Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
Aufmerksamkeit nicht unentwegt auf die gleiche Stelle richten. Ich war jetzt schon fast die ganze Nacht auf den Beinen, hatte zehn oder fünfzehn Meilen zu Fuß zurückgelegt und zwei Kämpfe hinter mich gebracht und bei jedem einen Menschen getötet. Die Müdigkeit übermannte mich. Mir schien, als hätte ich die Augen nur einen Herzschlag lang geschlossen gehabt, als eine schwere muskulöse Gestalt auf mir landete und gräßlicher Heulchor rings um mich erschallte.
Erschrocken erwachte ich, war jedoch noch viel zu schlaftrunken, um mit meiner Gegenwehr etwas zu bewirken. Mehrere Pikten hatten sich auf mich gestürzt. Vier packten meine Arme und Beine, während ein fünfter auf meinem Rücken saß. Ehe ich etwas anderes tun konnte, als sie bei Mitra und Ischtar zu verfluchen, war ich bereits entwaffnet und an Hand- und Fußgelenken gebunden und hatte mehrere Püffe und Fußtritte abbekommen. Mir wurde bewußt, daß der Himmel weit heller war, also mußte eine geraume Weile vergangen sein, seit ich zuletzt auf den Weg geblickt hatte.
Ich hörte Axthiebe auf Holz, und bald darauf kam ein Pikte mit einem von seinen Zweigen befreiten dünnen Stamm eines jungen Baumes, den sie mir zwischen Arme und Beine schoben. Zwei kräftige Pikten hoben die Enden dieser Stange auf ihre Schultern und machten sich auf den Weg zum Sumpf – während Gault Hagars Sohn wie das erlegte Wild eines Jägers davon herabhing. Die restlichen Pikten folgten und unterhielten sich. Manchmal lachten sie sogar, was für Pikten erstaunlich ist, denn sie halten offenes Lachen für würdelos und sparen es sich für so großartige Gelegenheiten wie das Martern eines Gefangenen auf.
Zuerst war ich vor Scham, daß ich mich so überraschen hatte lassen, und auch durch die Gedanken an mein bevorstehendes Geschick viel zu niedergeschlagen, als mich mit etwas anderem zu befassen. Dann dachte ich schließlich, daß ich immerhin noch lebte und man die Hoffnung bis zum letzten Atemzug nicht aufgeben darf. Also begann ich mich wachsam umzusehen, damit mir ja keine Gelegenheit zur Flucht entgehen möge.
Der Morgen graute, als wir den Rand des Geistersumpfs erreichten. Indem ich mir fast den Hals verrenkte, sah ich die weite Fläche brackigen Wassers, aus dem Ried und andere Wasserpflanzen ragten. Geisterhaft stiegen vereinzelte Nebelschwaden aus dem stillen Wasser auf, in dem sich das wolkendurchzogene Blau des frühen Morgenhimmels spiegelte. Da und dort ragten die Stämme abgestorbener Bäume erstarrten Hexen gleich heraus.
Man trug mich über eine Landzunge, die weit in das Wasser hineinragte. An ihrem Ende wateten meine Träger in das Wasser. Sie folgten einer langen geraden Reihe von Steinen, die so angelegt waren, daß ihre Oberfläche sich gerade noch unter dem Wasser befand. Wir überquerten einen Streifen Sumpfland, balancierten über eine weitere Steinreihe und kamen so schließlich zum Zauberer des Sumpfes.
Er lebte auf einer Insel, die sich ein wenig höher aus dem Marschwasser hebt als die anderen Inselchen in diesem Sumpfgebiet. Auf dieser niedrigen Erhebung stand zwischen den Bäumen, die diese Insel krönten, ein Kreis Hütten wie die in den Piktendörfern. Als wir uns der Kuppe näherten, rannte einer der Pikten, die mich gefangengenommen hatten, voraus, so daß alle hier Anwesenden zu meinem Empfang bereit waren. Überall lagen Kelche herum, ein Beweis, daß die Häuptlinge bei ihrer nächtlichen Unterredung viel des schwachen piktischen Bieres genossen hatten.
Auf der Insel befanden sich der Zauberer, Valerian mit ein paar seiner Männer, Kwarada, Teyanoga und etwa zwanzig Pikten. Aus Federschmuck und Bemalung erkannte ich, daß es sich um die Häuptlinge der Schildkröten, Falken, Wildkatzen und Wölfe handelte. Alle gähnten und hatten von der schlaflosen Nacht rotunterlaufene Augen. Valerian grinste wie ein Piktengötze, als er mich sah.
»Der Rebell von Thandara!« rief er. »Bei Mitra, du bist ein zäher Teufel. Ich wollte, alle auf seiten Seiner rechtmäßigen Majestät wären in ihren Tugenden so ausdauernd wie du in deiner Schändlichkeit. Aber warte nur, mein feiner Freund, wir werden noch unseren erlesenen Spaß an dir und deinem Mitverräter haben. Ihr sollt die Strafe für Hochverrat eingehend zu spüren bekommen!«
Die Pikten, die mich getragen hatten, nahmen die Stange von ihren Schultern und ließen mich achtlos auf den feuchten Boden fallen. Als ich mich herumrollte, sah ich, daß in der Mitte des Hüttenkreises ein Pfahl
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