des Kettenhemds ab und schnitt durch Arm, Schenkel und Hand. Als der Meuchler den geschwächten König am Hals faßte und den Dolch hob, um erneut zuzustoßen, blitzte etwas bläulich im Lampenschein. Der Einbrecher sackte zusammen, den Schädel bis zu den Zähnen gespalten.
»Eure Majestät! Sire!« Gotarza, der riesenhafte Hauptmann der königlichen Leibwache, war blaß über dem langen schwarzen Bart. Er legte Kobad Shah auf einen Diwan und
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