Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer
riß Streifen aus dem Vorhang, um schnell die stark blutenden Wunden zu verbinden.
»Seht!« keuchte der König und deutete. Sein Gesicht war gespenstisch bleich, und seine Hand zitterte. »Das Messer! Bei Asura, der Dolch!«
Er lag schimmernd neben der Hand des Toten. Eine ungewöhnliche Waffe war es, die Klinge wie eine Flamme geformt. Gotarza starrte sie an und fluchte in seinen Bart.
»Der Flammendolch!« krächzte Kobad Shah. »Die gleiche Klinge, die sich gegen die Könige von Vendhya und Turan richtete!«
»Das Zeichen der Verborgenen«, murmelte Gotarza und blickte voll Unbehagen auf das geheimnisvolle Symbol des schrecklichen Kultes.
Der Lärm hatte den Palast geweckt. Schritte hallten durch die Gänge, und fragende Rufe wurden laut.
»Verschließ die Tür!« befahl der König. »Laß außer dem Haushofmeister niemanden ein.«
»Aber wir brauchen einen Heiler, eure Majestät!« protestierte der Offizier. »Die Verletzungen als solche sind nicht gefährlich, aber möglicherweise war die Klinge in Gift getaucht.«
»Nein, holt keinen! Wer immer er ist, er könnte im Sold meiner Feinde stehen. Die Yezmiten sind auf meinen Tod aus.« Das Erlebnis hatte dem König den Mut geraubt. »Wer richtet etwas aus gegen einen Dolch im Dunkeln, eine Schlange unter den Sohlen oder Gift im Weinkelch? Da ist dieser Barbar aus dem Westen – aber nein, nicht einmal ihm vermag ich noch zu trauen, nun, da er sich meinem Befehl widersetzt hat ... Laß den Haushofmeister ein, Gotarza!«
Als der Hauptmann die Anweisung ausgeführt hatte, fragte der König: »Was gibt es Neues, Bardiya?«
»O Sire! Was ist geschehen? Seid Ihr ...«
»Das ist im Augenblick nicht so wichtig. Ich sehe es Euren Augen an, daß Ihr mir Dringendes zu berichten habt. Was ist es?«
»Die Kozaki sind aus der Stadt geritten. Conan sagte der Wache am Nordtor, sie machten sich auf den Weg, um Balash gefangenzunehmen, genau wie Ihr es befohlen habt.«
»Gut. Vielleicht hat der Bursche seine Unverschämtheit bereut. Was sonst?«
»Hakhamani, der Spitzel, überfiel Conan auf dem Weg nach Hause, aber der Cimmerier erschlug einen seiner Männer und entkam.«
»Wer weiß, ob es so nicht besser ist. Ruft Hakhamani zurück, bis wir wissen, was Conan mit seinem Ausritt bezweckt. Noch etwas anderes?«
»Eine Eurer Frauen, Kujalas Tochter Nanaia, ist aus dem Harem geflohen. Wir fanden den Strick, an dem sie herabkletterte.«
Wütend brüllte Kobad Shah: »Sie muß bei Conan sein. Reiner Zufall ist kaum denkbar! Und gewiß steckt er mit den Verborgenen unter einer Decke. Weshalb sonst sollten sie mich zu meucheln versuchen, nachdem ich diese Auseinandersetzung mit ihm hatte? Er muß gleich, nachdem er mich verlassen hatte, die Yezmiten auf mich gehetzt haben. Gotarza, die Leibgarde soll den Kozaki nachreiten und mir Conans Kopf bringen – Ihr steht mir mit Eurem eigenen dafür gerade. Nehmt wenigstens fünfhundert Mann, denn der Barbar ist gerissen und ein wilder Kämpfer, der sich nicht so leicht ergeben wird.«
Als Gotarza aus dem Thronsaal eilte, stöhnte der König: »Bardiya, holt mir jetzt einen Heiler. Das Blut brennt in meinen Adern. Vermutlich hatte Gotarza recht, der Dolch war wohl in Gift getaucht.«
Drei Tage, nachdem Conan Anshan überstürzt verlassen hatte, saß er mit überkreuzten Beinen auf dem Pfad, wo dieser einen Bogen über den felsigen Kamm machte, ehe er den Hang zum Dorf der Kushafi hinabführte.
»Ich würde mich zwischen dich und den Tod stellen«, sagte er zu dem ihm gegenübersitzenden Mann, »so wie du es für mich getan hast, als die Wölfe fast unser Ende waren.«
Der Angeredete zupfte nachdenklich an seinem Bart. Er war ein Mann von breiter, kräftiger Statur und hatte graumeliertes Haar. Aus seinem dicken Ledergürtel ragten die Griffe von verschiedenen Klingen. Es war Balash, der Häuptling der Kushafi, Herr über Kushaf und die benachbarten Dörfer. Doch keine Überheblichkeit sprach aus seiner Stimme.
»Die Gunst der Götter ist dein. Aber wer vermag schon Ort und Zeit seines Todes zu bestimmen?«
»Ein Mann kann entweder kämpfen oder fliehen, aber er sitzt nicht untätig herum und wartet widerstandslos darauf, wie eine reife Frucht gepflückt zu werden. Wenn du die Chance eingehen willst, mit dem König Frieden zu schließen, kannst du nach Anshan ...«
»Ich habe zu viele Feinde bei Hofe. Der König würde auf ihre Verleumdungen hören und mich in einem Eisenkäfig aufhängen lassen, damit die Aasgeier mich
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