Conan-Saga 12 - Conan der Freibeuter
Rotbart aus Vanaheim und hatte ihn und seine Leute auf dem Schiff aufgenommen. Natürlich hatte er von vornherein gewußt, daß es nicht gutgehen konnte. Zwischen den zingaranischen Freibeutern und den Piraten der Barachan-Inseln – hauptsächlich Argossanern – herrschte Feindschaft. Die einen hatten die anderen so oft und mit so blutdürstiger Heftigkeit bekämpft, daß eine Freundschaft zwischen ihnen unvorstellbar war.
Aber Seeleute sind eben Seeleute und haben auf gewisse Weise ihren eigenen Ehrenkodex. So skrupellos Conan in mancher Hinsicht sein konnte, brachte er es nicht übers Herz, einfach fortzusegeln und die Gestrandeten ihrem Schicksal zu überlassen. Er hatte gehofft, daß er und Sigurd unter ihren Leuten für Ruhe sorgen konnten. Doch da hatte er sich bedauerlicherweise getäuscht. Die Zingarier hatten die Argossaner immer wieder gereizt, bis diese am Ende ihrer Beherrschung waren, und so war es zu Handgreiflichkeiten gekommen, mit denen man auch jetzt noch ständig rechnen mußte, denn es hatte nicht geholfen, daß Conan und Sigurd die Raufenden auseinandergerissen und ihnen Vernunft eingebleut hatten.
Die verfluchte Flaute erhöhte die Reizbarkeit beider Seeräubergruppen. Wütend über seine Hilflosigkeit, knurrte Conan eine Verwünschung und bohrte die Fingernägel in die Reling. Wenn endlich ein Wind aufkäme, würde Arbeit seine Männer viel zu sehr beschäftigen, als daß sie sich Zeit nehmen könnten, die Argossaner herauszufordern.
Noch ein anderes Problem machte ihm zu schaffen. Chabela hatte ihm alles anvertraut, was sie von Zarono und seinem schlangenäugigen stygischen Zauberer erfahren hatte. Manches davon hatten die beiden in ihrer Gegenwart erzählt, anderes hatte sie heimlich erlauscht – und eine Menge mit ihrem wachen Verstand kombiniert – vor allem den Grund für Zaronos Reise und ihre Entführung. So zweifelte sie nicht daran, daß es tatsächlich eine Verschwörung gegen die Krone gab. Und sie verheimlichte Conan auch diese Vermutungen nicht.
Jedenfalls fand der Cimmerier sich nun in einer Zwickmühle. Als einfacher Freibeuter bedeutete ihm das Komplott um den Thron wenig, und er verdankte Ferdrugo von Zingara auch nicht viel. Gewiß, der alte König hatte ihm einen Kaperbrief ausgestellt, und Kordava bot Conan einen sicheren Hafen. Aber das gleiche würde ihm jeder zingaranische Monarch bieten, und vielleicht verlangte der nächste sogar einen geringeren Prozentsatz der Beute.
In solchen Dingen überwog jedoch seine etwas rauhe Ritterlichkeit, die ihm als Cimmerier angeboren war, seinen Eigennutz. Der grimmige Barbar konnte ganz einfach nicht tatenlos zusehen und das Flehen der schönen zingaranischen Prinzessin überhören, während ihr königlicher Vater langsam durch geschickte Komplotte und stygische Zauberei in den Tod getrieben wurde. Obgleich er nicht wußte, worauf er sich da einließ, beschloß Conan nach reiflichem Überlegen, den Kampf zu seinem Anliegen zu machen.
Sein Entschluß war jedoch nicht reiner Uneigennützigkeit zuzuschreiben. Auch Conan hatte seine Ziele. Er beabsichtigte nicht, sein Leben lang Freibeuter zu bleiben. Wenn er den König von Zingara und seine Tochter vor dem Untergang bewahrte und so dem wankenden Thron neue Festigkeit verlieh, konnte er gewiß eine ansprechende Belohnung erwarten. Vielleicht erhob der König ihn zum Herzog mit allem Drum und Dran – oder zumindest zum Admiral seiner Flotte.
Conan spielte sogar mit dem Gedanken, sich Prinzessin Chabelas Hand zu erobern und als ihr Prinzgemahl ein ruhiges Leben zu führen. Während der langen Jahre aufregender Abenteuer hatten viele Frauen ihm gerade das angeboten. Doch obgleich der Cimmerier zu Frauen immer ritterlich war – auch wenn es sich um eine etwas ungeschliffene Ritterlichkeit handelte –, hatte er sich nie auf eine legitime Ehe eingelassen. Er wollte ungehindert seiner Bestimmung nachgehen; und einem, dem das Abenteuer und die Kampfeslust im Blut lagen, war der Gedanke unerträglich, irgendwo angebunden und für eine Familie verantwortlich zu sein.
Doch inzwischen war er Mitte Dreißig und über den ersten Überschwang der Jugend hinweg. Obgleich er noch keine Spuren fortschreitenden Alters aufwies – wenn man von den unzähligen Narben quer über seinen Körper und im Gesicht absah –, war ihm doch klar, daß er sein abenteuerlustiges Wanderleben nicht auf die Dauer fortführen konnte. Also war es nicht unklug, jetzt an die Zukunft zu denken. Chabela war ein
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