Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
entschlossen auf. Er bedeutete Conan, ihm zu folgen. In seine düsteren Gedanken versunken, stapfte der König ihm nach. Pelias erklomm eine goldverzierte Marmortreppe bis zur Spitze der Zitadelle, dem Dach des höchsten Turmes. Ein heftiger Wind blies durch die sternenhelle Nacht und spielte mit Conans schwarzer Mähne. Tief unter ihnen brannten die Lichter von Khorshemish, und es schien, als wären sie weiter entfernt als die Sterne über ihnen. Pelias hing ebenfalls seinen Gedanken nach und schien eins zu sein mit den unnahbaren Sternen.
Erst nach einer Weile wandte er sich wieder an Conan. »Überall gibt es Geschöpfe, nicht nur auf dem Land und im Wasser, sondern auch in der Luft und selbst in der fernsten Ferne des Himmels, doch sie führen ihr Leben unbemerkt und ungeahnt von den Menschen. Dem aber, der die Schlüsselworte und Zeichen kennt und dem das Große Wissen zuteil ist, sind sie weder böse gesinnt noch unzugängig. Habt acht und fürchtet Euch nicht.«
Er hob die Hand gen Himmel und stieß einen seltsamen Ruf hervor, der zum Firmament emporschallte und allmählich zwar leiser wurde, aber nicht verklang, sondern sich offenbar nur immer weiter in den unbekannten Kosmos vorwagte. Conan vernahm plötzlichen lauten Flügelschlag, der von den Sternen selbst zu kommen schien, und wich zurück, als schließlich ein riesiges, fledermausähnliches Geschöpf neben ihm landete. Er sah seine großen ruhigen Augen, die ihn im Sternenschein musterten, und die gewaltigen Schwingen mit einer Spannweite von bestimmt gut vierzig Fuß. Und er sah auch, daß es weder eine Fledermaus noch ein Vogel war.
»Setzt Euch auf ihn«, forderte Pelias den Cimmerier auf. »Er wird Euch noch vor dem Morgengrauen in Tarantia absetzen.«
»Bei Crom!« murmelte Conan. »Ist das alles ein Traum, aus dem ich in meinem Schloß in Tarantia erwachen werde? Was ist mit Euch? Ich lasse Euch doch nicht allein hier zwischen Euren Feinden!«
»Macht Euch keine Sorgen um mich«, beruhigte ihn Pelias. »Am Morgen werden die Bürger von Khorshemish erfahren, daß sie einen neuen Herrn haben. Nutzt, was die Götter Euch sandten. In der Ebene von Shamar sehen wir uns wieder.«
Zweifelnd kletterte Conan auf den schmalen Rücken des Geschöpfes und hielt sich am gesenkten Hals fest. Er war immer noch nicht so recht sicher, daß das Ganze Wirklichkeit und kein Traum war. Mit donnerndem Flügelschlag hob das Geschöpf sich in die Lüfte. Der König blinzelte ungläubig, als die Lichter der Stadt tief unter ihnen zurückblieben.
4
Das Schwert, das den König tötet,
Durchschneidet den Lebensfaden des Reiches.
Aquilonisches Sprichwort
Durch die Straßen von Tarantia drängten sich wilde Mobs, die die Fäuste ballten und rostige Lanzen schüttelten. Es war die Stunde vor Sonnenaufgang am zweiten Tag nach der Schlacht von Shamar. Die Ereignisse hatten sich überschlagen. Es war alles so schnell gegangen, daß der Verstand nicht mehr zu folgen vermochte. Auf eine Weise, die nur Tsotha-lanti kannte, hatte die Kunde von des Königs Tod Tarantia innerhalb weniger Stunden nach der Schlacht von Shamu erreicht. Chaos war ausgebrochen. Die Barone hatten sofort die Stadt verlassen und waren zu ihren Burgen zurückgekehrt, um sie gegen möglicherweise in ihr Land einfallende Nachbarn zu beschützen. Das vereinigte Königreich, das Conan zusammengefügt hatte, war am Rand des Zusammenbruchs. Die Kaufleute und das einfache Volk zitterten vor der drohenden Rückkehr der Feudalherrschaft. Das Volk rief nach einem König, der sie nicht nur vor Feinden von außen, sondern auch vor ihren eigenen Lehnsherren schützen sollte. Graf Trocero, dem Conan die Verantwortung für die Stadt während seiner Abwesenheit übertragen hatte, bemühte sich, die Bürger zu beruhigen. Aber in ihrer Angst erinnerten sie sich an die alten Bürgerkriege, und daß gerade dieser Graf Tarantia vor fünfzehn Jahren belagert hatte. Auf den Straßen ging das Gerücht um, daß Trocero den König verraten hatte und jetzt beabsichtigte, die Stadt zu plündern. Das besorgten jedoch inzwischen die Söldner, die die schreienden Kaufleute aus ihren Läden zerrten und die verängstigten Frauen aus ihren Verstecken.
Trocero ging gegen die Plünderer vor, tötete die, die ihm hartnäckig Widerstand leisteten, und trieb die anderen in ihre Kasernen zurück. Trotzdem rannte das Volk kopflos herum und brüllte auch noch, daß der Graf die Söldner angestiftet hatte, um selbst im trüben
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